Gemeinderat, 59. Sitzung vom 24.11.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 110
ein Vergleich, der nicht unbedingt stimmig ist. Es mag schon stimmen, dass andere Millionenstädte noch mehr Arbeitslosigkeit haben, aber es ist immer so, dass die jeweilige Metropole und Hauptstadt weniger Arbeitslosigkeit als die einzelnen Länder selbst hat. Und das ist in Wien eindeutig nicht der Fall. Wien ist kein Wirtschaftsmotor in dieser Sache, weil in Wien die Arbeitslosigkeit höher als in Gesamtösterreich ist.
Das WIFO hat im Auftrage der MA 27 eine Studie über die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Wien erstellt. Und dabei schneidet Wien im Vergleich der Hauptstädte mit dem jeweiligen Nationalstaat sehr schlecht ab. Üblicherweise sind, wie gesagt, die Hauptstädte Wirtschaftsmotoren und Arbeitsplatzbeschaffer. Wir haben die Funktion leider nicht übernommen. Das WIFO hat festgestellt, dass im Durchschnitt der letzten 20 Jahre die europäischen Städte ein 0,3 Prozent höheres Wachstum als das jeweilige Land hatten, das heißt, die Stadt hat vorgegeben, was der jeweilige Nationalstaat gemacht hat. Wien hingegen liegt in den letzten Jahren um 0,5 Prozent hinter dem österreichischen Durchschnitt und ist hier kein Motor, um anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Wien kann daher nicht als dieser Motor bezeichnet werden. Alle europäischen Städte – und davon wurden vom WIFO 65 durchleuchtet und genau ausgewertet – hatten ein um 0,5 Prozentpunkte höheres Beschäftigungswachstum als die jeweiligen Nationalstaaten. Wien hat ja 0,2 Prozent weniger. Wo ist hier die Wirkung einer Metropole, wo ist hier das Wachstum in einer Stadt, meine Damen und Herren? Und warum zitiere ich die Studie erst heute? – Das war 2010 unter einer roten Alleinregierung so, ist aber genauso 2014 unter einer rot-grünen Regierung. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, so kann es nicht weitergehen. Wir brauchen daher für diese Stadt einen Neustart, um die Finanzpolitik neu zu regeln. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Der Herr Kollege hat 13 Minuten gesprochen, das heißt, die ÖVP hat dann insgesamt noch eine Restredezeit von 5 Minuten zur Verfügung. Nächster Redner ist Kollege Margulies. Sie haben eine selbstgewählte Redezeit von 15 Minuten. – Bitte.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich werde meinen heutigen Beitrag zum Budgetvoranschlag 2015 kurz halten, weil ich das Gefühl habe, dass sowohl StRin Renate Brauner als auch mein Klubobmann David Ellensohn und der Klubobmann der Sozialdemokratie, Rudi Schicker, versucht haben, Sie wirklich mit viel Know-how davon zu überzeugen, weshalb es sinnvoll ist, dem Budgetvoranschlag 2015 zuzustimmen.
Sie werden – so wie es eine Oppositionspartei im Großen und Ganzen immer macht – nicht zustimmen. Einen Seitenhieb kann ich mir da nicht ersparen: Sie haben recht, wir haben noch im Jahr 2008, als die Stadt Wien Überschüsse erzielt hat, aus inhaltlichen Gründen, weil wir eine andere Schwerpunktsetzung wollten (GR Dkfm Fritz Aichinger: Nicht diesen Schwerpunkt!) und weil wir gedacht haben, dass es notwendig ist, noch mehr zu investieren, dem Budget nicht zugestimmt. Aber Sie stimmen ja weder zu, wenn die Stadt Wien Überschüsse macht, noch, wenn die Stadt Wien sich verschuldet. Und Sie begründen das inhaltlich nicht einmal. Von dem her ist Ihre Oppositionspolitik tatsächlich nicht nachzuvollziehen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Was mir wichtig erscheint – und das ist auch einer der wenigen Punkte, auf die ich noch eingehen möchte –, ist die Frage der Arbeitsplätze. Denn ich hoffe wirklich, das eint uns alle, dass wir der Meinung sind, es wäre gemeinsames Ziel der Politik, der Stadtpolitik, der Bundespolitik – seien wir ehrlich, die Bezirkspolitik kann da relativ wenig machen –, die Arbeitslosigkeit zu senken. Was ich manchmal vermisse, ist der Hinweis, dass es neben der Politik der Stadt Wien, die nachfrageintensive Maßnahmen setzen kann, die investive Maßnahmen setzen kann, eigentlich für den Arbeitsmarkt und auch für die Wirtschaftspolitik auf Bundesebene sehr wohl zuständige Minister gibt. Wenn ich diese Diskussion manchmal verfolge, frage ich mich, welche Rolle diesen Ministerien auf Bundesebene zukommt. Ich glaube tatsächlich, eine sehr wichtige, ich glaube, dass es auf Landes- und auf Gemeindepolitik möglich ist, die eine oder andere Verstärkung zu setzen, dass die Rahmenbedingungen für die Wirtschafts- und die Arbeitsmarktpolitik aber sehr wohl auf Bundesebene geschaffen werden.
Wenn wir das einmal gemeinsam akzeptieren, dann könnten wir auch darüber reden, wie es möglich wäre, in Regionen zu denken und nicht mit der harten Grenze Stadt Wien, Umland Wien. Aus steuerlichen Gründen, von den Einnahmen her ist es natürlich sinnvoll, wenn ein Betrieb noch genau an der Stadtgrenze in Wien angesiedelt ist. Aber im Endeffekt müsste man doch in der Region Wien-Niederösterreich-Teile des Burgenlandes eigentlich sagen, es geht nicht darum, ob jetzt eine Stadtgrenze, eine Gemeindegrenze dazwischen ist, sondern in bestmöglicher Kooperation müssten wir gemeinsam versuchen (GR Dipl-Ing Roman Stiftner: Machen!), Betriebe anzusiedeln und demgemäß auch auf Bundesebene die Vorsorge dafür tragen, dass man in der Zuteilung der daraus resultierenden Steuermittel gemeinsam einen Kompromiss findet oder finden kann. Ich glaube, es wäre hundert Mal sinnvoller, statt auf Biegen und Brechen Stadt, Land und Gemeinden in einen Subventionswettbewerb zu schicken, wirklich gemeinsam zu versuchen, die Wirtschaft anzukurbeln.
Ein zweiter Punkt, der im Bereich der Mindestsicherung meines Erachtens auch immer wesentlicher wird – Sie wissen es, da erzähle ich hoffentlich niemandem etwas Neues, das wissen Sie 100-prozentig –, ist, dass der größte Teil des Anstiegs der Mindestsicherung nicht auf durchgehende Dauerleistungen oder dergleichen, sondern auf Richtsatzergänzungen beruht.
Was bedeutet Richtsatzergänzung? Das bedeutet, entweder Menschen verdienen zu wenig in dem Job, den sie haben, oder sie bekommen zu wenig Arbeitslosen
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