Gemeinderat, 51. Sitzung vom 24.03.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 80
durchaus langfristig angelegter Prozess. Der Beginn dieses Prozesses und vieler anderer Umgestaltungsprozesse liegt im Regierungsübereinkommen, in dem ein neuer Gestaltungsansatz für den Straßenraum festgehalten worden ist, wobei die Bezirke, die BewohnerInnen und alle VerkehrsteilnehmerInnen gemeinsam in die Frage der Gestaltung von Straßenwegen und Plätzen eingebunden werden sollen, unter dem Titel „Straße fair teilen“.
Und so hat auch der Prozess in der Mariahilfer Straße begonnen, im Herbst 2011, mit den ersten BürgerInnendialogen – unterschiedliche Dialogveranstaltungen und Online-Möglichkeiten einerseits für die BewohnerInnen der beiden Bezirke, aber auch für die NutzerInnen der Mariahilfer Straße, um Anliegen, Anregungen, Ideen und Qualitäten einzubringen, die in eine zukünftige Neugestaltung einfließen sollen. Deutlich gesagt, als Grundlage für alle weiteren Planungen, die bis dahin noch nicht stattgefunden hatten.
Nichtsdestotrotz, noch im Herbst 2011 gab es bereits die ersten Anträge, zum Beispiel im Gemeinderat im September 2011, zum Beispiel von der FPÖ – schon ganz strikt und klar zur Abhaltung einer Bürgerbefragung zur zukünftigen Verkehrskonzeption. Der Prozess war noch auf der Ebene der Beteiligung, nämlich der Aufnahme der Interessen, der Anliegen, damit eine gute, planerische Grundlage für sämtliche Gestaltungsmaßnahmen da ist, und die Opposition hat schon gewusst, was es zu befragen gibt. Im Laufe des weiteren Prozesses wurden natürlich – zusätzlich zu anderen Grundlagen wie einer Sozialraumanalyse oder den Befragungen von Geschäftsleuten – alle diese Ergebnisse des BürgerInnendialogs in die Planungen aufgenommen. Nichtsdestotrotz wurde damals weiterhin schon eine Befragung gefordert. Nach den ersten Konzeptionen gab es wieder, mit den Bezirken und auch mit den AnrainerInnen beider Bezirke, die Befragungen über Querungen. Da zum Beispiel wurden die AnrainerInnen befragt. Natürlich kann man die Diskussion nach dem Elektorat stellen und natürlich ist es jedes Mal legitim zu fragen, sind es allein die BewohnerInnen dieser beiden Gassen, die das bestimmen dürfen, oder müssen gerade dann, wenn es Verkehrszüge, Straßenzüge, mehrere Bezirke betrifft, auch mehr Menschen gefragt werden.
Nichtsdestotrotz, im Zuge all dieser Dinge – und ich mache es jetzt kurz, weil ich habe vergessen, dass ich nur fünf Minuten Redezeit habe – geht es zum Beispiel auch darum: Wir haben die Planungsergebnisse in einer Dialogbox zur Verfügung gestellt und wir haben sogar im Oktober 2013 im Petitionsausschuss darauf hingewiesen und eine Empfehlung ausgesprochen, die Befragung durchzuführen.
Also, diese Befragung ist durchgeführt worden, und Ja, es gab in dieser gesamten Prozessphase viele, viele, viele Beteiligungselemente, und Nein, nicht jedes Projekt geht so aus, wie wir uns das wünschen. Ich darf Sie daran erinnern, dass es ein ähnliches kleines Projekt zum Beispiel im 7. Bezirk zur Gardegasse gegeben hat – der gleiche Projektablauf, anderes Ergebnis – soll sein. Aber in beiden Fällen nehmen wir das Ergebnis der Befragung, also des Elektorates ernst und halten uns daran. Ich sehe in diesem Fall …
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl (unterbrechend): Ich darf Sie um den Schlusssatz bitten.
GRin Dr Jennifer Kickert (fortsetzend): … sehr wenig von Parteitaktik und sage oder erwähne: Wer im Glashaus sitzt, sollte wohl nicht mit Steinen werfen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Als nächster Redner ist Herr GR Mag Gudenus gemeldet.
GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kollegen!
Ich bin sehr dankbar, dass wir heute dieses Thema diskutieren können hier im Gemeinderat, kann mich den Wortmeldungen oder den Gedanken des Kollegen Ulm vollinhaltlich anschließen und finde es auch sehr bedauerlich, dass hier, seitens einer sehr geschätzten Kollegin Kickert, versucht wird, sich um die wirklich fragwürdigen Umstände, um die Bürgerbefragung, im Grunde um die Mariahilfer Straße herumzudrucksen.
Das Thema ist sehr gut gewählt, und ich möchte hier einige Punkte bringen, die ganz klar zeigen, dass Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie im rot-grünen Wien nicht nur nicht gefördert, sondern eigentlich auch mit Füßen getreten werden.
Nehmen wir das Regierungsübereinkommen zur Hand, vom November 2010, in dem steht: Ziel ist ein modernes Verhältniswahlrecht. – Es wurde auch gesagt, dass die Wahlrechtsreform bis Ende 2012 umgesetzt werden soll. Jetzt haben wir März 2014, März 2014. Und dann hören wir seitens der Regierungsparteien: Das Ziel einer Wahlrechtsreform sollte es nicht sein, die Opposition zu stärken. – Ja, Entschuldigung, darum geht es doch nicht! Wollen wir, wie es hier steht, ein modernes Verhältniswahlrecht – das steht hier schwarz auf weiß –, oder wollen wir es nicht? Und wenn wir jetzt hören, die Opposition soll gestärkt werden, dann tut das doch nichts zur Sache. Wir wollen doch ein modernes Verhältniswahlrecht, oder wollen wir es nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren? (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.) Schwarz auf Weiss hier im Regierungsübereinkommen.
Dann steht hier: Die Briefwahl muss das direkte und geheime Wahlrecht sicherstellen sowie Manipulation und Missbrauch ausschließen. – Wir wissen alle ganz genau, dass die Bürgerbefragung rund um die Mariahilfer Straße – 6., 7. Bezirk – durch kein Verfassungsgesetz und durch kein Gesetz gedeckt war. Aber wenn man die Maßstäbe der Briefwahl heranziehen würde, so wie Sie die Briefwahl hier im Regierungsübereinkommen reformieren wollen, dann ist diese Volksbefragung oder Bürgerumfrage bei der Mariahilfer Straße in allen Belangen gesetzeswidrig und verfassungswidrig. Das sind die Maßstäbe, die Sie selbst ansetzen. (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.) Ja, das sind Ihre eigenen Maßstäbe, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Sie war weder geheim, sie war weder persönlich, es war eine Manipulation der Stimmzettel möglich, es war das Elektorat völlig willkürlich zusammengewürfelt – und
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