Gemeinderat, 45. Sitzung vom 19.11.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 73
die Arbeit der Raumpflegerinnen, wird viel zu niedrig bewertet. Deshalb muss es nicht nur gleichen Lohn für gleiche Arbeit geben, sondern auch gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
Die Neubewertung und Umverteilung der Arbeit ist das Gebot der Stunde, auch auf unserer kommunalpolitischen Ebene, und die Stadt Wien nimmt ihre Verantwortung sehr wohl wahr: Die Stadt Wien ist die größte Arbeitgeberin Wiens und hat daher enorme beschäftigungspolitische Vorbildwirkung. Wir haben mit der Einführung von Einkommenstransparenten einen wichtigen ersten Schritt in Richtung Einkommenstransparenz gesetzt und bleiben da sicherlich auch gemeinsam dran. Die Geschlechtergerechtigkeit des öffentlichen Dienstes ist einer der Schwerpunkte dieser Legislaturperiode.
Das gilt aber nicht nur für den eigenen Wirkungsbereich. Ich halte es generell für unsere Pflicht und Schuldigkeit, uns in persönliche Aushandlungsprozesse zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitgebern einzumischen und auch politische Verantwortung für individuelle Probleme für Frauen zu übernehmen. Denn es kann nur das Prinzip gelten, dass man für gleiche beziehungsweise gleichwertige Arbeit gleiches Geld bekommt, unabhängig davon, welches Geschlecht man hat.
Damit komme ich zum zweiten großen Schwerpunkt im nächsten Jahr, nämlich der Überwindung von geschlechtsspezifischen Rollenstereotypen und der Überwindung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen.
Eine der jüngeren „Bravo“-Studien belegt, dass fast die Hälfte aller Mädchen zwischen 11 und 17 unzufrieden mit ihrem Körper und ihrem Gewicht sind. Jedes vierte Mädchen wäre gerne schlanker. (GR Mag Wolfgang Jung: Ich auch!) Und das ist keine typische Pubertätsproblematik, sondern die diesbezüglichen Zahlen steigen. Ein Drittel aller Mädchen hat beim Essen ein schlechtes Gewissen. Mit 17 hat bereits die Hälfte aller Mädchen die erste Diät hinter sich, das heißt, bereits die Hälfte aller Mädchen hat schon einmal gehungert, um schlanker zu werden, und 80 Prozent aller Jugendlichen glauben, dass es Dünne im Leben leichter hätten als Dickere.
Die gleiche Studie zeigt auch, dass Mädchen weniger aktiv sind, wenn es um ihre Sexualität geht. Fast die Hälfte aller Mädchen gibt an, dass das erste Mal von ihrem Freund ausging und somit nicht von beiden gemeinsam. Darüber dürfen wir uns aber nicht wundern, denn wie sollen sie sexuell aktive Menschen werden, wenn sie die ganze Zeit lernen, dass sie passive Sexualobjekte sein sollen?
Der Aufschrei vieler Tausender Frauen am Anfang des Jahres hat gezeigt, dass Frauen nicht nur medial als Gegenstände gezeigt werden, sondern täglich in allen Lebenslagen auch so behandelt werden. Wir wissen, dass knapp 60 Prozent aller Frauen in ihrem Leben Opfer von sexuellen Übergriffen werden. Bei behinderten Mädchen und Frauen sind die Zahlen noch einmal höher. So lange Frauen in der Werbung als Gegenstände dargestellt werden, wenn sie mit den Produkten verschmelzen, die sie bewerben, und so lange wir jeden Tag immer nur weiße, gesunde, heterosexuelle Männer als Helden, als Tuende und als Macher sehen, wird sich das nicht ändern, denn wer macht, hat recht. Sexualisierte Gewalt gegen Frauen beginnt in den Köpfen, und die Medien geben jeden verdammten Tag Rechtfertigung für Gewalt gegen Frauen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Bilder schaffen Realität, Medien schaffen Realität. Das Problem besteht nicht darin, dass wir all diese Zahlen, Studien und Fakten nicht kennen würden. Wir können sie gar nicht übersehen, wir kennen sie. Das Problem ist aber vielmehr, dass wir als Gesellschaft daran vorbeischauen. Wir wollen daran vorbeischauen, weil es so bequemer ist. Wir sind daran gewöhnt beziehungsweise haben uns daran gewöhnt.
Ich habe aber einfach keinen Bock mehr auf Gewohnheiten! Das nervt. (Zwischenruf von GR Gerhard Haslinger.) Frauen sind nicht zum Vergnügen von Männern hier. Frauen sind eigenständig. Wir handeln jeden Tag, wir machen, wir gestalten, und wir lassen uns das nicht mehr absprechen. Wir sind Heldinnen, Macherinnen, Kämpferinnen, Denkerinnen, Expertinnen. Frauen erfinden, gestalten, schreiben, denken, und ich habe es satt, dass die Bilder, die uns jeden Tag umgeben, all das nicht zeigen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Deshalb hat die rot-grüne Regierung vor zwei Jahren die Wiener Werbe-Watchgroup gegen Sexismus ins Leben gerufen, deshalb unterstützt Wien ein breites Gewaltschutznetz mit vielen Hilfs- und Beratungsstellen und betreibt regelmäßige Antigewaltkampagnen. Mehr als die Hälfte des diesbezüglichen Budgets fließt in diesen Schwerpunkt. Ein sexismus- und gewaltfreies Wien bedeutet, dass Werbeflächen respektvolle Bilder von Frauen zeigen, Opfer rasch Hilfe bekommen und dass sich Frauen sicher in dieser Stadt bewegen können. – Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist GR Mag Jung. Die Redezeit wird auf 14 Minuten eingestellt.
GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Man traut sich nach Ihnen und Ihren Vorwürfen als Mann fast nicht mehr zu reden! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich kann Ihnen zu Ihrer Beruhigung sagen: Ich habe zum Beispiel in meiner Bezirksleitung 50 Prozent Frauen, und zwar ohne Quote oder sonst etwas, weil sie etwas können und nicht nur große Sprüche führen und in Wirklichkeit nichts weiterbringen. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)
Ich komme aber ... (Zwischenruf von GRin Anica Matzka-Dojder.) Schauen Sie! Wenn Sie so jammern über die schlechte Bezahlung in den Sozialberufen, dann haben Sie durchaus recht. Die Bezahlung ist nicht gut. Aber Sie sind doch in der Stadtregierung! Bezahlen Sie die Kindergärtnerinnen besser! Warum ist denn die Tochter der Frau Ex-Stadträtin Laska nicht in Wien geblieben, sondern nach Niederösterreich gegangen? – Weil sie dort besser bezahlt wird! Nehmen Sie sich daher selbst an der Nase, Frau Kollegin! Machen Sie es besser, und jammern Sie nicht!
So. Jetzt aber zum eigentlichen Bereich und zum Ressort der Frau Stadträtin, welches in Wirklichkeit eines
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