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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 25.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 66 von 81

 

rung bei den Vereinigten Bühnen etwas ist, was angesagt ist. Also ich stehe nicht an zu sagen, der Ansatz vom Klaus ist ein guter, und den werden wir auch weiterverfolgen.

 

Ich habe ja schon gesagt, warum ich jetzt für den Karlsplatz eigentlich eine starke Präferenz habe. Mir fehlt auch da oben die Sichtbarkeit des architektonischen Signals. Okay, da kann man darüber streiten. Vorne ist der Erste Campus, man sieht es, polemisch gesagt, eigentlich nur vom Schweizergarten. Wenn man mit dem Hund äußerln geht, dann sieht man, dass da ein schönes Gebäude steht. Von unten wird man es wahrscheinlich wenig sehen, da geht es ja auch noch bergab. Also das Gebäude müsste schon gewaltig hoch sein, höher als der Erste Campus, damit hier wirklich etwas Sichtbares über bleibt.

 

Wir werden sehen, was die Baudirektion sagt. Wir wissen alle, der Karlsplatz ist, so wie er ist, eigentlich schon ein Problem und gehört umgearbeitet. Was sein würde, wenn das Wien Museum dort wegkommt, wage ich mir gar nicht vorzustellen. Wie gesagt, ich fürchte, eine Ruine.

 

Jetzt fällt mir auf, ich habe noch immer drei Minuten zum Reden und habe die ganze Botschaft schon rübergebracht. Deswegen werde ich einmal nett sein und aufhören, sodass meine Kollegen vielleicht zwei Minuten länger reden können.

 

Den Rechnungsabschluss lehnen wir übrigens ab. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr Troch. Seine selbstgewählte Redezeit beträgt 15 Minuten.

 

16.07.47

GR Dr Harald Troch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wenn man über Kultur debattiert, über Kultur in Wien, dann gibt es auch einen Begriff, der mit Kultur ganz, ganz eng verbunden ist und der in dieser Debatte nicht fehlen sollte, und dieser Begriff, das ist die Erinnerungskultur, das heißt, auch in der Kultur und nicht nur in der Politik der Aspekt des Erinnerns, der Aspekt der Kontinuität, der Aspekt der Geschichte dieser Stadt, die auch Basis ist, wie wir uns als Wiener heute fühlen, was wir sind, was wir kulturell, was wir wirtschaftlich, was wir sozial darstellen.

 

Da gibt es eine ganze Menge, und ich möchte mit ein paar Daten beginnen. Ich weiß, im Geschichtsunterricht sind Jahreszahlen nicht das Wesentliche, sondern das analytische, das vernetzte Denken, das Erfassen und Verstehen von Geschichte und von historischen Prozessen. Aber wir befinden uns bald im Jahr 2014, und wenn ich von 2014 100 abziehe, bin ich im Jahr 1914 – ich glaube, dieses für Europa so schwierige, entscheidende und dramatische Jahr brauche ich nicht zu erläutern –, und wenn ich noch einmal 100 Jahre zurückgehe, dann bin ich im Jahr 1814 beim Wiener Kongress. Ich glaube, damit haben wir zwei historische Daten, die in der kulturellen und geschichtlichen Auseinandersetzung, auch in der Wissenschaft, die in Wien ein starkes Zuhause hat, eine Rolle spielen sollten. Das heißt, 200 Jahre Wiener Kongress, 100 Jahre Beginn des Ersten Weltkrieges, das sind natürlich ganz, ganz wesentliche Daten.

 

Wenn ich ins letzte Jahrhundert schaue, dann ist natürlich der Erste Weltkrieg von großer, auch schlimmer Bedeutung, aber die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur, die unmittelbar in den Zweiten Weltkrieg führte, ist natürlich das zweite entscheidende, einschneidende Erlebnis in der Geschichte der Stadt. Diese Zeit war geprägt von Diktatur, Rassismus, Umvolkungsideologien, Lebensraum im Osten, Vernichtung anderer Volksgruppen, die vom deutschen Raum ausgingen. All das sind natürlich wesentliche inhaltliche Meilensteine, mit denen man sich auseinandersetzen muss, wenn man die Katastrophe, in die der Nationalsozialismus geführt hat, beleuchten will.

 

Bis dahin waren Zeitzeugen natürlich ein wesentliches Moment der Auseinandersetzung mit Geschichte – mir als Simmeringer fällt da unmittelbar der Name Rosa Jochmann ein –, aber es leben ja heute kaum mehr Zeitzeugen. Das heißt, es ist eine Epochenwende, wie wir uns der Erinnerungskultur stellen, wenn es diese Zeitzeugen – aktive Mitgestalter in der Zivilbevölkerung, im Widerstand, im Regime, in der Wehrmacht, wo auch immer – nicht mehr gibt. Daher sind, denke ich mir, umso mehr geeignete Schritte zu setzen, um diese Erinnerungskultur und das Nichtvergessen lebendig zu halten. Das heißt, erstens ein Weiterführen der Archivierung der Information, die es aus dieser Zeit gibt, zweitens die wissenschaftliche Aufarbeitung und drittens die öffentliche Dokumentation. Dabei spielen natürlich Denkmäler, Gedenkstätten, aber auch Gedenktage eine große Rolle. Aber nicht nur das, auch Straßenbenennungen sind hier ein Moment der Erinnerung, ein Moment auch der geschichtlichen Auseinandersetzung.

 

Das ist heute hier schon erwähnt worden, Straßenbenennung ist in Wien eine Herzenssache, noch dazu, wo Wien eine außerordentliche Tendenz hat, Straßen nach Toten zu benennen, viel, viel stärker als andere Städte dieser Welt. Das kann man interpretieren, egal, das ist einfach eine Tendenz, die hier in Wien mit der Verherrlichung der wunderbaren großen Friedhöfe, würde ich sagen, einhergeht. Und, ja, das ist auch ein Teil dieses Wiens.

 

Nun zur Straßenbenennung. Die Studie, an der Univ-Prof Oliver Rathkolb gearbeitet hat, ist ja im Finale. Sie wird demnächst, wahrscheinlich Anfang Juli, sage ich jetzt einmal, vorgestellt werden. Es geht um geschichtlich belastete Namen. Es geht hier um 4 100 Namen dieser Stadt, es geht natürlich nicht um alle, es geht um einzelne, und wir wollen uns anschauen, welche Probleme es da tatsächlich gibt. Ich denke mir, etwas, was insgesamt für die Erinnerungskultur gilt, muss insbesondere für die Namen gelten, auch für jene, die wir als belastete Namen empfinden. Dabei geht es nicht um eine Dämonisierung des Bösen, und man braucht nicht Christ zu sein – man kann auch Christ sein, aber man braucht nicht Christ zu sein –, um an das Gute und das Böse zu glauben, sondern das ist in der Politik, im menschlichen Alltag virulent. Das Gute und das Böse mögen auch bei so manchen personenbezogenen Straßennamen auftau

 

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