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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 25.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 81

 

(Beginn um 9 01 Uhr)

 

09.01.50Vorsitzender GR Godwin Schuster: Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen des Wiener Gemeinderates! Wir nehmen die Sitzung wieder auf.

 

09.02.00Entschuldigt während des gesamten Tages sind GRin Mag Berger-Krotsch, GRin Prof Dr Vitouch und GRin Mag Wurzer. Ansonsten habe ich noch einige temporäre Entschuldigungen, doch ich gestatte mir, diese nicht vorzulesen.

 

09.02.30Wir setzen die Beratung des Rechnungsabschlusses der Bundeshauptstadt Wien für das Jahr 2012 fort und kommen nun zur Beratung der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal. Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Feldmann, und ich erteile es ihr. Die Redezeit ist mit 12 Minuten vorgegeben.

 

9.02.54

GRin Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Ein bisschen länger, glaube ich, wird es dauern, aber ich bemühe mich. – Zunächst einmal guten Morgen an alle Damen und Herren!

 

Wien gab 2012 für die Frauenförderung 9,2 Millionen EUR aus, das ist zwar etwas mehr, als geplant war, aber leider ist im Voranschlag 2013 wieder ein Rückgang von 1,3 Millionen zu verzeichnen. Das ist deshalb so traurig, weil der Stellenwert in diesem Bereich dadurch ganz klar erkenntlich wird. Es sind gesellschaftspolitisch wichtige Themen: Arbeitsmarkt, Wiedereingliederung, Alleinerzieherinnen, Alleinerzieherinnenarmut, Altersarmut bei Frauen oder aber auch Gewalt- und Opferschutz.

 

Die Mittel sind vorhanden, sie sind nur im Budget nicht richtig eingesetzt. Im 1. Quartal 2013 ist bereits mehr Geld für Werbung der Stadt Wien ausgegeben worden, als das Frauenressort für das ganze Jahr zur Verfügung hat. Das heißt, der PID hat 6 Mal so viel Budget, und wenn man noch die verschiedenen Geschäftsgruppen und deren Werbungen dazurechnet, dann kommen wir auf 80 bis 100 Millionen. Und das, meine Damen und Herren, ist doppelt so hoch wie die Ausgaben der Bundesregierung. Das ist nicht mehr zu argumentieren in meinen Augen, nicht in Zeiten, wo wir in einer Krise sind, nicht in Zeiten, wo wir einen Einsatz der Mittel vorsichtig abwägen müssen und Bedarf in vielen Bereichen herrscht, der dringend behoben werden muss.

 

Aber wie schaut es aus mit der Frauenbeschäftigung in Wien? Die Arbeitslosenquote ist gestiegen und liegt bei 9,3 Prozent, die Frauenquote bei der Arbeitslosigkeit beträgt 8 Prozent. Das ist zwar der Platz 2 nach Kärnten, aber dennoch hoch genug. Wir haben eine Erwerbsquote, die die drittschlechteste ist – also auch hier könnte noch sehr viel getan werden –, aber am allerschlimmsten in Wien ist die Armutsgefährdung, die Armutsgefährdung vor allem bei Kindern und bei Frauen. Es sind 37 000 Frauen in Wien arbeitslos, das entspricht 36 Prozent aller arbeitsuchenden Frauen in Österreich, und bei der Armutsgefährdung sind besonders Ein-Eltern-Familien mit Kindern unter 19 Jahren betroffen. Das heißt, das ist eine Quote von 35 Prozent.

 

Ich möchte das einmal ins Verhältnis stellen: Allein in Wien gibt es 74 000 alleinerziehende Mütter und Väter, das ist jede 7. Familie von 450 000 Familien. Das klingt vielleicht nicht so viel, 74 000, aber wenn man bedenkt, dass jede 7. Familie alleinerziehend ist und armutsgefährdet, dann muss einem das schon zu denken geben. Und drei Viertel der armutsgefährdeten Frauen sind auch im Pensionsalter gefährdet. Wenn wir von sozialer Verantwortung sprechen und Sie immer wieder sagen, wie wichtig soziale Verantwortung ist und was hier nicht alles getan werden muss, da frage ich mich, was geschieht.

 

Das Budget ist da. Sie haben kein Einnahmenproblem, Sie haben ein Ausgabenproblem. Ein Thema ist es daher, wie die Mittel eingesetzt werden, nämlich zielgerichtet und richtig.

 

Sie haben Mehreinnahmen aus Wasser-, Müll-, Kanal- und Parkgebühren – das werden allein nächstes Jahr um 137 Millionen mehr sein aus Parkgebühren; da sind die Verwaltungsstrafen noch nicht mit eingerechnet –, aber dieses Geld kommt nicht dort an, wo es vonnöten wäre.

 

Sie weigern sich auch, eine doppelte Buchhaltung einzuführen. Das wäre sicher nicht schlecht, um klarer zu sehen, wo man effizienter gestalten kann. Sie machen stattdessen – und das stört mich seit langer Zeit – Menschen, die gestalten, die erfolgreich sind, die Unternehmen haben, die Arbeitsplätze schaffen, zum Sündenbock. Das ist gefährlich. Sie beschmutzen und verraten die Leistungsträger dieses Staates, und das wird sich irgendwann rächen. Stattdessen sollten Sie ein Konjunkturpaket präsentieren, um die Wirtschaft anzukurbeln, und nicht immer den Anstieg der Mindestsicherungsempfänger sozusagen bejubeln. Es macht keinen Sinn, alle Leute arm machen zu wollen, es macht einen Sinn, Erfolg hervorzurufen, den Leuten zu zeigen, wie sie in die Selbstständigkeit kommen können, wie sie erfolgreich sein können und wie sie auch Freude haben, ihre Kreativität umzusetzen.

 

In Österreich werden von 20 Prozent der Steuerzahler 80 Prozent des Sozialsystems bezahlt. Ich meine, das sagt ja genug aus. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Das ist falsch!) Das ist nicht falsch. Wir können auch 10 Prozent und 70 Prozent nehmen. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Das ist auch falsch!) Sie wollen ja auch immer, dass es falsch ist. Auch wenn es 30 und 60 Prozent sind, es ist vollkommen klar, eine extrem geringe Zahl zahlt eine irrsinnig hohe Menge an Sozialleistungen, und da ist es relativ sinnlos, dauernd herumzupecken auf Menschen, die Leistung erbringen, die etwas erreicht haben, die etwas geschaffen haben, die vor allem viele Arbeitsplätze schaffen. Ich weiß nicht, das ist ein Reflex bei Ihnen. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Sie argumentieren das einfach falsch!) Es tut mir leid, dass Sie hier nicht zu heilen sind. Eine Heilung wäre angebracht, weil das nichts bringt. Das bringt niemandem etwas.

 

Wenn mehr Menschen in der Mindestsicherung leben und in der Mindestsicherung sind, ist das eigentlich zu betrauern und nicht zu feiern. Das ist keine Errungenschaft. (Zwischenruf von GRin Birgit Hebein.) Ja, Sie bejubeln das ja immer: Jetzt haben wir schon so viele, und Wien ist so sozial. – Das ist nicht sozial, das ist höchst unsozial, Menschen in Abhängigkeit zu halten

 

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