Gemeinderat, 40. Sitzung vom 24.06.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 102
tar): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Meine Damen und Herren!
Der Rechnungsabschluss, den wir jetzt für das Jahr 2012 zur Beschlussfassung vorgelegt bekommen haben, ist für mich ein Sinnbild dafür, dass Wien sein finanzielles Pulver im Kampf gegen die Wirtschaftskrise im Prinzip schon längst verschossen hat. Sie haben auf der einen Seite die Einnahmen nach oben geschraubt – und da kann man Ihnen nicht ersparen, dass man da auch mit Prozentzahlen agiert, es sind ja die absoluten Zahlen und die Prozentzahlen erschreckend, die Mehrbelastungen sind ja realiter da –, auf der anderen Seite sind die Schulden in einem beängstigenden Ausmaß explodiert. Jetzt kommt die Krise im Endeffekt in der Realwirtschaft an, und jetzt geht Ihnen schlichtweg die Munition aus.
Das alte Rezept der linken Ökonomen ist, dass man Schulden mit noch mehr Schulden bekämpft, aber am Schluss hat man dann beides: die Arbeitslosigkeit und den Staatsbankrott und das Defizit. Das kann man sich ja in vielen Ländern auch live vor Augen führen. Das ist, glaube ich, ein völlig fehlgeleitetes Konzept, und es ist traurig, dass unsere Finanzspitze eigentlich von völlig irrigen Annahmen ausgeht. Wenn es nämlich heißt, wir machen Schulden nur in der Höhe von 5 Prozent des Bruttoregionalproduktes, wir könnten 60 Prozent machen, so sind, Frau Vizebürgermeisterin, die 60 Prozent ja die Höchstgrenze der Gesamtschulden des gesamten Staates, von allen drei Gebietskörperschaften, Bund, Länder und Gemeinden, und die versteckten und ausgelagerten Schulden. Da kann man doch nicht hergehen und sagen, wir machen in Wien ohnehin nur 5 Prozent, wir könnten das 10-Fache machen. Ja, dann müssen Sie auch alle Aufgaben übernehmen, die der Bund und die anderen Gebietskörperschaften machen. (GR Dipl-Ing Rudi Schicker: Es gibt einen Unterschied zwischen absoluten Zahlen und Prozentzahlen! – Zwischenruf von VBgmin Mag Renate Brauner.) Ja, aber Sie haben ja gesagt, Sie könnten das 10-Fache machen und wären noch im Rahmen. Es gibt keine 60-Prozent-Obergrenze, auch nicht vom Bruttoregionalprodukt. Das ist ja ein Wahnsinn, wenn man so argumentiert.
Gleichzeitig können Sie nicht ablassen vom Klassenkampf. Es kommt immer wieder die Vermögenssteuer. Und gerade jetzt, wo der ÖGB seinen Kongress gehabt hat, kommt heraus, der ÖGB, der Vermögenssteuern, Erbschaftssteuern, Schenkungssteuern fordert und gegen die Stiftungen ist, geht selber stiften. Ein privater Verein bringt das Vermögen, das seine Mitglieder durch Beiträge aufgebracht haben, in eine Stiftung ein und möchte nicht einmal die Schenkungssteuer zahlen. Das ist ja wirklich hanebüchen. So nach dem Motto: Zahlen sollen alle anderen, nicht aber die Stiftungsmillionäre im ÖGB, einem privaten Verein, der meint, er ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft. Na, dann wären wir ja genau dort, wo der Stronach hin will: dass es keine privaten Vereine, sondern nur noch die Zwangskammern gibt. Der ÖGB ist ein Verein und soll seine Steuern bezahlen. (Beifall bei der FPÖ.)
Und wenn Sie mit den BUWOG-Millionen daherkommen, ja, das wäre wirklich interessant zu erfahren, wo die sind, aber genauso interessant wäre es, wo die BAWAG-Milliarden verschwunden sind, nämlich auch in der Karibik. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Oder die AVZ-Milliarden!)
Und wenn Sie sich anschauen, welche Gebietskörperschaften alle in Spekulationsgeschäfte eingebunden sind: St Pölten, eine rote Stadt, prozessiert, Linz prozessiert, die haben mit der Bawag, mit der ehemals roten Gewerkschaftsbank, einen Währungs-Web von ein paar Hundert Millionen abgeschlossen, das Bundesland Salzburg hat spekuliert, auch Wien hat Fremdwährungskredite, Cross-Border-Geschäfte gemacht. Natürlich sind wir alle eingefahren, denn die Finanzmärkte warten nicht auf die österreichischen Spekulationen, da wird man beinhart abgezockt. Also das ist genau diese Doppelzüngigkeit: Spekulationenverbote, die man selber jahrzehntelang missachtet hat, wo jeder ordentliche Kaufmann, jeder Klein- und Mittelbetrieb nie mitgemacht hätte.
Dann sprechen Sie von einer Standortinitiative. Das Geld für Wirtschaftsförderungen ist nicht mehr da, aber es gibt ja auch andere Maßnahmen. Wo ist Ihre Standortpolitik, wenn es um die Verkehrspolitik geht? Da werden die Klein- und Mittelbetriebe in den innerstädtischen Gebieten vom Zustrom der Kunden und vom Lieferverkehr abgeschlossen. Ist das Standortpolitik? Wollen Sie leere Geschäftslokale in der Mariahilfer Straße haben? Wollen Sie das wirklich? (GR Mag Rüdiger Maresch: So wie in der Kärntner Straße!) In der Kärntner Straße schaut es ein bisschen anders aus, aber in der Mariahilfer Straße werden Sie Ihr blaues Wunder erleben. Da fahren Sie über die Klein- und Mittelbetriebe drüber. Das ist die rot-grüne Standortpolitik. (Beifall bei der FPÖ.) Die Leute werden dort hingehen flanieren und nichts mehr einkaufen, weil sie es nicht mehr nach Hause tragen können. So wird es ausschauen.
Und Wien ist innovativer als Silicon Valley. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Man muss dem Obama sagen, nicht im asiatisch-pazifischen Raum ist die große Herausforderung, sondern er soll mehr nach Zentral- und Mitteleuropa schauen. Wahrscheinlich hätte Broccoli seinen James Bond, der im Silicon Valley spielt, umschreiben müssen für das Wiener Silicon Valley. Da sehen Sie, in welcher absurden Situation Sie leben. Ich wollte, wir wären so innovativ wie Silicon Valley. Zwischen uns und Silicon Valley liegt genauso ein großer Zwischenraum wie zwischen einem konsolidierten und innovativen Wiener Budget und dem, was Sie uns heute vorgelegt haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Dipl-Ing Schicker. Eigene Vorgabe 20 Minuten.
GR Dipl-Ing Rudi Schicker (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Vizebürgermeister! Herr Vorsitzender!
Ich möchte zu Beginn die harten Zahlen wiederholen, denn ich denke, die geraten in Vergessenheit in der Diskussion, die da schwankt zwischen gar nichts sagen, Falsches sagen und möglichst schimpfen und hereinrotzen, hätte ich fast gesagt, aber zumindest Dinge zu
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