Gemeinderat, 34. Sitzung vom 01.03.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 83
Auch der Winterradfahrverkehr ist ein wichtiges Thema. Jedem, der im Winter Fahrrad fahren möchte, sei das unbenommen, und ich gratuliere auch jedem, der diese Kondition hat, auch in den Wintermonaten bei Minustemperaturen mit dem Rad unterwegs zu sein. Ich hoffe, diese Personen fangen sich nicht einen ähnlichen Husten ein wie ich und werden ihn dann nicht los, aber wenn man so gesund ist, glaube ich, ist das eine gute Maßnahme. Nur es ist sicher nicht der Regelfall, und ich kann sicher nicht davon ausgehen, dass das bei Schneefall und kalten Temperaturen die Massenmobilität sein kann und sein wird, sondern dass es nur ergänzend ist für einige. Dass man dann auf die Idee kommt, auch die Radwege im Winter zu säubern – super! Wenn die MA 48 endlich einmal auch die Dienstleistungskompetenz dahin gehend ausbaut, dann bin ich froh und dann soll sie das auch tun, aber bitte nicht unter Ressourceneinsparung in anderen Bereichen. Wir wissen, dass in Nebenstraßen dann weniger geräumt worden ist oder später geräumt worden ist. Wir wissen auch, dass öffentliche Gehsteigflächen – und die gehören nicht Privaten, die gehören der Stadt Wien, wir haben das genau nachgeprüft – überhaupt nicht geräumt worden sind. Damit werden die Fußgänger mehr oder weniger genötigt, auf den Fahrradwegen zu gehen, weil sie sonst gar keine andere Möglichkeit haben wie zum Beispiel letzte Woche nach dem starken Schneefall, wo ich selbst unterwegs war mit dem Kinderwagen und ich mir in Wirklichkeit den Weg bahnen musste durch aufgetürmte Schneemassen auf öffentlichen Bereichen, weil die MA 48 dort nicht geräumt hat, aber der Radfahrweg war gesäubert. Und das kann es wohl auch nicht sein in einer Stadt, wo Gleichberechtigung vorherrscht, dass der schwächste Verkehrsteilnehmer, der Fußgänger, benachteiligt ist. Er zahlt auch hier Steuern, er hat auch ein Recht, hier zu leben. Es ist nicht angedacht, dass der Radfahrverkehr alle Dominanz hat und die Ressourcen dafür eingesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Selbst dann nämlich, wenn Sie den derzeitigen Anteil von 6 oder 8 Prozent Radfahrverkehr auf 10 Prozent hochbringen – ich bezweifle, dass Ihnen das gelingen wird, aber ich wünsche mir das auch und hoffe das auch –, dann werden Sie zwei Dinge lernen müssen: Erstens, dass 90 Prozent immer noch anders mobil unterwegs sind, unterwegs sein müssen, und diese 90 Prozent sind schon eine satte Mehrheit in dieser Stadt und das wird auch nicht ausreichen, um das grüne Wählerspektrum nachhaltig abzudecken. Und das Zweite, das ich hier auch immer anmerke – und das sage ich gerade auch für jene, die noch ein bisschen Vernunft in der Verkehrspolitik haben –, ist, dass meistens nicht der Austausch erfolgt vom Auto- zum Radfahrverkehr, sondern öffentliche Verkehrsbenutzer zum Radfahrverkehr. Es kommt zu einer Kannibalisierung des öffentlichen Verkehrs. Ob das gewünscht ist? Vielleicht ja, denn wir wissen, der öffentliche Verkehr ist in vielen Bereichen überfüllt und natürlich ist es wünschenswert, wenn wir dort Kapazitäten frei machen. Nur, ich würde mir wünschen, den öffentlichen Verkehr auszubauen und nicht hier eine falsche Umlenkung zu machen zu einer anderen Modalität, die letztendlich nichts bringt.
Ich denke, mit Sachpolitik, mit Sachfragen ließen sich viele Probleme dieser Stadt auch in größerer konsensualer Breite lösen. Radfahrverkehr ist eine sinnvolle Ergänzung, aber es ist keine ideologische Maßnahme, es ist keine Maßnahme, die die Massen anziehen wird. Immer noch werden in den nächsten Jahren 90 Prozent der Wienerinnen und Wiener anders unterwegs sein. Nehmen Sie das zur Kenntnis und machen Sie Politik für alle Wienerinnen und Wiener, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Chorherr. Ich erteile es ihm.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Berichterstatter!
Ich will die Zeit nur kurz nutzen, um einerseits noch zu erklären, worum es bei diesem Akt geht. Bei diesem Akt geht es um die sinnvolle Verlängerung und moderate Erhöhung der Unterstützung für Radabstellanlagen, wo Wien mehr tun wird und mehr tun soll, denn der Radverkehr nimmt erfreulicherweise zu. Das wichtigste Urteil der Politik ist: Wird das mehr genutzt oder wird das weniger genutzt? Es wird mehr genutzt, und diese Finanzierung soll sicherstellen, dass Radabstellanlagen im ausreichenden Ausmaß vorhanden sind.
Auf ein paar Ausführungen vom Herrn Stiftner will ich in aller Sachlichkeit eingehen.
Erstens: Es ist nicht so, dass die Radpolitik das ausschließliche oder auch nur überwiegende Ziel grüner Verkehrspolitik ist. Wir verweisen darauf, dass es eine Offensive der Wiener Linien gibt, die von der gesamten Stadtregierung getragen wird, dass neue Straßenbahnlinien gebaut werden, dass bestehende Straßenbahnlinien verdichtet werden. Es ist wenige Monate her, dass eine Entscheidung getroffen wurde, die U1 in den Süden zu verlängern.
Der Kern, worauf Wien in der Vergangenheit stolz war und auch jetzt stolz ist, ist der öffentliche Verkehr, und insofern hüpfe ich jetzt auch gleich zu einem der Projekte im Radverkehr, das heftig diskutiert worden ist in den letzten Wochen, das ist eine notwendige Querung im 1. Bezirk, wo, wie oft in der Verkehrspolitik, Platz nicht beliebig vermehrbar ist und es für uns immer klar war, dass dort, wo ein notwendiger Bus der Wiener Linien fährt, dessen Bestand in keiner Weise gefährdet sein darf. Und auch wenn von manchen Radfahrorganisationen gefordert wird, eine andere Maßnahme zu setzen, war es uns wichtig, hier eine Balance von zwei Verkehrsträgern zu finden, die aus unserer Sicht gleich notwendig sind. Also wie ist es möglich, einerseits in der Habsburgergasse eine notwendige Öffnung für den öffentlichen Verkehr vorzunehmen, aber gleichzeitig sicherzustellen, dass dort der Bus weiterhin fahren kann?
Das Leben spielt, wie es spielt, und vor ein paar hundert Jahren wurde so gebaut, wie gebaut wurde. Da konnte man noch nicht daran denken, dass vielleicht 300 Jahre später dort Busse und Radfahrer einander begegnen. Das steht jetzt so dort, und wir haben es oft in Wien
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