Gemeinderat, 30. Sitzung vom 21.11.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 70
Ich habe im Vorfeld den Kollegen Ellensohn auch darüber informiert, dass ich ihm für diesen Satz einen Ordnungsruf erteile. Die Zwischenrufe, auf die in der Präsidiale hingewiesen wurde, sind aus diesem Protokoll nicht ersichtlich, daher kann ich nicht darauf eingehen.
Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde10.29.20. Der Klub der Wiener Freiheitlichen hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema „Soziale Kälte im rot-grünen Wien – Heizkostenzuschuss muss bleiben“ verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich bitte den Erstredner, Herrn GR Mag Gudenus, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist.
GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir haben das heutige Thema gewählt, um darauf hinzuweisen, dass in diesem rot-grünen Wien – das seit zwei Jahren eine grüne Regierungsbeteiligung hat – die Sozialpolitik im Großen und Ganzen doch nicht so läuft, wie es erforderlich wäre. Wir wollen das unter anderem, aber nicht nur, am Beispiel Heizkostenzuschuss, der jetzt eigentlich gestrichen wurde, festmachen. Ich darf daran erinnern, dass die Frau Finanzstadträtin Brauner noch am 8. Juli 2010, also vor der Wiener Wahl, in einer Presseaussendung gesagt hat, ich zitiere: „Wir werden sicher nicht bei den Sozialausgaben sparen, wie etwa in Kärnten, wo der Heizkostenzuschuss gestrichen wurde.“ – Also man sieht: Nach der Wahl ist doch einiges anders als vor der Wahl. Zumindest diesem Zitat der Frau Brauner wurde nicht entsprochen. Wir nehmen genau dieses Beispiel Heizkostenzuschuss als Paradebeispiel für die soziale Kälte hier im rot-grünen Wien. Es kann nicht sein, dass die Stadtregierung, die sich Sozialpolitik auf die Fahnen heftet, im Endeffekt die Ärmsten der Armen im Stich lässt. Das dürfen wir uns nicht bieten lassen! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich darf dazu Mutter Teresa zitieren, die gesagt hat: „Das Einzige, was die Armut beseitigen kann, ist, miteinander zu teilen.“ Das ist vollkommen richtig, aber für eine Stadtregierung geht es auch darum, natürlich nicht nur direkt auszuschütten – wobei auch das wichtig ist –, sondern auch zu investieren, nämlich in die Wirtschaft, in die Bildung, in die Familien. All das ist notwendig, all diese Investitionen sind im Endeffekt notwendig, um Armut zwar nicht zu beseitigen – das wird nicht möglich sein, keine Frage, das Paradies auf Erden werden wir nie haben –, aber zumindest zu bekämpfen.
Weites hat Mutter Teresa gesagt: „Gott hat die Armut nicht erschaffen. Er schuf nur uns.“ Das heißt, wir Menschen sind eben aufgefordert, dagegen anzukämpfen, dass Menschen in Armut geraten, oder eben dafür zu sorgen, dass Menschen nicht in Armut leben müssen. Wir haben ja sehr oft darauf hingewiesen, auch in den letzten beiden Tagen der Budgetdebatte, dass Wien erfreulicherweise auf sehr hohen Plätzen rangiert, was internationale Vergleichsstudien betrifft. So zum Beispiel in der UNO-Studie zur Lebensqualität, die herangezogen wurde – das ist erfreulich, überhaupt keine Frage – oder in der oftmals zitierten Mercer-Studie, für die, wie wir wissen, Leute befragt werden, die sich im obersten Einkommenssegment befinden, wie hohe Manager – die in Wien, Gott sei Dank, viele sind, wobei viele nach wie vor kommen – oder UNO-Botschafter und UNO-Diplomaten.
Das ist ja alles sehr erfreulich. Doch wird in diesen Studien oft verschwiegen und vergessen, dass es in dieser Stadt auch viele arme Menschen gibt, die leider nicht weniger, sondern mehr werden: die vielen Familien, die sich zum Beispiel das Heizen nicht mehr leisten können, die vielen alleinerziehenden Mütter oder Väter, die vergessen werden, die Pensionisten, die vielen Kinder, die leider immer mehr in Armut leben müssen. Leider begegnet uns in Wien die Armut immer öfter und auch an viel mehr Orten als früher. Anscheinend kommt man in Wien leider auch nicht an diesem Sprichwort vorbei, dass die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer, weil der Mittelstand ausgedünnt wird und die Schere zwischen Arm und Reich leider immer größer wird.
Das hat sehr viele Faktoren und Gründe. Natürlich persönliche Gründe, politische Gründe, ökonomische Gründe, Gründe, die ich schon ausgeführt habe, das Bildungssystem, die Wirtschaft, die Förderung der Wirtschaft, die Förderung des Arbeitsmarktes. Aber wie geraten Menschen in Wien überhaupt in Armut? Dazu habe ich mir ein paar Zahlen angeschaut, Vergleichszahlen, zum Beispiel aus dem Jahr 1994 und aus dem Jahr 2011, was die Arbeitslosigkeit betrifft. 1994 belegte Wien noch den Platz 6 im Bundesländervergleich in Österreich. Da war Wien noch deutlich besser als Burgenland, Steiermark oder Kärnten. Und im Jahr 2011 und auch heuer sind wir klares Schlusslicht in Österreich. Das ist leider tragisch, und das ist leider auch genau der Vergleichszeitraum zwischen dem Amtsantritt von Bgm Häupl im Jahr 1994 und dem Jahr 2011 beziehungsweise 2012. Man sieht also, unter Bgm Häupl hat sich die Situation der Arbeitslosigkeit in Wien leider verschlechtert, und das zeigen wir auf. (Beifall bei der FPÖ.)
Heuer sind wir mittlerweile schon angelangt bei einer Rekordarbeitslosigkeit von 11,5 Prozent, wenn man die Schulungsteilnehmer dazurechnet. In dieser Statistik sind ja bekanntermaßen diejenigen, die einen Bildungsweg abgeschlossen haben – oder zumindest teilweise abgeschlossen haben –, aber noch keine Arbeit gefunden haben, nicht dabei. Laut WIFO soll die Arbeitslosigkeit Ende 2012 schon 9,5 Prozent erreicht haben, und das ohne Schulungsteilnehmer. Das ist im Vergleich zum Vorjahr, Ende 2011, ein Plus von 0,3 Prozent.
Oder ein anderer Indikator für Armut: Privatinsolvenzen. Da haben wir heuer bis September 2012 schon 3 182 Fälle in Wien, und Wien verzeichnet 40 Prozent der gesamten Privatinsolvenzen in ganz Österreich! Auch das ist eine sehr traurige Zahl, die uns zu denken geben sollte.
Oder das Beispiel Kaufkraft, der in Wirklichkeit einzig wahre aussagekräftige Indikator, der anzeigt: Was kann sich eine Person mit ihrem Einkommen noch leisten? Und da liegt Wien leider weder auf Platz 1 noch auf Platz 2 noch auf Platz 3 noch auf Platz 8 oder 10, sondern auf
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