Gemeinderat, 28. Sitzung vom 29.10.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 79
werkt er im Verborgenen –, was dort in den letzten zwei Jahren passiert ist, außer dass ein paar Lokale dazugekommen sind, die jetzt schon grauslich ausschauen, und was die Grünen und die Roten in den nächsten Jahren am Donaukanal zu tun gedenken, um diesen schauderhaften und der Tourismusstadt Wien abträglichen Zustand zu ändern.
Das ist ja heute schon ein paar Mal angeführt worden, dass die Touristen – das hat, glaube ich, der Kollege Woller gesagt – nach Wien kommen, weil der Verkehr bei ihnen nicht so klass ist. Da fällt mir ein, ich bin jetzt in Berlin gewesen, aber ich bin sicherlich nicht nach Berlin gefahren, weil das S-Bahn- oder U-Bahn-Netz so toll ausgebaut ist, sondern weil die Stadt einfach schön ist. Ich bin nach Amsterdam gefahren, nicht, weil es mir gefällt, dass ich aufpassen muss, dass mich kein Radfahrer über den Haufen fährt, sondern weil ich mir die Stadt anschauen wollte. Und eigentlich fährt man in Städte, um sich historische Gebäude, Grünraum vielleicht, Museen, Kunst oder sonst etwas anzuschauen und nicht, weil man im Vorfeld denkt, das Verkehrsnetz ist so leiwand, da fahren wir nach Wien. Und deswegen haben wir jeden Monat oder jede Woche 7,2 Prozent Steigerung? Also, das war ein bisschen weit hergeholt.
Apropos Berlin, weil ich voriges Wochenende dort war: Dort kann man wirklich mit den Öffis fahren. Wir haben das meiste wieder mit den Rädern gemacht, weil man einfach mehr von der Stadt sieht, weil sie einfach größer ist als Wien. Aber wenn man dort an die Havel, an den Wannsee fährt, steigt man ganz gemütlich in eine Schnellbahn ein, braucht sich aber nicht einmal zu beeilen, falls eine gerade wegfährt, denn wenn man den Bahnsteig dann erreicht hat, ist schon wieder die nächste Schnellbahn da. Und bei uns? Bei so einem Wetter erfriert man inzwischen. Da kommt die nächste vielleicht nach einer viertel Stunde, nach einer halben Stunde, das ist ja kein öffentliches Angebot. (GR Karlheinz Hora: Du kennst das wirklich nicht!) Das ist kein öffentliches Angebot. Und dort ist es wurscht, S-Bahn, U-Bahn, das macht überhaupt keinen Unterschied, auch vom Erscheinungsbild. Die schauen alle ungefähr gleich aus, je nach Modell. (GR Karlheinz Hora: Du weißt schon, dass in Wien auf der Stammstrecke die Schnellbahn alle 3,5 Minuten fährt!) Aber die haben ein 2-, 3-Minuten-Intervall. Da könnt ihr euch noch ein bisschen was abschauen. (GR Heinz Hufnagl: Du kennst die Schnellbahn nicht in Berlin!) Fahren wir einmal nach Berlin, schauen wir uns dort das Verkehrsnetz an! Das ist tausend und eins. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Dort können die Leute auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen.
Wir fahren jetzt leider bei unserer Ausschussreise nach Malmö und nach Kopenhagen. Vielleicht ist es auch sehr interessant. Es mag auch noch viele andere Städte geben, die interessant sind, sich bezüglich Verkehrsangebot anzusehen, aber Berlin – wahrscheinlich weil ich gerade dort war – wäre einmal ein probates Beispiel, um die Versäumnisse der roten und der grünen Verkehrspolitik hier in Wien auch zu veranschaulichen.
Nachdem der Charly Hora heute nichts zur Flächenwidmung gesagt hat, werde ich seinem leuchtenden Beispiel folgen und dies auch nicht tun, sondern mich nur für die Aufmerksamkeit bedanken. (Beifall bei der FPÖ. – GR Karlheinz Hora: Ich wünsche dir einmal einen Tag in Berlin!)
Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Chorherr. Ich erteile es ihm.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!
Google ist zwar meistens schnell, aber nicht so schnell, vielleicht kann mich jemand korrigieren. Ich habe jetzt kurz den Modal-Split und den Anteil des öffentlichen Verkehrs in Berlin – eine Stadt, die ich sehr schätze – und Wien nachgeschaut. Ich sage jetzt, es ist kühn, zu behaupten, dass der öffentliche Verkehr in Berlin tausend und eins ist. Der Modal-Split, der Anteil des öffentlichen Verkehrs in Wien ist signifikant höher. Ich kann das vielleicht noch ganz kurz nachgoogeln, aber er ist deutlich höher in Wien.
Warum? Wegen des technischen Zustands. Fahren Sie einmal mit S-Bahnen in Berlin. Ich bin gelegentlich in Berlin. Man kann es den Berlinern schlecht zum Vorwurf machen, weil die S-Bahnen schon älter sind. Aber auch wenn Sie in vielen anderen Städten der Welt einmal mit einem Kind unterwegs sind und mit dem Kinderwagen versuchen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu erreichen, ist es nicht anders. (GRin Mag Sonja Ramskogler: Paris!) In Paris, das kann ich aus eigener Erfahrung erzählen, muss man, wenn man sich die schöne Stadt angeschaut hat, den Kinderwagen irgendwie drüberheben, damit man weiterkommt. Zum Glück findet man immer wieder nette Pariser und Pariserinnen, die dann helfen runtertragen, rauftragen, rübertragen.
Der Zustand, den wir diesbezüglich in Wien haben, ist völlig anders. Wir wiederholen immer wieder: Eine Stadt, die für Kinder gut ist, ist für alle gut. Eine Stadt, wo du dich mit dem Kinderwagen sicher bewegen kannst, ist eine Stadt, wo sich auch andere Menschen, die Barrierefreiheit brauchen, bewegen können. In Wien kannst du jede Station mit einem Lift erreichen. Das ist eine unglaubliche Errungenschaft, die hat sehr viel Geld gekostet, das hat lange gedauert, und mir ist keine andere Stadt bekannt, wo das so ist. Und das nur als ein Beispiel.
Dass der öffentliche Verkehr immer noch besser werden kann, ist klar. Darum wird jetzt die U-Bahn weiter in den Norden und weiter in den Süden ausgebaut, werden hoffentlich auch Schnellbahnen verdichtet – zu dem komme ich dann noch –, werden neue Straßenbahnlinien gebaut. Wir können daher, glaube ich, wirklich stolz sein auf den Zustand des öffentlichen Verkehrs, wir können dankbar sein, wie viele Leute das nützen, und wir können uns gerade in Bezug auf den öffentlichen Verkehr wirklich mit allen anderen Städten, auch mit Berlin, messen.
Ich habe mich jetzt deswegen nachreihen lassen, denn nur bei diesem einen einzigen Tagesordnungspunkt ist es mir gegangen wie dem Herrn Mahdalik: Mir war nicht ganz klar (GR Mag Wolfgang Jung: Ganz überraschend!), wo die Opposition den Schwerpunkt hinlegen würde. Es war sozusagen die gesamte Palette, die ich
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