Gemeinderat, 28. Sitzung vom 29.10.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 79
hingewiesen, dass insgesamt die Gemeinden eine so starke Verschuldung hätten und dass dies vom Rechnungshof kritisiert wird.
Leider - leider! - hat der Rechnungshof hier Wien in seiner Komplexität nicht erfasst, was ich sehr bedauere, denn so schwierig ist die Komplexität auch wieder nicht. Wien ist nämlich Land und Gemeinde gleichzeitig, wie Ihnen, sehr geehrte Herren und Damen Gemeinderäte und -rätinnen und Landtagsabgeordnete, sicher bekannt ist! Das heißt, Wien hat die Funktionen sowohl rechtlicher als auch natürlich ökonomischer Natur eines Landes und der Gemeindeebene und kann von daher natürlich bei einer Statistik, die die Gemeindeverschuldung behandelt, nicht zugezählt werden. Das verzerrt das Ergebnis, und das sage nicht nur ich, sondern das hat auch mit sehr klaren - er ist ja dafür bekannt -, vielleicht sogar ein bisschen deftigeren Worten als ich der Gemeindepräsident Mödlhammer gesagt.
Wie ist die Realität? - Die Realität ist, dass die Gesamtverschuldung der Stadt, der Kommune, des Landes Wien im Vergleich eine äußerst geringe ist. Die Pro-Kopf-Verschuldung 2011 waren 2 326 EUR pro Kopf. Der Bund, sehr geehrte Damen und Herren, hat 23 008 EUR Pro-Kopf-Verschuldung!
Das heißt, wir haben hier nur ein Zehntel der Pro-Kopf-Verschuldung im Vergleich zu ganz Österreich. Aber wir wollen uns auch andere Ebenen anschauen, nämlich die Länder und Kommunen. Ich darf noch einmal in Erinnerung rufen: Wien hat eine Pro-Kopf-Verschuldung von 2 326 EUR. Kärnten, sehr geehrte Damen und Herren, hat eine Pro-Kopf-Verschuldung von 3 834 EUR. Schauen wir jetzt eventuell auch ein bisschen in die nähere Umgebung – und ich blicke jetzt zufällig in Ihre Richtung –: Niederösterreich hat eine Gesamt-Pro-Kopf-Verschuldung von 4 806 EUR. – Noch einmal: Die Pro-Kopf-Verschuldung beträgt in Wien 2 300 EUR, in Kärnten 3 800 EUR und in Niederösterreich 4 800 EUR.
Das Ganze muss man natürlich in Relation zum BIP beziehungsweise, wenn es sich um die Landesebene handelt, zum Bruttoregionalprodukt sehen, denn man muss natürlich immer die Fragen im Auge behalten: Was tut eine Ebene mit dem Geld? Welche Finanzierungen braucht sie? Und das ist natürlich immer auch im Zusammenhang mit der gesamten Wirtschaftskraft zu sehen. Deswegen liegt ja die bekannte EU-Maastricht-Grenze des Schuldenstandes bei 60 Prozent.
Ich betone: Bei der sehr auf Schuldenbekämpfung bedachten EU, die darauf achtet, möglichst wenig Schulden zu machen, gibt es eine Grenze von 60 Prozent der gesamten Wirtschaftskraft einer Ebene, bis zu welcher eine Verschuldung als akzeptabel gilt, und erst wenn diese darüber hinaus geht, muss zurückgeführt werden. 60 Prozent! – Und jetzt schauen wir uns einmal an, wie hoch unser Schuldenstand in Wien im Vergleich zum gesamten Bruttoregionalprodukt Wiens ist: Dieser beträgt 4 Prozent, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich wiederhole: 60 Prozent wird auf EU-Ebene als jener Level gesehen, in Anbetracht dessen man beginnen muss, zurückzuführen. 60 Prozent sind in der EU die Grenze. In Wien sind es hingegen nur 4 Prozent!
Nun noch eine letzte Zahl: Logischerweise zieht man im Hinblick auf Verschuldungszahlen die Zahlen der Rechnungsabschlüsse zum Vergleich heran, ich mache aber auch gerne einen Blick in die Zukunft: Beim Voranschlag für das Jahr 2013 beträgt der Prozentanteil des Maastricht-Defizits an den Gesamtausgaben in Wien 2,8 Prozent und beim gerade neu vorgelegten Budget der Frau Bundesministerin für Finanzen 8,2 Prozent. – Auch da hat Wien wieder einmal bewiesen, dass wir sehr gut, sehr sparsam und sehr korrekt wirtschaften. Wir haben einen ganz klaren Plan, und diesen klaren Plan arbeiten wir Schritt für Schritt ab, und zwar erfolgreich.
Dieser Plan heißt: Investieren in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, um die Wirtschaft zu unterstützen. Dafür sorgen, dass sich die Menschen in unsicheren Zeiten auf die Stadt verlassen können, und entsprechende Maßnahmen setzen, um die Wienerinnen und Wiener in diesen unsicheren Zeiten zu schützen und gleichzeitig Schritt für Schritt die Neuverschuldung zu reduzieren, und das mit dem Ziel, nach der Krise wieder entsprechend Schulden abzubauen.
Genau diesen Plan arbeiten wir ganz präzise ab. Wir haben seit Jahren, nämlich seit dem großen Crash, der Wirtschaftskrise, als wir aus gutem Grund eine extreme hohe Neuverschuldung hatten, weil das damals notwendig war, die Verschuldung schrittweise zurückgeführt, und das hatten wir schon geplant, lange bevor der Stabilitätspakt festgemacht wurde, und natürlich halten wir auch punktgenau den Stabilitätspakt ein.
Das tun wir, und zwar – wie Sie wissen – mit intelligenten Reformen und Strukturmaßnahmen. Es ist nämlich gar nicht intelligent zu sagen, wir sparen, indem wir einfach überall 5 Prozent kürzen. Das ist nicht intelligent! Wir werden zum Beispiel bei der Wirtschaftsförderung und auch bei der Wiener Ausbildungsgarantie, bei der es um Investitionen in die Jugend und um Ausbildung geht, nicht kürzen. Ganz im Gegenteil! Dabei werden wir selbstverständlich weiterhin bleiben. Aber wir werden insofern sparen, als wir Reformen setzen, um schlanke und flexiblere Strukturen in der Stadt zu haben, indem wir neue Wege in der Finanzierung gehen – Stichwort PPP-Modelle –, indem wir inhaltliche Strukturreformen durchführen, indem wir das Angebot an die Entwicklung der Stadt entsprechen adaptieren und indem wir auch weiterhin die Effizienz der Stadt generell steigern.
Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass wir im vor Kurzem öffentlich präsentierten Budget, das wir hier noch diskutieren werden, zwar zusätzliche Posten für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Bereich der Kinderbetreuung haben, dass im engeren Sinn der Verwaltung hingegen keine zusätzlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aufgenommen werden und wir in diesem Bereich sehr sparsam und zurückhaltend sind.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke. Die 1. Zusatzfrage kommt von GRin Mag Dr Kappel. – Bitte.
GRin Mag Dr Barbara Kappel (Klub der Wiener Freiheitlichen): Guten Morgen, Frau Vizebürgermeisterin!
Bei aller Kritik am Rechnungshof und an den Gemeindezahlen, die im Rahmen der Analyse des Bundes
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