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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 27.04.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 90

 

voll unterstützt und dass eben 1848 ganz konkrete Ideen hier eingelangt sind, wirklich etwas Faszinierendes ist.

 

Dass die ÖVP sagt, holpriger Start der Charta, das finde ich noch im Rahmen der Opposition für erträglich. Ja, holpriger Start, es stimmt zwar nicht, aber man will ja nicht die Regierung loben. Immerhin wird es zumindest teilweise von der ÖVP mitgetragen, während die Terminologie der FPÖ natürlich sehr sonderbar ist. Die FPÖ hat beispielsweise gesagt, die Charta und deren Umsetzung seien erbärmlich. Das hat der Kollege Gudenus gesagt. Also ich finde eher die menschenverachtende Politik der FPÖ erbärmlich! Das muss einmal deutlich gesagt werden. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Ich glaube auch, dass die drei großen Themenbereiche „Verhalten, Haltung und Raum“ wirklich eine sehr gute Sache sind, wo man dann sehr viel aufhängen kann. Beim ganzen Verhalten gehört durchaus auch das Benehmen dazu, aber auch, dass man nicht griesgrämig durch die Welt geht, wie es ein Schriftsteller, der bei diesem Charta-Prozess auch dabei ist, ausgedrückt hat. Unter Haltung verstehen wir natürlich auch, dass wir besonders vorantreiben, dass man ein gutes Zusammenleben organisiert. Und den Raum, den öffentlichen Raum, so zu gestalten, wie es integrationspolitisch sinnvoll ist, das ist auch außerordentlich wichtig. Also wir suchen nach Regeln des Zusammenlebens, nach neuen Regeln. Das soll und muss nicht unbedingt gegen Gesetze umgesetzt werden. Das, glaube ich, ist auch ein wichtiger Bestandteil der Charta. Wenn mittelbar in der Folge auch Gesetzesverbesserungen irgendwann dann kommen, umso besser. Das wollte ich dazu noch sagen.

 

Aber ich muss auch noch da zum Antrag der FPÖ die Sistierung dieses EU-Übereinkommens betreffend einige Worte sagen. Ganz ein wesentlicher Bestandteil unseres Zusammenlebens in Europa, und Europa und die Europäische Union sind eben nach wie vor bei allen Schwächen und Fehlern, die wir haben, jener Teil der Welt, wo Menschenrechte, wo Wohlstand und wo Humanität am weitaus meisten gegeben sind. Das muss man einfach sagen. Also wir können insgesamt als Europäische Union bei allen Schwächen, die wir überwinden wollen, sagen, dass hier der Bereich der Welt ist, wo es am meisten Menschenrechte und auch am meisten Wohlstand gibt. Ein ganz wesentlicher Teil dieses Wohlstandes und der Menschenrechte und der Grundrechte, die wir verwirklicht haben, ist eben, dass wir den Rechtsstaat akzeptieren und dass wir gerichtliche Entscheidungen akzeptieren, auch wenn sie einem manchmal nicht gefallen.

 

Und hier ist es natürlich so, dass Ihre Reaktionen auf das Assoziierungsabkommen Österreich-Türkei typisch so sind, wie wir sie erwartet hätten. Ich will jetzt nicht die gesamte juristische Argumentation ausführen, könnte ich auch, warum eben der Europäische Gerichtshof jetzt zu diesem Urteil gekommen ist. Faktum ist, dass die Europäische Union, damals noch als EWG, mit der Türkei Abkommen geschlossen hat, wo die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit oder des freien Dienstleistungsverkehrs einzuführen versprochen haben und ein Verschlechterungsverbot festgeschrieben worden ist und dass durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union wir diesen Rechtsbestand übernommen haben. Daraus resultierend ist eben dieses Gerichtshofurteil, wenn ich das jetzt sehr kurz und fast unjuristisch sagen darf, gekommen. Wie man damit umgeht, das ist natürlich die Frage. Man kann sagen, jetzt einen großen Wirbel machen und irgendwelche Folgen herbeireden wollen, die überhaupt nicht mit diesem Urteil verbunden sind, nur um Angst zu schüren, das ist der falsche Weg. Oder das Urteil analysieren und die richtigen Schlüsse daraus ziehen, das ist der richtige Weg. Nur, das muss natürlich in Österreich nach unserer Kompetenzaufteilung in erster Linie das Bundesministerium für Inneres leisten. Es muss einen verbindlichen Erlass für alle österreichischen Vollzugsbehörden herausgeben, damit ein einheitlicher bundesweiter Vollzug möglich ist. Das Innenministerium hat eine Presseaussendung herausgegeben, dass keine Anpassung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes diesbezüglich geplant sei. Das nehmen wir zur Kenntnis. Aber eben deshalb brauchen wir umso mehr die Rechtssicherheit und deshalb ist das Amt der Wiener Landesregierung dabei, einen umfangreichen Fragenkatalog an das BMI auszuarbeiten, um eben das sicherzustellen, wie man jetzt damit umgeht. Wir können sicher nicht hinnehmen, dass das Bundesministerium für Inneres als zuständiges Organ sich hier aus der Verantwortung stiehlt. Das wäre vollkommen falsch.

 

Beispielsweise stellen sich da die Fragen: Bedeutet die Rechtssprechung des EuGH, dass jetzt für die Erteilung von Aufenthaltstiteln an türkische Staatsbürger, die begünstigte Drittstaatsangehörige sind, keine Gebühren anfallen? Das soll das Innenministerium entscheiden, wie die Rechtslage ist und vieles andere auch. Ist türkischen Staatsangehörigen, die begünstigte Drittstaatsangehörige sind, auf Antrag unmittelbar ein Daueraufenthalt Familienangehöriger zu erteilen? Das sind die Fragen und die muss das Innenministerium auf Basis der Rechtslage entscheiden. Das können nicht wir in Wien jetzt einseitig machen. Und dann sind auch alle anderen Fragen, die ich jetzt gar nicht weiter noch näher ansprechen will, zu klären. Was man aber sicher sagen kann, ist, dass wir für klare Bestimmungen seitens des BMI sind und dass es umso wichtiger ist, dass dieser Erlass und diese Klarstellung des Innenministeriums möglichst bald kommen, um eben diese Agitation, diese Angstmache hintanzuhalten. Wenn ich jetzt vor allem natürlich die ÖVP auffordern kann, das vielleicht der Innenministerin mitzuteilen.

 

Wichtig ist es, keine Panik zu verbreiten und nicht auf dem Rücken einzelner Zuwanderergruppen insgesamt ein erfolgreiches Integrationskonzept in Frage zu stellen. Wien hat mit „Start Wien“ und der Sprachoffensive und unzähligen anderen Maßnahmen ohnehin bisher bewiesen, dass der Integrationsweg in Wien erfolgreich zu bewältigen ist, ob jetzt mit oder ohne Integrationsvereinbarung. Deshalb werden wir uns auch in dieser Sache nicht von unserem Weg abbringen lassen.

 

Und als Letztes, weil die FPÖ immer so tut, als hätte sie jetzt praktisch die Rechte der Kurden für sich gepach

 

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