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Gemeinderat, 16. Sitzung vom 23.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 72

 

Glaube, dass wir wesentliche Dinge lösen können, nimmt deswegen ab, weil man oft das Gefühl hat, dass wir in den großen Finanzfragen eh nichts mehr zu reden haben, weil da ohnedies die Moody’s und Co unterwegs sind und wir demokratisch ohnedies keinen Spielraum mehr haben.

 

Es gibt aber einige wenige Bereiche, in denen Moody´s nichts mitzureden hat, wo wir wirklich selbst Verantwortung tragen und die Macht haben, Dinge zu ändern. Ein solcher Bereich ist zum Beispiel die Bildungspolitik. Ich teile jetzt überhaupt keine Zensur aus, sondern versetze mich kurz – das übe ich jetzt, damit ich es kann – in die Rolle des Zuhörers statt des Akteurs, der ich bin, und denke mir, wie ein eingefrorener Posthornton läuft eine gewisse Diskussion der gegenseitigen Beschuldigung ab, die ich deswegen interessant beziehungsweise sehr kontraproduktiv finde, weil es dann, wenn es um konkrete Fragen in Schulen geht, relativ rasch Konsens gibt.

 

Ich möchte jetzt einmal den Konsens in den Vordergrund stellen: Ich glaube, nahezu alle hier im Raum vertreten die Meinung, dass jeder oder jede, der oder die nach neun Jahren die Schule verlässt, fließend seine oder ihre Muttersprache und fließend Deutsch sprechen können soll, diese beiden Sprachen also in Wort und Schrift beherrschen soll. Haben wir das zu 100 Prozent erreicht? – Nein! Sollen wir uns bemühen und alles tun, dass jemand lesen, schreiben und auch rechnen kann? – Ja! Und wer weiß am besten, wie das geht? Das sind oft vor allem die Lehrerinnen und Lehrer, die Vorschläge haben und etwas tun.

 

Insofern mache ich jetzt einen ganz konkreten Vorschlag zum Nachdenken: Geschieht das in Wien überhaupt nicht? Wird hier nur „owezaht“? Sind die Wiener Schulen nur ein Chaos? – Niemand würde sagen, dass dem so ist. Es gibt hervorragende Beispiele an öffentlichen und privaten Schulen, wo interessante Experimente gemacht werden, obwohl das gesamte Umfeld – Stichwort Sparen – nicht einfach ist. Es gibt einen sehr interessanten Film mit dem Titel „Treibhäuser der Zukunft“, der von einem deutschen Journalisten namens Kahl gedreht wurde. Der wird im Netz sowie auf Abendveranstaltungen und Lehrerfortbildungen immer wieder vorgeführt, um zu ermutigen und zu zeigen, dass es in – diesfalls – deutschen öffentlichen und privaten Schulen möglich ist, viele innovative Ziele zu erreichen.

 

Daraus geht hervor, dass es letztlich primär darauf ankommt – und es ist kein einziger hier im Saal, auf den es primär ankommt –, dass es Lehrerinnen und Lehrer gibt, die einen guten Unterricht machen. In diesem Zusammenhang ist zum Beispiel die spannende Frage zu stellen, die ich gern einmal diskutieren würde, die jeder sozusagen auf Grund seines Umgangs beantworten kann: Was ist ein guter Lehrer? Was ist eine gute Lehrerin? (GR Dkfm Dr Fitz Aichinger: Jene, die motivierend sind!)

 

Lehrer prägen sozusagen für ein Leben lang und haben ein hohes Maß an Verantwortung. Diese sollte man daher einmal vor den Vorhang bitten. Kritik ist notwendig, aber wir sollten damit aufhören, immer nur den anderen schlechtzumachen.

 

Vielleicht bemühen wir uns, einen solchen Film mit einem unstrittigen Regisseur anzuregen: Ein Team von zwei, drei Leuten sollte durch Wiener Schulen gehen und einmal diejenigen vor den Vorhang bitten, von denen alle sagen, dass sie einen klassen Unterricht machen!

 

Ich träume zum Beispiel schon lange von einem klassen Mathematikunterricht, der nicht Angst macht und der Schüler etwa nicht davon abhält, ein Technikstudium zu wählen. Vielleicht setzen wir uns einmal zusammen und machen ein paar Vorschläge, die ermutigen und zeigen, dass etwas weitergeht, auch um Werbung für unseren eigenen Beruf, die Politik, zu machen.

 

Nun einen konstruktiven Satz zu Kollegen Gudenus: Sie haben von einem Flop gesprochen. – Eine Forderung Ihrer Partei ist, dass zwingend eine Volksabstimmung abzuhalten ist, wenn ein Volksbegehren 150 000 Stimmen hat. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Gern! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Es ist unstrittig, dass dieses Volksbegehren mehr als 150 000 Unterschriften gehabt hat. Machen wir daher vielleicht eine Volksabstimmung über diese sehr konkreten Punkte, und beziehen wir diejenigen ein, auf die es letztendlich ankommt, nämlich die Bevölkerung.

 

Zusammengefasst: Bemühen wir uns ein bisschen, auch Vorbild zu sein! Man traut sich gar nicht zu sagen, ob man als Politiker vorbildlich ist. Aber bemühen wir uns doch ein bisschen, Vorbild zu sein und einander nicht nur den Knüppel in der Bildungspolitik auf den Schädel zu hauen! – Danke schön! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Nepp gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

11.32.19

GR Dominik Nepp (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Die Initiatoren haben gemeint, dass das Bildungsvolksbegehren ein roter Ferrari werden wird. Im Endeffekt ist daraus nur ein roter, stotternder Kolchosetraktor geworden, meine sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Dabei hätte das Volksbegehren, so wie es tagaus, tagein in Zeitungen, im Fernsehen und so weiter beworben wurde, eigentlich ein Bombenerfolg werden müssen! Ich habe das Volksbegehren bei mir, und wenn man sich die einzelnen Punkte durchliest, dann sieht man, dass zum Beispiel ein moderneres Schulsystem ohne parteipolitische Einflussnahme sowie ein flächendeckendes Angebot von Krabbelstuben, Kindergrippen, Kindergärten und die Ausweitung der Ganztagsangebote gefordert werden. – All das ist zu unterstützen! Talente gehören gefördert, die Schwächeren gehören unterstützt. – Das gehört unterschrieben, und das hätte wirklich ein Bombenerfolg werden müssen!

 

Die Österreicher haben dann aber noch weitergelesen und waren dann so gescheit und haben das Volksbegehren mit all diesen Forderungen nicht unterschrieben. Sie haben es wegen eines einzigen Punkts nicht unterschrieben, nämlich wegen der Gesamtschule, meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

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