Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 65
die Leitlinien und Leitbilder dieser Europadeklaration, denen zuzustimmen ist.
Ebenso den Instrumenten, ich sagte es schon. Das wichtigste Instrument - das wurde heute auch schon einige Male angeführt -, das Rederecht der Europaabgeordneten hier in diesem Gremium, ist zu unterstützen. Dieses Rederecht wird uns allen viel Information bringen und uns auf institutionalisierter Ebene einen Austausch gewährleisten, der gut ist und der ausdrücklich zu befürworten ist.
Wichtig ist sicherlich auch die Nutzung geeigneter strategischer Netzwerke in der Europäischen Union, beispielsweise der Städtebund, auf europäischer Ebene. Da passiert schon sehr viel und es ist wichtig, diese Vernetzungen sind eindeutig wahrzunehmen. Ebenso die verstärkte Zusammenarbeit im Rahmen der Centrope-Region, die Twin-City-Strategie, das alles ist gut. Das ist wichtig für Wien, das ist aber auch wichtig für die Umlandorte, für die Regionen um uns herum, das alles ist von besonderer Wichtigkeit.
Angeführt als eines der Instrumente im Rahmen der Europadeklaration ist auch das Lobbying bei den EU-Abgeordneten. Meine Damen und Herren, vielleicht sollte man da ein bisschen vorsichtiger sein, wie wir aus der jüngsten Vergangenheit gelernt haben.
Die Europadeklaration steht allerdings im Moment leider nicht im Mittelpunkt der europäischen Debatte. Mein Vorrednerin Frau Dr Vana hat das auch schon angeführt. Europa ist im Ausnahmezustand, und ich glaube, wenn heute jemand über Europa redet, dann redet er darüber, dass in Griechenland derzeit gerade das Parlament tagt und dass es zu einer Entscheidung kommen soll auf der Ebene des griechischen Parlaments, um darüber abzustimmen, ob man das Belastungspaket, ob man das Sparpaket annimmt für Griechenland, ja oder nein. Wir haben alle diese dramatischen Bilder in den Medien gesehen. Griechenland ist in einer wirklich schlimmen Situation, und das ist eigentlich das Thema, das heute die Europäer beschäftigt.
Was jeden Einzelnen von uns beschäftigt und was auch die Österreicher sehr beschäftigt, ist das Thema der Finanzhilfe für Griechenland, und vielleicht können wir darauf auch hier noch einmal kurz eingehen. Wie Sie wissen, sind zwischenzeitlich drei sogenannte Rettungsschirme geschnürt worden. Die erste Hilfsleistung war das Griechenlandpaket vom Mai letzten Jahres, woran sich die Republik Österreich mit 2,29 Milliarden EUR beteiligte; insgesamt waren das 110 Milliarden EUR an Krediten für Griechenland. Dann gab es einen EU-Haftungsschirm, Haftungen, also nicht Direktzahlungen, und Garantien im Ausmaß von 700 Milliarden EUR wurden gegeben; der österreichische Anteil daran macht etwas über 21 Milliarden EUR aus. Das Dritte ist der Europäische Stabilitätsmechanismus, der soeben beschlossen wurde, der Europäische Stabilitätsmechanismus, der ab 2014 vorgesehen ist und der ein Haftungsvolumen von 750 Milliarden EUR vorsieht; der Österreichanteil daran, nämlich an reinen Bareinzahlungen, beträgt 2,23 Milliarden EUR, aufgeteilt auf einige Jahre.
Das ist das Europathema, das die Österreicher aufregt, diese 4,5 Milliarden EUR, die in die Hilfspakete gepackt werden. Dazu gibt es eine aktuelle Gallup-Umfrage, die in der Zeitung „Österreich" kürzlich veröffentlicht wurde, und diese besagt Folgendes: 48 Prozent der Österreicher lehnen das neue Griechenlandpaket ab. 60 Prozent sind der Meinung, dass die EU kein zweites Rettungspaket über 100 Milliarden EUR schnüren soll. Und 52 Prozent der Österreicher sind überhaupt der Meinung, dass man Griechenland bankrott gehen lassen sollte. - So weit zum europäischen Solidargedanken.
In Wirklichkeit - und das wissen Sie hier, wir wissen das alle - befindet sich Griechenland bereits in einem Insolvenzprozess, auch wenn niemand offen darüber spricht. Und in Wirklichkeit - wenn Sie die Medien verfolgt haben - wird von französischer Seite heute längst gesagt, wie dieses Insolvenzszenario auszusehen hat: Es wird eine sanfte Umschuldung sein, es werden die Laufzeiten der Anleihen erhöht, die Franzosen schlagen im Moment 30 Jahre vor. Der deutsche Finanzminister Schäuble hat auch schon gesagt, dass er möglicherweise mit dieser Lösung leben kann. Wir sind also, auch wenn wir das alles vielleicht nicht hören wollen, bereits in einem europäischen Insolvenzszenario.
Einen Insolvenzverwalter gibt es auch schon: Das ist die EU-Troika, die gerade dieser Tage wieder Griechenland besucht hat. Die Troika besteht aus der EU-Kommission, der EZB und dem Internationalen Währungsfonds, das sind die Insolvenzverwalter Griechenlands. Vor diesem Hintergrund ist eines ganz klar: Niemand würde in ein insolventes Unternehmen, aber auch nicht in eine insolvente Institution oder in einen insolventen Staat, eine insolvente Volkswirtschaft, ungeprüft zusätzliches Geld pumpen. Deshalb haben wir Freiheitliche gesagt: Wir wollen nicht, dass diese weiteren 12 Milliarden EUR, wie von der Bundesregierung jetzt vorgesehen, nach Griechenland gezahlt werden! (Beifall bei der FPÖ.)
Es gibt eine aktuelle Studie der US-Bank City Group, die am Montag veröffentlich worden ist. Diese besagt, dass die Top-Banker eigentlich damit rechnen, dass es in Griechenland zu einem 50-prozentigen Haircut kommt, und nicht nur in Griechenland, sondern auch in Portugal und Irland. Das ist ein Szenario, das wir uns alle nicht wünschen.
Insbesondere wünscht sich das die EZB nicht. Diese hat auch schon Überlegungen angestellt, was bei einem scharfen Schuldenschnitt von 40 Prozent passieren würde. Wenn Sie bedenken, dass das Eigenkapital der EZB rund 9 Milliarden EUR ausmacht und die EZB auf etwa 45 Milliarden EUR an griechischen Staatspapieren sitzt, dann bedeutet ein Schuldenschnitt von 40 Prozent eine 18-Milliarden-Abschreibung für die EZB, und alle Experten sagen, die EZB ist dann technisch pleite! Das wünschen wir uns alle nicht, niemand braucht eine EZB, die technisch pleite ist.
Man hätte vielleicht nur früher in Griechenland nachfragen sollen. Vor einem Jahr gab es Zeitungsberichte, da wurde beispielsweise der Präsident des griechischen Industriellenverbandes interviewt, Herr Daskalopoulos. Und er hat vor einem Jahr gesagt: „Unser Land ist plei
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