Gemeinderat, 10. Sitzung vom 28.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 87 von 113
müssen, oder sie wird sehr, sehr bitteres Lehrgeld zahlen. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr GR Dr Stürzenbecher. Ich erteile es ihm.
GR Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Geschätzte Frau Stadträtin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Vielleicht zuerst zu meinen Vorrednern, wobei mich die Rede der Kollegin Feldmann noch mehr gewundert hat als die des Kollegen Jung und ich mich bei der Kollegin Feldmann schon frage, in welcher Stadt sie eigentlich lebt, wenn sie sagt, Wien steht fürchterlich schlecht da, überall am letzten und am vorletzten Platz.
Wenn man so etwas hört, glaubt man, vielleicht reist die Kollegin immer nur zum Gemeinderat oder vielleicht noch zum Ausschuss an und lebt in einer ganz anderen Stadt und hat hohe Reisekosten.
Aber Faktum ist schon, dass Wien in allen Rankings auf guten Plätzen liegt, und ich möchte jetzt durchaus noch einmal die Mercer-Studie erwähnen. Ich weiß, dass Sie das nicht hören wollen, denn alles, wo Wien gut vorkommt, das ignorieren Sie. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie erinnern mich jetzt an die ÖVP in der ersten Hälfte der 70er Jahre. Da hat es einen gewissen Hahn gegeben – ich habe das selbst nur als Kind erlebt, aber das spricht sich ja herum –, und der hat gesagt, Wien ist krank. Dauernd hat er gesagt, Wien ist krank, Wien ist krank. Was war die Folge? Bei der nächsten Wahl hat die SPÖ den größten Erfolg gehabt, und die ÖVP ist hinuntergesackt. So wird es bei Ihnen weitergehen – 13 Mandate haben Sie noch –, wenn Sie diese Strategie weiterverfolgen.
Das ist eine Strategie, die wir zutiefst ablehnen, denn es ist einfach nicht richtig, auch wenn man Oppositionspartei ist, alles schlechtzumachen und mit wirklich absurden Einschätzungen der eigenen Heimatstadt daherzukommen, wo man übrigens sogar einmal fünf Jahre mitregiert hat. Lange ist es her. Damals, nach dieser fulminanten Wahlniederlage, hat es einen gewissen Busek in der ÖVP gegeben, der durchaus eine komplett andere Oppositionspolitik verfolgt hat als die jetzige ÖVP, der selbst Vorschläge eingebracht hat, Ideen eingebracht hat, wo es einen intelligenten Dialog zwischen Regierung und Opposition gegeben hat. Das hat letztlich der Stadt genützt.
Die ÖVP, wie sie jetzt ist, ist wieder bei diesen „Wien ist krank"-Behauptungen. Das ist etwas, was die Wienerinnen und Wiener nicht wollen. Die matschkern mitunter, sie kritisieren etwas, manchmal zu Recht, manchmal zu Unrecht, aber dass man ihre Stadt immer nur schlechtmacht, wie es die ÖVP tut, das wollen die Wienerinnen und Wiener nicht. Deshalb werden Sie weiter so erfolglos sein, wie Sie sind. (Beifall bei der SPÖ. – GR Mag Wolfgang Jung: Ja, da spricht ein ganz besonders Erfolgreicher!) Ja, da spricht ein besonders Erfolgreicher, weil wir die erfolgreichste Partei sind. Wir haben seit 1919 bei allen Wahlen die relative Mehrheit, oft die absolute Mehrheit erhalten, und wir haben noch immer sehr viel mehr Stimmen als Sie. Wir sind eine sehr erfolgreiche Partei, da haben Sie durchaus recht, und diesen Weg des Dialogs und der konstruktiven Politik werden wir fortsetzen. (GR Mag Wolfgang Jung: Ja, machen Sie nur so weiter!)
Weiters noch zur Kollegin Feldmann, die also der Meinung ist, Wien ist überall an letzter Stelle. In der Mercer-Studie ist Bagdad letzte und Wien erste von 220 Städten. Also das muss man schon auch noch einmal dazusagen.
Sie hat auch von der Bildungspolitik gesprochen. Genau die ÖVP hat mir ihrer Bildungspolitik jede moderne Schulform, wie sie in England, in Finnland, in Schweden, in Frankreich seit Jahrzehnten gang und gäbe ist, verhindert. Weil Sie eben reaktionär und ewiggestrig sind.
Die ÖVP-Steiermark ist durchaus der Auffassung, dass man das Androsch-Bildungs-Volksbegehren unterschreiben kann. In der ÖVP-Steiermark hat sich das schon durchgesetzt, in der ÖVP-Wien mit 13 von 100 Mandaten findet man das noch immer für zutiefst ablehnungswürdig. – So stehen Sie da. Sie werden zu einer Randgröße, wenn Sie weiterhin nur diese vorgestrige Bildungspolitik vertreten.
Und Beruf und Familie als ÖVP-Wien überhaupt noch in den Mund zu nehmen, ist schon relativ mutig, wenn man bedenkt, dass durch die jahrzehntelange falsche ideologische Festlegung der ÖVP Beruf und Familie in Österreich eben nicht wirklich leicht vereinbar waren, weil man jahrzehntelang die Ansicht vertreten hat, die Frau gehört zu Kindern, Küche, Herd, gehört nicht in den Beruf oder soll vielleicht ein bisserl dazuverdienen, aber dass alle Frauen berufstätig sein sollen, hat man vom Grundsatz her nicht wirklich akzeptiert, wie es in Frankreich oder Schweden der Fall ist. Dort gibt es auch ganz andere Verhältnisse, und das hängt mit dem Familienbild zusammen.
Auch Andreas Khol, der diese falsche Politik immer mitgetragen hat, hat jetzt als Seniorenobmann immerhin irgendwann in einem „profil"-Interview gesagt: Wir sind da falsch gelegen, wir müssen in der Familienpolitik – er meint mit wir die ÖVP – umdenken, denn sonst werden wir nie zu einer Vereinbarkeit von Beruf und Familie kommen. Nehmen Sie Seniorenobmann Andreas Khol als Vorbild und schauen Sie, dass Sie nicht uns etwas vorwerfen, was Sie verursacht haben. Das soll Ihnen einmal ins Stammbuch geschrieben sein.
Weiters würde ich manches sagen können, möchte aber kurz nur auf den Kollegen Jung eingehen. Ich könnte natürlich mit Karl Kraus sagen, dazu fällt mir nichts ein, ich gehe aber doch auf zwei, drei Punkte ein.
Einmal die Einbrüche. Es gibt Einbrüche in Wien. Leider! Wir leiden alle darunter. (GR Mag Wolfgang Jung: Ja, da haben Sie recht!) Nur: Erstens kenne ich keine westeuropäische Stadt, in der es keine Einbrüche gibt – die müssten Sie mir einmal nennen –, aber dass in Österreich die Sicherheitssituation zwischendurch schlechter geworden ist, hat einen Namen: Schwarz-Blau. (GR Mag Johannes Gudenus, MAIS: Natürlich! Schwarz-Blau!) Kollege Gudenus, richtig erkannt! Aber
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