Gemeinderat, 10. Sitzung vom 28.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 113
Nun aber zurück zum konkreten Programm: Die diesjährigen Festwochen haben 26 Bühnenprogramme aufgeboten, und jetzt kommt es: Nur fünf davon waren in deutscher Sprache, und vier waren nur teilweise in Deutsch. Dazu ein Beispiel, nämlich die Produktion von Christoph Marthaler: Sie haben sie gesehen, und ich habe sie gesehen: „+-0. Ein subpolares Basislager“ war fünfsprachig, und um dem Inhalt folgen zu können, hätte man Grönländisch, Dänisch, Französisch, Englisch und – ach ja! – teilweise auch Deutsch verstehen müssen. – Überhaupt nicht eingehen möchte ich auf die diversen Kritiken zu diesem Experiment. Ich erlaube mir aber zusammenzufassen, und Sie können versichert sein: Die Kritiken waren überwiegend sehr negativ.
Apropos Kritik: Die Bilanz dieses Festivals der Beliebigkeit und Austauschbarkeit war höchst widersprüchlich. Und besonders fällt auf, dass man immer wieder auf jene Namen beziehungsweise Personen in der Kulturszene stößt, die der Welt und den zahlenden Zuschauern beweisen wollen, wie rückständig alle und vor allem wir, das Publikum, sind.
Was außerdem auffällt und zunehmend zum Ärgernis wird: Seit Jahren gibt es immer wieder dieselben Stilmittel. Es gibt kaum eine Aufführung ohne Video und ohne Leinwand. Die Sprache ist Nebensache. Die Verständlichkeit vieler Schauspieler ist nicht mehr gegeben, es wird geschrien, und man wälzt sich auf dem Boden herum. (GRin Martina Ludwig-Faymann. Was ist mit der italienischen Oper?)
Moment! Was heißt, italienische Oper? – Es ist ja nicht alles schlecht! Aber wir subventionieren ein Projekt mit 10 Millionen EUR, bei dem das die Hauptsache war! (GRin Martina Ludwig-Faymann: In der Oper wird auch nicht Deutsch gesprochen!)
Das können Sie aber nicht vergleichen! Das ist etwas anderes, als wenn ich ein Theaterstück sehe, in dem man sich auf dem Boden herumrollt und bei dem ich die Sprache nicht verstehe! In der Oper verstehe und liebe ich die Musik! Das können Sie wirklich nicht vergleichen! (GRin Mag Sybille Straubinger: Das ist Bildsprache!)
Dazu lese ich Ihnen jetzt eine Kritik vom 20.6. aus einer Zeitung vor – ich zitiere: „Aber was war auch von Besuchern der Festwochen heuer zu hören? Gelegentlich hätten wir auch gerne einmal etwas anderes gesehen und gehört, ganz normalen Shakespeare, Schiller oder Goethe ohne Gebrüll und ohne Popmusikgedröhne. Das wäre doch einmal eine tolle Abwechslung!“ – Zitat Ende. Das schreibt der „Falter“. (Beifall bei der FPÖ.)
Damit sind wir bei einem Thema, das ganz besonders in der Öffentlichkeit steht, nämlich bei den Führungspersönlichkeiten beziehungsweise Kulturverantwortlichen des Kulturfestivals.
Ich sage etwas zu Beginn, damit sie unsere Kritik besser verstehen können. Unsere Kritik gilt vor allem dem System, das Sie, Herr Stadtrat, und nicht ausschließlich die Organisatoren zu verantworten haben! Wir befinden uns seit Jahren in einer Phase der dramatischen Notwendigkeit des Sparens, und dabei fällt auf, dass sie sich als kulturpolitisch Letztverantwortlicher seit Jahr und Tag weigern, die Verträge und insbesondere die Höhe und Form der finanziellen Abgeltung des Direktoriums der Festwochen zu veröffentlichen.
Warum wollen wir das wissen? – Weil es viele Unklarheiten gibt! Erlauben Sie mir dazu bitte ein paar Fragen, die Sie mir vielleicht beantworten werden!
Die Wiener Festwochen dauern in der Regel vier bis sechs Wochen. Da wir leider nicht Bescheid wissen, stellt sich die Frage, wie sich zum Beispiel die Bezahlung der Festspielleitung gestaltet: wie viele Monatsgehälter, welche Zulagen, welchen Urlaubsanspruch, welche sonstigen Benefizien?
Warum frage ich das? - Ich gehe davon aus, dass der Beruf eines Intendanten ein Fulltimejob ist, das heißt: 12 Monate Arbeit, 12 Monate Bezahlung - oder es gibt über die gesetzlichen Bestimmungen noch mehr Gehälter - und, so nehme ich auch an, maximal sechs Wochen Urlaub. Wie ist es dann möglich, dass der Intendant mehrere Monate abwesend ist und währenddessen in anderen europäischen Städten beziehungsweise Städten der USA gleichzeitig inszeniert? Das sollte nur möglich sein, wenn es für ihn weniger als 12 Monatsgehälter gibt, also weniger Anwesenheitsverpflichtung. Daher wäre uns dieser Vertrag, ein Einblick in diesen Vertrag eigentlich sehr wichtig.
Und noch eine andere Frage: Herr Intendant Luc Bondy inszeniert zum Beispiel in London Schnitzler. Und er bringt dann diese Inszenierung zu den Festwochen. Ich frage Sie dazu: Gibt es hier eine gesonderte finanzielle Abgeltung?
Eine nächste Frage: Ich sagte schon, die Festwochen dauern maximal sechs Wochen. Wozu braucht man extra einen Intendanten für das Musikprogramm? Das wird ohnehin mehrheitlich vom Musikverein oder Konzerthaus abgewickelt. Wozu eine Schauspieldirektorin bei so gut wie keinen Eigenproduktionen? Es gibt dazu ohnedies einen Geschäftsführer. Das wäre sicherlich auch ein Bereich, wo der Sparstift angesetzt werden könnte und der als Tätigkeit allein vom Intendanten wahrgenommen werden könnte.
Und jetzt kommt noch eine Konstruktion, die den Steuerzahler nochmals Geld kostet: Luc Bondy ist bis 2013 Intendant der Wiener Festwochen, und ab 2012 ist er aber auch Direktor des Pariser Odeon Theaters. Wie geht das? Bekommt Herr Bondy jetzt weniger Gehalt in Wien - da sparen wir uns ja dann eine Menge ein -, da er sicherlich viel abwesend sein wird, oder zahlt Wien weiter sein volles Gehalt? Wie geht das alles?
Könnte eigentlich der Wiener Magistratsdirektor gleichzeitig Beamter, höchster Beamter der Stadt Linz sein? - Das geht ja auch nicht. Wie wollen Sie diesen Zustand dem Steuerzahler erklären?
Das ist aber kein Einzelfall, denn den Direktor des Theaters an der Wien, Roland Geyer, den schicken Sie nach Bregenz. In Wien ist er aber vertraglich bis 2016 gebunden. Die Seebühne kann aber nicht warten, sie muss vorplanen und vorarbeiten. Also bekommt der Herr Direktor zusätzlich einen Werkvertrag für Bregenz und wird somit zwischen Bodensee und Wien pendeln. Das heißt, seine Anwesenheit reduziert sich in Wien sicherlich deutlich. Bekommt er jetzt auch weniger Geld aus
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