Gemeinderat, 10. Sitzung vom 28.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 113
sagt eigentlich der Integrationsstaatssekretär zu einem solchen Schwachsinn?)
Ich rede jetzt einmal vom Budget und vom Rechnungsabschluss und von den Zahlen! Mit einem überzogenen Budget von 12,75 Millionen EUR reiht sich der Rechnungsabschluss der Gruppe Kultur und Wissenschaft in die Reihe der anderen Ressorts ein, die ihr Budget überzogen haben. Als Begründung wird angeführt, dass 5,3 Millionen EUR mehr für Forschung und Wissenschaft, 3,9 Millionen EUR mehr für das Jüdische Museum sowie 1,7 Millionen EUR mehr für andere Wiener Museen ausgegeben wurden.
Offenbar wurde der Voranschlag bewusst zu niedrig angesetzt, um Sparsamkeit vorzutäuschen, und im Hinblick darauf stellt sich für mich schon die Frage, was ein solcher Voranschlag überhaupt wert ist, wenn das Budget dann nicht rigoros eingehalten wird! Offenbar gibt es im ganzen Magistrat der Stadt Wien keine Konsequenzen, wenn Budgets maßlos überzogen werden! Somit bestätigt sich jetzt abermals, dass das Budget der Stadt Wien ein Traumbüchl ist, wie ich an dieser Stelle schon einige Male gesagt habe.
Nun zu meiner inhaltlichen Kritik am Kulturstadtrat: Es gibt offene Baustellen, Probleme mit Künstlerinnen und Künstlern und keine Entscheidungen oder kaum Entscheidungen.
Kommen wir zunächst zu den offenen Baustellen: Das Projekt, einen andauernden Dialog mit den Künstlern in Wien zu schaffen, ist auf der Strecke geblieben, denn dieses Projekt, das offenbar nur zur Beruhigung der Kunstschaffenden vor der Wahl gedacht war, schlummert oder ist – besser gesagt –offenbar beendet, meine Damen und Herren! Auf der Homepage „Wien denkt weiter" wird nicht mehr weitergedacht.
Einer von jenen, die das Projekt unterstützt haben, war Gerald Matt, Chef der Kunsthalle. Und wenn Sie, Herr Stadtrat, im „Kurier" vom 18. Juni von Intrige in der Kulturpolitik sprechen, dann müssen Sie anerkennen, dass die Konstruktion der Kunsthalle mitsamt der – unter Anführungszeichen – Vorarlberg Connection alles andere als besonders klug war! Als praktisch alleiniger Subventionsgeber behaupten Sie, dass Sie seit nunmehr elf Jahren und trotz zweimaliger Wiederbestellung von Gerald Matt als Kunsthallenchef keine Handhabe gegen dessen Bestellung und gegen sein Wirken haben, obwohl Sie wussten, wie sich Herr Matt persönlich gab, wie er seine Mitarbeiter für sich sozusagen in Gutsherrenmentalität einsetzte und dass er sich selbst fast 50 Prozent seiner theoretischen Anwesenheitszeit im MAK auf Reisen befand. Solange er gute Kontakte zu den entscheidenden Personen in der SPÖ pflegte, hielt man die schützende Hand über ihn.
Wir werden sehen, wie der Kontrollamtsbericht ausschauen wird, aber zu befürchten ist jedenfalls, wie wir aus den diversen Gutachten vorher wissen, dass darin stehen wird, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Das ist das wirklich Gefährliche in dieser Stadt, und ich hoffe, dass endlich einmal ein Exempel statuiert werden wird! (Beifall bei der ÖVP.)
Eine andere Baustelle im Kulturressort sind die Wiener Festwochen: Es ist dies ein leider in die Jahre gekommenes Festival, das mit 10,9 Millionen EUR subventioniert wird und dessen Chef gerne zwischen Wien und Paris pendelt.
Die neuen Chefs Markus Hinterhäuser und Shermin Langhoff sind vorerst einmal auf drei Jahre bestellt. Übrigens: Diese einmalige Bestellung ist eine Erfüllung der Wünsche der Wiener ÖVP für die Wiener Kulturpolitik: Wir haben eine Chance verdient, dass die Festwochen anders werden, als dies bis 2013 der Fall sein wird! Wir wünschen uns weniger Action, mehr Qualität und mehr von jenen Stücken, zu welchen die Wienerinnen und Wiener gerne hingehen. Wenn Barbara Petsch in der „Presse“ von mehr Humor beim Festwochenangebot spricht, dann kann ich ihr nur recht geben, meine Damen und Herren, denn ich frage Sie, Hand aufs Herz: Muss Kunst ständig weh tun?
Abschließend komme ich zu meinem oft wiederholten Lieblingsthema. (Zwischenruf von GR Ernst Woller.) Ich nehme es an!
Mein Lieblingsthema sind das Wien Museum und sein Depot. Als bekannt setze ich voraus, dass es äußerst unklug von StR Mailath-Pokorny war, eine Investitionssumme von 30 bis 70 Millionen für den Neubau des Wien Museums und eventuell auch des Museumsdepots zu nennen. Das Kontrollamt sprach bereits im Jahre 2006 im Zusammenhang mit dem Zustand des Depots von – unter Anführungszeichen – Gefahr in Verzug.
Erheiternd finde ich schön langsam die Diskussion über den Standort des zukünftigen Museums, ohne dass die Inhalte des Wien Museums wirklich diskutiert werden. Gerade in der inhaltlichen Diskussion wäre es wichtig, zu definieren, was ein Wien Museum neu sein soll. Geht man nämlich durch die derzeitige Dauerausstellung auf dem Karlsplatz, dann stellt man fest, dass Wiens Geschichte 1910 im Museum zu Ende ist. Man findet auf den drei Ebenen kaum einen Ausstellungsgegenstand, der mit einer späteren Zeit zu tun hat. Weit und breit gibt es keinen Gegenstand, der die Entwicklung in Wien seit 1918 zeigt und erklärt. Die letzten 100 Jahre fanden offensichtlich nicht statt.
Offenbar macht nämlich die vielfältige Förderung der SPÖ-Geschichte unter diesem Aspekt Sinn. Ich erinnere an den Verein Wiener Filmarchiv der Arbeiterbewegung, den auch Herr Kollege Troch und meine Kollegin Isabella Leeb heute schon angesprochen haben, wo Subventionen von über 105 000 EUR in Personalsubventionen für drei Personen unter Führung des erwähnten Gemeinderates umgewandelt wurden. Ungeniert stimmte dieser Gemeinderat nämlich in eigener Sache ab. Meine Damen und Herren! Das ist das Demokratieverständnis der SPÖ hier in Wien! Und der grüne Kulturvertreter machte gute Miene zum bösen Spiel und stimmte zu. Pro forma wurde diese Abstimmung dann nach unserem Hinweis, dass sich das nicht gehört, wiederholt. (Beifall bei der ÖVP.)
Nun aber zurück zum Wien Museum und seinem Depot: Vor einigen Tagen – Herr Kollege Troch hat davon gesprochen – wurde im Altstadterhaltungsfonds mit Mehrheit beschlossen, 355 000 EUR in die Sanierung
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