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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 28.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 113

 

nur eines dieser Kinder Deutsch als Herkunftssprache hat und alle anderen die Sprache der Herkunftsländer ihrer Eltern sprechen. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Horchen Sie zu, ich erzähle es Ihnen kurz! Ich bin sehr viel im Theater, aber ich sehe Sie nie, deswegen erzähle ich Ihnen das Theaterstück!

 

Ich bin sehr viel im Theater, und ich sehe niemanden! Herrn Dworak sehe ich manchmal bei den Symphonikern, aber sonst sehe ich niemanden von Ihnen jemals in einem Theater in Wien! Deswegen erzähle ich Ihnen das jetzt! (Zwischenruf von GRin Ing Isabella Leeb.) Na eben! Sie interessieren sich auch nicht für Kunst! Das einzige Theater, das Sie machen, ist zwei Tage im Monat im Gemeinderat! (Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN.)

 

Ich möchte Ihnen daher jetzt das Stück erzählen, das ist mir ein Anliegen. Das ist nämlich ein richtig gutes Stück, und Sie versäumen etwas!

 

Die Kinder wachen also auf und kommen dann drauf, dass sie eine gemeinsame Sprache haben, nämlich Deutsch. Und dann versuchen sie auf dieser Insel mit dieser gemeinsamen Sprache Deutsch so etwas wie eine Ethik des Zusammenlebens zu entwickeln. Das spielen lauter 13-Jährige 2 Stunden lang im Dschungel, das Stück heißt „Insel X“, inszeniert ist es von Asli Kislal, und gefördert ist es vom Verein Wirtschaft für Integration.

 

Und ich sage Ihnen: Ich habe mir sehr viel angeschaut, ich habe sehr viele gute Sachen gesehen, ich habe auch einige mittelmäßige Sachen und auch schlechte Sachen gesehen. Bei diesem Stück sind mir als einzigem Stück während der Aufführung die Tränen gekommen, weil es so ergreifend ist! (GRin Henriette Frank: Ich freue mich für Sie!) Ja, das ist schön! Das kann Kunst, dass einem gestandenen Politiker die Tränen kommen! Und das ist gut so! Das soll Kunst können. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Diese Kinder, die ihre Geschichte erzählt haben, und diese Geschichten von Kindern aus unterschiedlichsten Herkunftsländern, von Menschen, die Wiener und Wienerinnen sind, für die wir die verdammte politische Verantwortung haben, dass sie gut miteinander leben können, sollen auf die Bühne gebracht werden, und wir werden das ermöglichen, ob Ihnen das passt oder nicht! Wir werden diese Menschen unterschiedlichster Herkunftsländer auf die Bühne bringen, sichtbar machen und ihre Geschichten aufgreifen.

 

Meine Damen und Herren! Das ist es, was Kultur und Kunst können, und das fördern wir. Nach diesem Stück ist ein 13-jähriges Mädchen türkischer Herkunft aufgestanden. Sie war relativ dick und hat gesagt: Ich habe mich noch nie getraut, irgendwo öffentlich zu reden, ich bin überhaupt wahnsinnig schüchtern, ich habe mit den meisten Klassenkameraden noch kaum geredet, geschweige denn, dass ich einmal vor einer Klasse aufgetreten wäre. Jetzt aber, nachdem wir dieses Stück gemacht haben und ich hier Theater spielen durfte, kann ich mich auf die Bühne stellen und sagen: Jetzt stehe ich da und kann mich zeigen, und ich habe keine Angst mehr vor euch, sondern ich zeige mich so, wie ich bin!

 

Das, meine Damen und Herren, kann Kunst, das kann Kultur, und das ist genau die Art von Kultur, die wir fördern wollen, anstatt irgendeines Rückgriffs auf das 19. Jahrhundert, so wie Sie das gerne hätten. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Und in diesem Sinne werden wir auch in allen anderen Bereichen vorgehen. In diesem Sinn haben wir mit der Bestellung von Markus Hinterhäuser und Shermin Langhoff für die neue Festwochenintendanz ein sehr deutliches Signal gesetzt.

 

In diesem Sinne werden wir demnächst auch die Evaluierung der Theaterreform vorantreiben, und zwar auch gemeinsam mit den Menschen. In diesem Sinne werden wir diesen ganzen Komplex postmigrantischer Kultur angehen. Wir werden eine Person für den kulturellen Brückenbau bestellen. Wir werden uns um all diese Dinge kümmern.

 

Ich teile ja zu einem großen Teil Ihre Kritik. Sie wissen das! Ja. Ich teile zu einem großen Teil auch Ihre Kritik an den Vereinigten Bühnen. Hier wurden lange Zeit für zu viel Geld Dinge gemacht, die nicht zu 100 Prozent einen kulturpolitischen Anspruch oder einen sonstigen künstlerischen Anspruch erfüllen. Und deswegen ... (GR Mag Wolfgang Jung: Kritisieren Sie den Koalitionspartner!) Ja! Natürlich kritisieren wir auch den Koalitionspartner. Ich kritisiere sogar meine Parteikollegen und Parteikolleginnen, und ich werde Ihnen etwas verraten: Manchmal streite ich sogar mit meiner Frau! (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wir schätzen und respektieren einander, und wir kritisieren einander auf Augenhöhe, offen, ehrlich und mit Respekt. Und das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns! Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns! (Zwischenruf von GRin Ing Isabella Leeb.) Selbstverständlich tun wir das! Gerade auf Grund dieser Kritikfähigkeit und dieser großartigen Zusammenarbeit, die wir unserer Kritikfähigkeit und unserem Anspruch verdanken, dass wir miteinander etwas bewegen wollen, entsteht in dieser Stadt etwas!

 

Ich kann Ihnen sagen: Auch die Vereinigten Bühnen Wien stehen selbstverständlich unter unserem kritischen Auge, und zwar nicht nur unter unserem kritischen Auge! – Sie haben gesagt, kritisieren Sie den Koalitionspartner: Fragen Sie einmal in der Stadt! Dann werden Sie erfahren, wie oft Ernst Woller und ich herumrennen und versuchen, uns zu informieren, Dinge anzuregen und aufzugreifen. Wir werden gemeinsam gesehen, und manchmal streiten wir auch mit den Institutionen. Fragen Sie einmal herum! Aber Sie gehen ja nirgends hin! Sie kennen sich ja nicht aus!

 

Fragen Sie einmal herum! Ernst Woller und ich rennen die ganze Zeit durch die Stadt und versuchen, gemeinsam mit den Leuten die Dinge besser zu machen. Und so werden wir auch bei den Vereinigten Bühnen vorgehen: Wir werden uns gemeinsam mit sehr kompetenten Menschen anschauen, wie man auch bei den Vereinigten Bühnen den kulturpolitischen Auftrag nachjustieren kann.

 

Und ich kann Ihnen noch etwas sagen: Was im Koalitionspapier steht, ist für uns Gesetz. (Ironische Heiterkeit von GR Mag Wolfgang Jung.) Und in diesem Gesetz

 

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