Gemeinderat, 6. Sitzung vom 31.03.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 100
raten Ausbau könnten wir 10 Prozent bekommen, wenn das Ökostromgesetz die Voraussetzungen schafft.
Ähnliches gilt bei der Fotovoltaik. Da könnte ein Boom entstehen, die Leute wollen das! Wir haben Anträge beim Klimafonds, die bis ins Jahr 2020 reichen, damit die entsprechenden Anreize geschaffen werden. Wir deckeln das. Na, ist das eine Perversion?
Das Problem ist – so sage ich jetzt selbstkritisch –: Offensichtlich gelingt es uns nicht, das der Öffentlichkeit klarzumachen, sonst würden die Verhinderer dieses Gesetzes von den Bürgerinnen und Bürgern des Landes mit dem nassen Fetzen verjagt werden.
Wien trifft das besonders. Das muss ich jetzt schon in Richtung ÖVP sagen. Wir machen den sehr moderaten Antrag, dessen Kernsatz lautet: „Zu den wichtigsten Rahmenbedingungen gehört die Abschaffung einer Deckelung bei Ökostromanlagen." Ich freue mich, dass die Sozialdemokratie das auch unterstützt. Ich weise darauf hin, welche Partei das nicht unterstützt: Das ist die ÖVP. Wir sind hingegangen, haben ihr diesen Antrag gezeigt. Ich habe gesagt: He, super dass ihr auch gegen Atomenergie seid! Seid ihr für die Förderung von Ökostrom? Dann müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen! – Was hat die ÖVP gesagt? Nein, sie will diesen Antrag nicht unterzeichnen.
Also, es gibt einen Grund, warum auf der Ökostromseite nichts weitergeht, Herr Stiftner, und dieser Grund lautet unter anderem Österreichische Volkspartei, die in der Geiselhaft der Industriellenvereinigung – und ich sage es noch einmal – folgendes Ziel vertritt: Strom hat eine einzige Aufgabe, er muss so billig wie möglich sein! Wenn Ökostrom so billig wie möglich sein kann, na, dann sind wir ohnehin dafür! (GR Dipl-Ing Roman Stiftner: Das ist ein Blödsinn!)
Nein – und das müssen wir auch der Öffentlichkeit klarmachen –, erneuerbarer Strom macht die Stromrechnung, die Kilowattstunde nicht billiger. Ich habe den Vergleich schon mit dem Wasser gebracht. Sauberes Wasser aus den Bergen braucht auch eine Wasserleitung. Wir könnten auch aus der Dachrinne trinken, das ist wahrscheinlich billiger. Dafür bekommen wir Durchfall. Es gibt einen Grund, und wir sind stolz aufs Wasser. Es hat Voraussetzungen. Ich möchte diesen Antrag vorlesen.
„Der Wiener Gemeinderat ersucht die Bundesregierung sowie den österreichischen Nationalrat, bei der Novelle des Ökostromgesetzes attraktive und stabile Anreize zu schaffen, damit das vorhandene Potenzial von erneuerbaren Energien, vor allem von Solar- und auch Windkraftstrom endlich genutzt wird. So soll neben der Wasserkraft eine stark wachsende weitere Säule erneuerbarer Stromerzeugung als Alternative zur Atomenergie etabliert werden. Zu den wichtigsten Rahmenbedingungen gehört die Abschaffung einer Deckelung bei Ökostromanlagen."
Ich lasse den Antrag hier gerne liegen, vielleicht findet sich noch jemand von der ÖVP. Warum er gegen den Antrag ist, muss der Herr Stiftner uns einmal erklären. Und ich würde mich wirklich freuen ... (Zwischenrufe von GR Dipl-Ing Roman Stiftner.) Ihr stimmt dem zu? Wunderbar! (Beifall bei den GRÜNEN.) Na schau! Die Frage war, ob ihr da draufgeht. Draufgehen wollt ihr nicht? (Zwischenruf von GR Dipl-Ing Roman Stiftner.) – Ihr stimmt dem zu. Okay. Es soll ja noch einmal Zeichen und Wunder geben, dass die ÖVP dem zustimmt. (Beifall bei den GRÜNEN. – GR Mag Rüdiger Maresch: Und sie bewegt sich doch, die ÖVP!) Das möchte ich ausdrücklich anerkennen.
Ein Kopfschütteln in den Reihen. Wir werden bei der Abstimmung sehen, was da passiert.
Zurück zu Wien – ganz kurz noch, keine 14 Minuten –: Es reicht aber nicht, Ökostrom auszubauen, wenn der Stromverbrauch so explodiert. Ich halte jetzt keine große Rede über die gesamthafte Zunahme des Stromverbrauchs. Ich möchte einen einzigen Punkt hervorheben. In welchem Bereich haben wir die stärksten Zuwachsraten des Stromverbrauchs in den letzten fünf Jahren? Das sind die Klimaanlagen. Hat sich das Klima in Wien in den letzten fünf Jahren so dramatisch geändert, oder hat das vielleicht mit einer gewissen Form des Bauens zu tun? Meine These ist: mit Zweiterem.
Wenn man offenen Auges durch Wien geht und sich vor allem Büro- und Gewerbegebäude anschaut, dann sieht man eine große Vielzahl an Baustoff Glas. (GR Mag Wolfgang Jung: Man sieht Glasfassaden!) Und Glas tendiert wozu? Glashäuser, was passiert in einem Glashaus? Ich muss das jetzt einmal so sagen: Wenn man ein Glashaus macht und die Sonne draufscheint, wird es innen warm. Wenn man Häuser aus Glas baut oder Shoppingcenter aus Glas baut, was wird es drinnen? Warm. Zum Beispiel an einem Tag wie heute, meine Damen und Herren, laufen eine Reihe von Klimaanlagen in Wien auf Hochtouren, obwohl es draußen kühler ist, als man es brauchen sollte.
Wir haben im Regierungsübereinkommen – jetzt nickt die FPÖ, das freut mich! – einen Punkt festgeschrieben, der genau das aufgreift und sagt: Es soll vor der Neuwidmung – und darum gibt es unter anderem die Magistratsabteilung 20 – darauf geachtet werden und Einreichende vor allem von Büro- und Geschäftsprojekten gefragt werden: Sag einmal, wie haltet ihr es denn mit dem Stromverbrauch?
Allein die Tatsache, dass das drinsteht ... Wir haben bereits begonnen, das zu kommunizieren. Und natürlich sind auch im Ressort Projektwerber, die das mit Interesse zur Kenntnis genommen haben. Man kann nämlich auch solche Baustoffe verwenden und Technologie einsetzen, dass es ohne Klimatisierung an einem Tag wie heute nicht 55 Grad drinnen kriegt. Du spürst in diesen Gebäuden regelrecht, wenn du hineingehst, wie der Stromverbrauch auf Hochtouren geht, damit es da nur 20 oder 22 Grad oder 24 Grad statt 40 Grad an einem Tag wie heute hat. Das sei als kleines Beispiel von ganz vielen genannt.
Wir können Ökostrom noch so ausbauen, wenn wir auf der Verbrauchsebene nicht begrenzend sind. Kein Mensch braucht für sein Leben unmittelbar Strom. Was wir brauchen, ist: Es soll im Winter warm, es soll im Sommer nicht zu heiß sein, wir brauchen Bewegung, wir brauchen Energiedienstleistungen. Im Wohnbau hat die
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