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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 86 von 115

 

auf über 700 ha wird Weinbau betrieben. Die Landwirtschaft prägt in einigen Wiener Bezirken noch immer das Landschaftsbild. So wird der Wiener Ackerbau größtenteils im 10. Bezirk sowie im Norden und Osten Wiens, damit meine ich den 21. und 22. Bezirk, betrieben, die Gemüseproduktion ist größtenteils im 11. Bezirk, meinem Heimatbezirk, sowie im 22. Bezirk konzentriert.

 

Die Wiener Weingärten erstrecken sich an den Hängen des Kahlenbergs, des Nußbergs sowie am Fuße des Bisambergs, übrigens alles gern und oft besuchte Ausflugsziele der Wiener Bevölkerung.

 

Die Wiener Gemüsebauern produzieren größtenteils in modernen und durchaus auch international wettbewerbsfähigen Glashäusern und Folientunnel der heutigen Zeit und Technologie entsprechend in Nährstofflösungen statt Mutterböden Gurken, Paradeiser, Salat und Paprika. Zusätzlich werden auf den Wiener Äckern mit insgesamt 180 ha Fläche unter anderem Karotten, Salat, Fisolen und Spinat als Feldgemüse angebaut. Unsere Wiener Gemüsegärtner produzieren in Familienbetrieben schonend und sorgfältig qualitätsvolles Frischgemüse für uns alle. Sie produzieren über die gesamte Frischgemüsesaison von immerhin Ende Februar bis in den November hinein sieben Tage die Woche für die Wiener Bevölkerung. Verschiedene Gemüsearten können mehrmals im Jahr angebaut und geerntet werden. Dies und der hohe Flächenertrag machen den Gemüsebau zur produktivsten landwirtschaftlichen Sparte. Gärtnerinnen und Gärtner erwirtschaften auf nur 9 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Wiens beachtliche 56 Prozent der agrarischen Endprodukte. Der Flächenbedarf zur Versorgung der Einwohnerinnen und Einwohner unserer Stadt ist beträchtlich. Alle Landwirtschaftsflächen in Wien würden theoretisch ausreichen, um den Gemüsebedarf eines Jahres zu decken. Für die Ernährung werden in Wien pro Kopf und Jahr durchschnittlich fast 800 kg Agrarprodukte verbraucht. Die wichtigsten Gemüsekulturen sind Häuptelsalat, Salatgurken, Karfiol, Radieschen, Bummerlsalat und Paradeiser. Im Stadtgebiet werden pro Jahr mehr als 50 000 t Gemüse produziert. Das entspricht etwa einem Drittel der in Wien verbrauchten Gemüsemenge. Schulen, Kindergärten, Spitäler und Altersheime der Stadt Wien sind unter anderem Großabnehmer für biologisch in Wien produziertes Lebensmittel.

 

Ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor der Wiener Landwirtschaft ist der Weinbau. Weinbau in Wien hat Tradition und wurde in Wien bereits von den Kelten und Römern betrieben. Wien hat wohl als einzige Großstadt in Europa, wenn nicht sogar weltweit, Weingärten in einer Größenordnung von über 700 ha. Jährlich werden von rund 330 Weinbäuerinnen und Weinbauern 2 bis 2,5 Millionen Liter Wein produziert. Ein Wein, der von der Qualität her ganz sicher im nationalen, aber auch im internationalen Wettbewerb mithalten kann. Eine Wiener Weißweinspezialität, und die einen oder anderen von uns werden sie sicher kennen, ist zum Beispiel der für Wien nicht unbekannte und gern getrunkene Gemischte Satz. Der Großteil des in Wien produzierten Weines wird direkt an die Konsumentinnen und Konsumenten verkauft, vor allem bei den weltberühmten Wiener Heurigen.

 

Die Wiener Landwirtschaft, meine Damen und Herren, zeichnet sich durch folgende Punkte aus und diese gilt es besonders hervorzuheben: Die Wiener Landwirtschaft ist Nahversorger für gesunde Lebensmittel, bietet den Vorteil von kurzen Transportwegen sowie von frischen und natürlichen Produkten. Des Weiteren dient sie zur Sicherung von tausenden Arbeitsplätzen und sie ist sehr wohl auch ständiger Auftraggeber für die Wirtschaft. Nicht zuletzt, meine Damen und Herren, ist die Wiener Landwirtschaft Verantwortungsträger für unseren Lebensraum und auch mitverantwortlich für eine nachhaltige Landschaftspflege zur Sicherung unserer Umwelt. Dies alles, meine Damen und Herren, sind Leistungen der Wiener Landwirtschaft, die unser aller Respekt und unser aller Anerkennung verdient. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren! Die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft ist österreichweit leider als schwierig zu bezeichnen. In Wien kommen zu der allgemein schwierigen Lage noch ganz spezifische Probleme hinzu. Es ist leider eine Tatsache, dass das wirtschaftliche Überleben der Wiener Landwirtschaft und speziell der Gemüsebauern in der heutigen Zeit trotz des bei der Bevölkerung immer mehr zunehmenden positiven Umweltgedankens kein leichtes ist. Immer mehr Billigimporte treiben unsere Wiener Produzenten auf Grund des Preisdruckes in den wirtschaftlichen Ruin. Hier sollten sich die politisch Verantwortlichen dieser Stadt noch stärker durch entsprechende Marketingmaßnahmen dafür einsetzen, dass Gemüse aus Wien mehr Zuspruch bei der Bevölkerung erlangt und dadurch unsere Wiener Landwirtschaft leichter überleben kann. Hier wäre es zum Beispiel durchaus sinnvoll, die Schaffung von Bauernmärkten voranzutreiben oder, wie es ja heute schon teilweise passiert, die Versorgung der Kinder in Schulen und Kindergärten mit frischem Wiener Gemüse noch mehr zu fördern. Vor allem in den großen Stadterweiterungsgebieten im Norden sowie im Nordosten als auch die im Süden Wiens entstandenen Wohnhausanlagen auf ehemaligen landwirtschaftlichen Flächen setzen die verbliebenen Bäuerinnen und Bauern durch die Verbauung verstärkt unter Druck. Die Landwirte brauchen nun einmal für ihre Arbeit große sowie langsam fahrende Maschinen. Die Feldarbeit ist einmal laut und verursacht Staub. Das kann natürlich, meine Damen und Herren, zu Konflikten mit der dort ansässigen Wohnbevölkerung führen.

 

In den alten Ortskernen, zum Beispiel in Strebersdorf, Leopoldau, Hirschstetten, Kaiserebersdorf und Inzersdorf, gibt es heute nur mehr vereinzelt landwirtschaftliche Betriebe. Diese – Klammer: letzten Bauern - werden zunehmend vom Stadtverkehr behindert. Sie haben Probleme mit dem Unverständnis ihrer urbanen Nachbarschaft. Die Entwicklung, das ist auch ein ganz ein wichtiger Aspekt, den es heute hier zu durchleuchten gilt, der Grundstückspreise, meine Damen und Herren, ist ebenso ein entscheidendes Kriterium für die wirtschaftliche Situation der Landwirtinnen und Landwirte in unserer Stadt. Die Schere zwischen Grünland- und Baulandpreisen geht kontinuierlich auseinander. Das Interesse an Baulandwidmungen nimmt daher stark zu. So

 

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