«  1  »

 

Gemeinderat, 63. Sitzung vom 01.07.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 26

 

Jetzt hat aber die Katholische Kirche wenigstens nur das Oberhaupt, das unfehlbar ist, das wäre bei Ihnen der Bürgermeister. Hingegen bei der Wiener SPÖ ist es das gesamte Kardinalskollegium, alle Stadträte sind bei Ihnen unfehlbar, meine Damen und Herren. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Und nicht nur diese! Wenn man so das Rosenkranz Beten der Abgeordneten von Ihnen in den letzten Tagen gehört hat, dann sind ja quasi auch die Hohen Priester bei Ihnen ebenso unfehlbar. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sie lassen keine Kritik zu, meine Damen und Herren, Sie machen grundsätzlich einfach keine Fehler, und wenn, dann wird alles unter den Tisch gekehrt in einer Art und Weise, dass die Kollegen von der MA 48 ihre Freude hätten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es wäre vielleicht jetzt für die Historiker unter uns noch ganz interessant, wenn Sie uns dann aufklären könnten für die Annalen, auf welchem Parteitag der SPÖ diese Unfehlbarkeit festgeschrieben wurde.

 

Aber wenn wir schon bei der Katholischen Kirche sind, Sie wissen, die Katholische Kirche hat auch Heilige, die immer wieder, wenn Unheil droht, angerufen werden. Das hat auch die SPÖ. Also ein weiterer klerikaler Zusammenhang. Sie haben einen Schutzheiligen, und wenn Unheil droht, wenn Ungemach droht, wenn Kritik von außen kommt, wenn man bei etwas erwischt wird, immer, wenn es eng und schlimm wird, wird dieser Schutzheilige, dieser Schutzpatron angerufen, und zwar handelt es sich um den Heiligen Mercer. (Lebhafte Heiterkeit. – Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Der Heilige Mercer muss für alles herhalten! Wann auch immer Kritik kam in der letzten Zeit, meine Damen und Herren, stehen Sie heraußen und rufen den Heiligen Mercer an: Mercer! Mercer! Mercer! Alles wird gut! (Neuerliche Heiterkeit.) Dabei habe ich Ihnen von dieser Stelle schon einmal gesagt, es gibt auch andere Mercer-Studien, wo Wien gar nicht in den ersten Rängen drinnen ist. Es ist immer nur eine Frage des Standpunktes.

 

Aber Wien ist eine tolle Stadt. Ich glaube, dieses Liebesbekenntnis haben ja alle in den letzten Tagen hier abgegeben. (Beifall bei der ÖVP.) Es geht ja gar nicht darum zu sagen, dass Wien schlecht wäre, meine Damen und Herren, nur, wir haben einen ganz gravierenden Punkt in der Betrachtung, in dem wir uns unterscheiden: Wien ist eine tolle Stadt trotz SPÖ und nicht wegen SPÖ. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Jetzt stellen Sie sich einmal vor, welches enorme Potenzial diese Stadt hätte, wenn es nicht eine Stadtregierung gäbe, die in ihrer völligen Selbstgefälligkeit erstarrt ist, wenn es eine Stadtregierung gäbe, die Visionen hat (Zwischenruf von VBgm Dr Michael Ludwig.) – na, du bist eh noch einer der Agilen, wie man sieht –, die Visionen hat, die nicht nur verwaltet, sondern die auch einen Gestaltungswillen zeigt. (GR Heinz Hufnagl: Zum Beispiel eine Staatssekretärin, die nie ins Rathaus kommt, wie die Frau Marek!) Zu Marek werden wir dann schon noch ein bisschen kommen. Wenn du mir schon das Stichwort gibst, komme ich auf einen guten Punkt.

 

Also die Frau Staatssekretärin Marek und die SPÖ: Wir wissen ja, wenn man lange hier herinnen ist, alles, was Kritik betrifft, ist Majestätsbeleidigung, und da reagiert man dann manchmal auch ein bisschen wehleidig. Und so eine wehleidige Reaktion, die über das Normalmaß schon hinausgeht, haben wir auch vom Herrn Klubobmann Lindenmayr gehört, nämlich in seiner Reaktion auf die Ankündigung, dass dieser heutige Sondergemeinderat stattfinden wird. Er hat nämlich gesagt: Die Ankündigung Mareks nach einem weiteren Gemeinderat zu diesem Thema grenzt an Missbrauch demokratischer Strukturen.

 

Gut. Ich nehme zur Kenntnis, dass ein ganz normales demokratiepolitisches Mittel, nämlich in einem Sondergemeinderat über Missbrauch von Steuergeld, über Verfehlungen der letzten Periode zu diskutieren, bei Ihnen ein Missbrauch von demokratischen Strukturen ist. Da kann ich nur sagen: Herr Klubobmann Lindenmayr, bitte lernen Sie Demokratie! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Aber wenn wir schon beim Fettnäpfchenhüpfen sind, dann wollen wir auch ordentlich hineintauchen. In derselben Aussendung, Herr Kollege Lindenmayr, sagen Sie dann: Christl wünscht – wir spielen! Dieses Spiel immer mit dem Vornamen der Frau Staatssekretärin, das wir ja schon in einigen Aussendungen hatten, meine Damen und Herren, das ist schon nicht nur sehr despektierlich, sondern das ist diskriminierend. Und da möchte ich einmal die weiblichen Abgeordneten bei Ihnen in der Fraktion fragen: Wo ist da Ihr Aufschrei? Ist das normal, eine Staatssekretärin immer beim Vornamen zu nennen und herunterzumachen? Haben wir irgendwas von Renate, der Schuldenmacherin, gesprochen in den letzten Tagen? Das ist eine Frage von Stil. Die einen haben ihn, die anderen nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Nun aber zum System SPÖ. Das System SPÖ ist, wie der Herr Klubobmann Tschirf schon gesagt hat, ein System der Skandale, ist ein System der Fehlplanungen und ist, wie wir in den letzten Jahren gesehen haben, ein System der Steuergeldverschwendung. Und wer wäre berufener als Institution in Wien als das Kontrollamt, diese Steuergeldverschwendung auch festzuschreiben?

 

Als Mitglied des Kontrollausschusses möchte ich jetzt ein paar der Berichte der letzten Legislaturperiode, also der fünf Jahre, mit Ihnen gemeinsam noch einmal durchgehen. Ich muss sagen, in der Vorbereitung darauf war ich selber überrascht. Ich meine, man hat ja ein Kurzzeitgedächtnis, und man vergisst ja manches schon wieder, was vor vier oder fünf Jahren war, aber wenn man sich das in der Dichte noch einmal vor Augen führt, was da an Steuergeld verschwendet wird in Wien, wofür die SPÖ verantwortlich ist und was das Kontrollamt ja auch alles feststellt, das ist schon enorm.

 

Und es gibt noch einen zweiten Grund, warum ich glaube, dass das durchaus heute einmal auch in einer Sondersitzung diskutiert werden sollte. Irgendwie ist ja das Kontrollamt mit seinen Berichten immer nur der demokratiepolitische Wurmfortsatz im Gemeinderat, der irgendwann zu später Stunde diskutiert wird. Also ich glaube, die Kontrollamtsberichte sind es durchaus wert, auch einmal genauer betrachtet zu werden. Deshalb machen wir jetzt gemeinsam ein kleines „Best of Kontrollamt" der abgelaufenen Periode. (Beifall bei der ÖVP.)

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular