Gemeinderat,
57. Sitzung vom 26.02.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 111
zu werden und hinzugehen. Es gab keine
Verständigung, es gab keine Einladung der Stadtwahlbehörde vor der
Volksbefragung! Gab es nicht! - Es gab eine einzige Sitzung der Stadtwahlbehörde,
zur Bestätigung des Ergebnisses. Vorher gab es nichts! Zumindest ist keine
Einladung zu uns in den Klub, zu mir persönlich und zu Robert Korbei, der mit
mir in der Stadtwahlbehörde sitzt, gekommen. Es gab keine! (GR Godwin
Schuster: Stadtwahlbehörde nicht! Bezirkswahlbehörde!)
Nein, ganz kurz: Die Bezirkswahlbehörde ist
von sich aus auch nicht aktiv geworden. Darum geht es nicht.
Und wenn man sich dann die statistischen
Daten anschaut und überlegt - und es geht ja weiter, man kann sich das
anschauen: Über die gesamte Summe liegt der Anteil der nicht einbezogenen
Wahlkarten - ich habe es heute schon einmal gesagt - so grob zwischen 9 und
15 Prozent. Und es sind genau der Bezirk Hietzing und der Bezirk Penzing -
wenn ich es richtig im Kopf habe, ist das de facto eine Bezirkswahlbehörde, nämlich jene am Hietzinger Kai -, wo es nur
1 Prozent und 2 Prozent sind? - Entschuldigt, da rennt irgendetwas
nicht richtig! Das muss doch einfach auffallen!
Und ich kann Ihnen auch sagen, wie zum Teil
die hohen Anteile mit 27 Prozent erklärbar sind. Wir haben dann noch einen
zweiten Bezirk, der eine dramatisch angestiegene Nichteinbeziehung von
Wahlkarten aufweist, das ist der 5. Bezirk. Dort sind es 25 Prozent
der Wahlkarten. Warum, glauben Sie, ist das der Fall? Das würde mich natürlich
mindestens so interessieren. Aber es kann schon sein: Da hat jemand einfach ein
Packerl Wahlkarten gefunden und hat es in den Briefkasten hineingeworfen! -
Gott sei Dank haben wir die Wahlbehörde, die jetzt sagt, nein, die sind nicht stimmberechtigt.
Aber es hat auch die Intelligenteren
gegeben, die haben halt irgendeinen Namen draufgeschrieben. Denn jeder von uns
weiß: Die Wahlbehörde ist nicht in der Lage zu überprüfen, zu welchem Zeitpunkt
eine Stimmkarte ausgefüllt wurde. Dazu ist sie nicht in der Lage. Die
Wahlbehörde ist nicht einmal in der Lage zu überprüfen, ob die Unterschrift
echt ist. Das ist sie nicht. Wie sollte sie das auch sein?
Das heißt, dass bei dieser
Volksbefragung ... (GR Mag Jürgen Wutzlhofer: Kann es sein, dass die
Grünen auf Bundesebene einer Erleichterung der Briefwahl zugestimmt haben? Kann
das sein? Ist das gut oder schlecht?) - Sofort.
Das heißt, dass bei dieser Volksbefragung
der Wahlmanipulation tatsächlich Tür und Tor geöffnet war.
Dennoch: Das Ergebnis ist das Ergebnis. Das
inhaltliche Ergebnis nehme ich - trotz Suggestivfragen et cetera - zur
Kenntnis. Ich war nicht überzeugt davon, dass die City-Maut, selbst nach
unserem Modell, wenn man sie abfragen würde, eine Mehrheit finden würde. Nein, wir müssen die Menschen dafür begeistern! Genauso, wie ich davon überzeugt
war, dass die Leute den 24 Stunden Betrieb, den Betrieb rund um die Uhr wollen,
dass sie die Hausmeister wollen und die anderen Punkte. Nur: Das hätte man
billiger auch haben können! Aber mit der direkten Demokratie darf man nicht so
spielen, und die darf man nicht so missbrauchen! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Und jetzt komme ich zu dem, was die GRÜNEN
auf Bundesebene gemacht haben:
Ja, Erleichterung der Briefwahl. Ich persönlich – ihr hier im Gemeinderat wisst
es - habe hier dagegen gestimmt. Ihr wisst es, dass wir auch grünintern
bezüglich Briefwahl unterschiedliche Meinungen haben. Aber der zentrale Punkt
sozusagen - diese acht Tage, habe ich gesagt, das war die Frage der
Auslandsösterreicher: Ich glaube immer noch, dass die Briefwahl der erste
Schritt zur Aufhebung des geheimen Wahlrechts ist. (Beifall von GR
Mag Wolfgang Jung.) Ich halte Wählengehen für einen tatsächlichen Akt,
einen selbstbestimmten Akt, der erkämpft wurde und den man nicht so
geringschätzig - möglicherweise dann auch noch mit dem Schritt, dass wir
irgendwann vom Internet aus wählen - abtun kann. (Neuerlicher Beifall von GR
Mag Wolfgang Jung.) Ich halte Wählengehen für wichtig, und ich halte das
geheime Wahlrecht für eine Demokratie für unantastbar! - Und die Briefwahl
macht das.
Jetzt respektiere ich aber den Wunsch von
sehr vielen Menschen, die sagen, wir wollen eine Briefwahl. Aber dann bringen
wir sie bitte in geordnete Bahnen, damit hundertprozentig sichergestellt ist,
dass nach Vorliegen eines Wahlergebnisses nicht mehr gewählt werden kann! Darum geht es! Das wäre schon der erste Schritt.
Und – das ist jetzt ganz wichtig – der
Punkt, hinsichtlich dessen ich die größten Befürchtungen habe - das sage ich
gleich vorweg -, ist ein noch größeres Erleichtern der Briefwahl, wie es ein
bisschen von Bgm Häupl
durchgedrungen ist: diese Idee, automatisch ein Abo zu machen, oder
möglicherweise nun auf die Idee zu kommen, dass man hinkünftig auch bei Wahlen
die Stimmkarten einfach an die Meldeadresse schickt und schaut, was passiert. -
Ich warne davor! Das öffnet der Manipulation, das öffnet dem Stimmenkauf Tür
und Tor. Schon die jetzige Briefwahl!
Es gäbe viele
andere Möglichkeiten: Man kann zusätzliche Wahltage einführen - überhaupt kein
Problem. Man kann genau an dem Ort, wo man im Normalfall eine Stimmkarte
beantragt, von Beginn an eine permanente Wahlurne zum Einwerfen aufstellen. Das
kann man tun, das ist alles kein Problem - und das geheime Wahlrecht wäre
dadurch gesichert.
Bei der
Gemeinderatswahl wird es einige umstrittene Bezirke geben, wird es
möglicherweise auch ein umstrittenes Ergebnis geben. Wir wissen, dass der Trend
zur Stimmkarte, zur Wahlkarte steigt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass wir
bei der nächsten Wiener Bezirks-, Landtags- und Gemeinderatswahl einen Anteil
von bis zu 20 Prozent Briefwahlstimmen haben werden. - Na ja, es kann
spannend sein für den einen oder die andere, einfach zu warten, was am
Wahlsonntag herauskommt - dann hat meine Stimme nämlich mehr Gewicht, denn dann
weiß ich, wo sie verloren ist, und weiß, wo sie wirklich zählt. - Das ist
zutiefst gefährlich. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Jetzt
vielleicht noch ein Schmankerl: In Oberösterreich ist bei
den Landtagswahlen und
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