Gemeinderat,
56. Sitzung vom 27.01.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 93
durchaus stiefmütterlich behandelt werden. Ich denke einerseits an das
Bürgermeisterhaus im 1. Bezirk vom Bürgermeister Hanns von Thau, das ebenfalls im
Besitz von Wiener Wohnen ist, oder als prominenteres Beispiel würde ich das
Rathaus zitieren, das durchaus nicht in optimalem Zustand ist. Hier frage ich
mich schon, ob genug Mittel dafür vorgesehen sind, um diese Kulturdenkmäler zu
sanieren. Bei der Werkbundsiedlung 7 oder 8 Millionen EUR, wie sich
jetzt herausstellt, aber angeblich wurde kein einziger Mieter gefragt, ist eine
sehr grobe Schätzung, auf die man sich hier eingelassen hat.
Stehen diese
Mittel auch in den nächsten Jahren wirklich zur Verfügung? - Das ist meine
Frage.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Herr Vizebürgermeister.
VBgm Dr Michael Ludwig: Herr Gemeinderat!
Sie haben mir
jetzt nicht eine Zusatzfrage gestellt, sondern ein ganzes Bündel an
Zusatzfragen. Ich werde mich bemühen, sie kurz zu beantworten.
Zum einen möchte
ich dementieren, dass die Sanierung im Jahr 1985/86 eine schlechte Sanierung
gewesen wäre. Die Sanierungen, die von den beiden renommierten Architekten
Adolf Krischanitz und Otto Kapfinger durchgeführt worden sind, waren aus der
damaligen Sicht heraus zweifellos sehr gute Sanierungen. Bei historischen
Gebäuden, die noch dazu bewohnt sind, ergeben sich aber im Laufe der Zeit
natürlich auch ganz andere Anforderungen. Wir haben heute beispielsweise andere
Ansprüche an klimaschutzrelevante Maßnahmen. Das ist aus damaliger Sicht, wo es
vor allem darum gegangen ist, die unmittelbaren Kriegsschäden und zum Teil auch
die Sanierungen der unmittelbaren Nachkriegszeit zu verbessern, durchgeführt
worden. Diesen Vorwurf würde ich also nicht an diese beiden sehr renommierten
Architekten geben lassen.
Zu den Daten, die
Sie genannt haben, muss man vielleicht zwei Dinge unterscheiden. Richtig ist,
dass wir schon ab dem Jahr 2005 mit Überlegungen begonnen haben, wie die
Werkbundsiedlung saniert werden kann. Ab dem Jahr 2008 haben wir dann auch die
Möglichkeiten ausgelotet, inwieweit wir zusätzliche finanzielle Mittel,
beispielsweise vom World Monuments Fund bekommen können, denn wir versuchen
natürlich, alles daran zu setzen, um diese historisch wertvollen Gebäude zu
sanieren, aber wir tragen natürlich auch eine besondere Verantwortung für die
Leistungen, die die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erbringen. Von daher
wird mir alles recht sein, was wir an zusätzlichen finanziellen Mitteln
lukrieren können und was nicht aus dem unmittelbaren Steuertopf der Stadt Wien
kommt.
Zu Ihren anderen
Hinweisen möchte ich das auch nicht so gelten lassen. Die Stadt Wien bemüht
sich, wie ich meine, vorbildhaft um ihre historischen Gebäude. Das gilt für die
Bausubstanz der Stadt Wien, die direkt in Verwaltung steht, wie beispielsweise
die Gemeindebauten. Es hat erst vor wenigen Wochen wieder einen hervorragenden
Bildband über die Gemeindebauten der Ersten Republik gegeben, in dem man sehr
schön sehen kann, wie hervorragend saniert sich diese Bauten präsentieren. Das
gilt, wie ich meine, auch für die Amtshäuser und das Rathaus ist auch ein
Amtshaus der Stadt Wien. Das ist auch der Grund dafür, dass es schon seit
mehreren Jahren eine, wie ich meine, sehr fundierte Planung gibt, den Großteil
des Wiener Rathauses, insbesondere den Fassadenbereich, zu sanieren. Die
MA 34 hat sich hier, wie ich meine, sehr bemüht, unter Einbeziehung von
externen Experten aus dem Bereich des Denkmalschutzes Sanierungsschritte
einzuleiten.
Ich bin als politisch
Verantwortlicher für diesen Bereich durchaus stolz darauf, dass uns das
Bundesdenkmalamt in einer kürzlichen Aussendung bestätigt hat, dass es sich
gerade bei den Sanierungsschritten beim Wiener Rathaus um eine vorbildhafte
Kooperation handelt und dass es sich sehr gerne mit der Stadt Wien dieses und
auch andere Sanierungsprojekte vornimmt. Von daher orte ich gerade aus dem
Bereich des Bundesdenkmalamtes, der uns sehr wichtig ist, sehr hohe Zustimmung
zu dem, was wir unter Einbeziehung der Expertinnen und Experten aus diesem
Bereich planen. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 2. Zusatzfrage
wird von GR Mag Ebinger gestellt.
GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister!
Das Argument, dass sonst die Kosten zu einem großen Teil auf die Mieter
zurückfallen müssen, kann ich nicht ganz nachvollziehen, weil wenn das wirklich
nach Kriterien von Wiener Wohnen vergeben wird, kann man nicht die
Denkmalschutzkosten und dann die Renovierung sozusagen um so viel erhöhen, auf
die Mieter abwälzen. Aber wir werden sicherlich gleich eine Antwort darauf
bekommen.
Aber jetzt zu meiner Frage: Der soziale Wohnbau in der
Zwischenkriegszeit war etwas, was man weltweit gesehen außer Zweifel als
hervorragend bezeichnen kann. (GR Dr Kurt
Stürzenbecher: Damals habt ihr ihn beschimpft!) Diese Werkbundsiedlung ist
darüber hinaus weltweit gesehen noch ein architektonisches Juwel und ein
Vorzeigeprojekt des sozialen Wohnbaus. Da sollte man eigentlich glauben, dass
der Nachfahre der Schöpfer, also die jetzige SPÖ, stolz darauf ist. Da haben
wir zum Beispiel im Kulturausschuss eine Ausstellung „Das Rote Wien"
gehabt, die Herr Sepp Rieder kuratiert und wo quasi mit Sicherheit alle diese
Erfolge der frühen SPÖ wiedergegeben werden, sozusagen vor dem Wahlkampf als
Jubelausstellung, aber gleichzeitig verfällt es. Wurscht, was man jetzt plant
und schaut, dass man irgendetwas kriegt, Faktum ist, es verfällt. Faktum ist,
die Parteigeschichte ist offensichtlich wichtiger als die Kulturgeschichte.
Faktum ist, dass die Wahl zu gewinnen wichtiger ist, als das soziale Erbe
aufrechtzuerhalten.
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, ist das nicht die letzte
Doppelmoral?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr
Vizebürgermeister.
VBgm Dr Michael Ludwig: Herr Gemeinderat!
Zuerst zu den Sanierungskosten: Wir versuchen als
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