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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 14.12.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 91

 

in Christenhand“ plakatiert haben. Wo bleibt die säkulare FPÖ? Die Vermischung von Religion mit einem Kreuz in der Hand des Herrn Strache hat bei Ihnen stattgefunden und nicht bei uns.

 

Wir sagen, Religion ist eine Privatsache. Diese Privatsache gehört in ihren entsprechenden Räumlichkeiten auch ausgeübt. Daher lehnen wir auch alles, was traditionalisiert wird, ab: Zwangsehen, Beschneidungen oder sonstige Sachen, die minimal in der Gesellschaft vorhanden sind. Das lehnen wir ab.

 

Aber wir lehnen etwas grundsätzlich entschieden ab: Das ist Rassismus. Das sind Rassismus und Nationalismus, die die Menschen aufeinander hetzen und keine Brücken zwischen den Menschen bauen. Also, unsere Linie gilt für alle Menschen, die in der Stadt leben, und nicht für eine Nationalität oder für eine religiöse Gemeinschaft. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Sie haben Demokratiereform angesprochen, Herr Jung! Die Demokratiereform wird kommen. Dazu bekennen wir uns. Das steht auch im Koalitionsabkommen. Nur, unter Demokratiereform verstehen wir auch, dass es endlich einmal in der Stadt Menschen gibt, die bis dato keine Stimme gehabt haben. Wir leben im 21. Jahrhundert, und Sie wollen nach wie vor, dass es Menschen in der Stadt gibt, die ihren politischen Willen nicht zum Ausdruck bringen können.

 

Ist das die moderne Gesellschaft? Ist das die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, die Sie sich vorstellen? – Wir nicht, auch meine Damen und Herren von der ÖVP! Wir wollen in der Demokratiereform verankert sehen, dass die EU-BürgerInnen, aber auch Drittstaatsangehörige ein Teil dieser Demokratie werden, indem sie mitstimmen können, indem sie mitmachen können, indem sie ihre Meinungen kundtun können. Dafür stehen wir. Diese Demokratiereform werden wir auch so mit unserer Koalitionspartnerin durchsetzen und verankern.

 

Eines möchte ich noch sagen: Die Zuwanderung führt natürlich auch dazu, dass wir uns transformieren. Ich transformiere mich, Sie transformieren sich genauso. Wäre ich nicht hier, hätten Sie über mich nicht reden können. Sprechen Sie über mich, ändern Sie Ihre Sprache. Sprechen Sie über mich, ändert sich Ihr Denken. Also, Sie transformieren sich.

 

Diese Erkenntnis müssen Sie einmal akzeptieren. Diese Transformation haben Sie, nicht ich – wo ist denn der Herr Herzog?, ihm hätte ich gerne etwas gesagt – im Wahlkampf, im Vorwahlkampf dermaßen eingeleitet, indem Ihr Vorsitzender Strache nach Belgrad gegangen ist, dort eine Fahne gehalten hat und eine Rede für die Serben gegen den Kosovo gehalten hat. Warum macht er das? Warum? – Weil er weiß, dass er damit Stimmen aus der serbischstämmigen Community in Österreich empfangen kann. Das ist die Transformation, die Sie nicht verstehen, die Sie nicht vollziehen wollen! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Auch die KollegInnen von der ÖVP haben ja jemanden nach Belgrad auf Stimmenfang geschickt, oder? Belgrad und Umgebung war das. Der Herr Tschirf ist hingegangen, oder?

 

Ich denke nicht so, aber es heißt ja immer, wir wollen die Probleme in den anderen Ländern nicht nach Wien importieren. No na net! Was ist das, was Sie da in Belgrad betreiben? Was ist das, was Sie oder was der Herr Herzog durch seine Städtereise der kurdischen Städte in der Türkei betreibt? Was macht er dort? Was will er dort? Solidarität mit der kurdischen Bevölkerung?

 

Ich sage Ihnen nur eines: Die kurdischstämmige Wiener Bevölkerung ist gescheiter, als Sie glauben. Die kurdische Bevölkerung wird Ihnen nicht helfen, aus der internationalen Isolation herauszukommen. Sie haben es ja nicht einmal geschafft, dass ein kurdischstämmiger Kandidat oder eine kurdischstämmige Kandidatin auf Ihrer Liste steht. So schaut die Realität aus.

 

Die Realität ist aber noch härter, nämlich die, dass Sie sich transformieren. Eine Einwanderungsgesellschaft führt dazu, dass man sich ändert. Sie ändern sich, aber Sie verweigern die Realität. Erkennen Sie diese Realität!

 

Ich möchte noch abschließend Folgendes sagen, meine Damen und Herren: Ein religiöser Mensch würde sagen: Jene Menschen, Gott prüft sie! Gott prüft sie zum zweiten Mal! Ich sage: Geschichte prüft sie! Sie wissen ganz genau, wohin die Rhetorik und die Politik vor dem Zweiten Weltkrieg und während des Zweiten Weltkriegs – nämlich auf den anderen zu zeigen – geführt haben, was das verursacht hat.

 

Die Zuwanderung gibt Ihnen, ich gebe Ihnen, wir geben Ihnen die Chance – wo ist die Nurten?, die Sirvan ist ja nicht mehr da; das ist auch ein Punkt, warum ich mit der ÖVP noch länger gesprochen hätte –, wir geben Ihnen die Möglichkeit, nicht denselben Fehler zu wiederholen.

 

Die Möglichkeit ist: Gehen Sie auf Menschen zu und hetzen Sie nicht Menschen aufeinander! Daher denke ich: Ergreifen Sie diese Chance! Wir wollen diese Chance ergreifen, indem wir das Zusammenleben in der Stadt fördern, das Zusammenleben steigern und dazu Politiken entwickeln, die sich im Regierungsübereinkommen finden. – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Haslinger. Ich erteile es ihm.

 

10.30.39

GR Gerhard Haslinger (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Geschätzte Damen und Herren!

 

Meine erste Wortmeldung in diesem Gremium möchte ich der Integration widmen. Auch wenn – wie ich gehört habe – wir als Freiheitliche nicht viel davon verstehen, möchte ich es trotzdem wagen.

 

Vielleicht darf ich noch ein bisschen auf meine Vorredner eingehen. Was ich nicht ganz verstehe: Frau GRin Yilmaz hat gesagt, in Bezug auf unsere Wahlplakate – „Daham statt Islam“, „Abendland in Christenhand“ und Ähnliches – fühlen sich die Zuwanderinnen und die Zuwanderer irritiert. Im selben Atemzug sagt sie aber auch gleich dazu, dass 79 Prozent der ZuwanderInnen glauben, Fehler bei der Integration selbst zu machen. Wir schreiben das in kurzen Worten auf ein Wahlplakat, was man in langen Sätzen eben nicht so rüberbringen kann, und dann ist jeder irritiert. Das ist irgendwie nicht sehr verständlich.

 

Mein Vorredner hat gesagt: Religion ist Privatsache.

 

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