Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 118
Selbstkritik ein, fällt Ihnen kein einziges Wort ein
zu jenen Bereichen, wo wir Verluste eingefahren haben, wo die Kosten explodiert
sind, wo wir, wie gesagt, die Millionen jetzt suchen, die wir nicht mehr haben,
dann finde ich das schade, und ich empfinde es sehr wohl als meine
Verpflichtung, ja sogar als meine Aufgabe als Teil der Opposition, zumindest
einmal in Erinnerung zu rufen, dass in diesem Jahr sehr wohl gezeigt worden ist
seitens der SPÖ, dass es nicht gut ist, wie diese Stadt verwaltet wird, dass es
immer wieder zu schweren Fehlern kommt, dass es immer wieder auch zu schweren
politischen Fehlern und Fehlentscheidungen kommt, und diese kosten auch wieder
Geld.
Also schnell, wie gesagt – ich möchte auch sehr gerne
den Blick in die Zukunft richten –, nur zur Erinnerung – schmerzlich, ich
verstehe es ja –, plus 30 Millionen EUR mindestens beim
Prater-Vorplatz gegenüber dem, was ursprünglich vorgesehen war.
Euro-Fan-Zone
– nur so ein zweites kleines Beispiel: Anstatt die kostengünstigere Donauinsel
als Variante auszuwählen, hat man sich stattdessen für Wien-Hütteldorf
entschieden, was immerhin in etwa zu 3 Millionen EUR an Mehrkosten
führte.
Im Kulturbereich möchte ich aus der letzten Zeit in
Erinnerung rufen: Fehlentscheidungen beim Ronacher, beim Vindobona, Birdland.
44 Millionen EUR, haben wir zusammengezählt, sind die Mehrkosten aus
diesen Fehlentscheidungen.
Und vielleicht noch als letztes schmerzliches
Stichwort Cross-Border-Leasing-Geschäfte, wo wir mehrfach darauf hingewiesen
haben, auch im Vorfeld, dass es um hoch bedenkliche, ethnisch-moralisch
bedenkliche, hoch spekulative Geschäfte geht, die uns am Ende ziemlich auf den
Kopf fallen können. Nach unseren bisherigen Schätzungen sind es
71 Millionen EUR, mit dem sich das zu Buche schlägt. (Zwischenbemerkung
von VBgmin Mag Renate Brauner.) Ja, Frau Stadträtin, wenn es Sie
interessiert, kann ich das dann auch aufschlüsseln; vielleicht macht das auch
der Kollege Margulies genau.
Und vielleicht ein Letztes noch: Wiener Stadtwerke.
Die Bewertungsverluste der Pensionsfonds der Wiener Stadtwerke betragen
80 Millionen EUR. (GR Franz
Ekkamp: Das ist falsch!) Ja, das ist alles falsch. So ist es!
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Sozialdemokratie! Darum geht es! Darum geht es immer in dieser Stadt und immer
in diesen Debatten. Ja, es wird zunächst einmal eine Rede gehalten. Man hört
unglaublich großartige Zahlen von hunderten Millionen, was da nicht alles
investiert worden wäre, wie und wo, die wir umgekehrt überhaupt nicht
nachvollziehen können. Und dann kommen die Zahlen, die man nicht gerne hört,
dann kommen die Zahlen, die im Dunklen bleiben sollen, und dann heißt es, diese
Zahlen sind erfunden. Einmal mehr: Diese Zahlen sind da. Es sind Verluste, es
sind politische Fehlentscheidungen, und es ist Geld, das fehlt für andere
Maßnahmen, die dringend erforderlich wären. (Beifall
bei den Grünen.)
Frau Stadträtin, Sie haben
in Ihrer Rede mehrfach betont, dass es etwas ist, was die Opposition nicht
gerne hört, der erste Platz in der Mercer-Studie und der zweite Platz – was war
das Zweite, was Sie zitiert haben? (VBgmin Mag Renate Brauner:
„Economist"!) – laut „Economist". Wunderbar! Niemand stellt das
in Abrede. Kein Mensch käme auf die Idee, diese Plätze hier in Frage oder in
Abrede zu stellen.
Die viel spannendere
Frage, die wir hier zu erörtern haben, ist: Sind diese Plätze das Ergebnis der
Politik der SPÖ? Haben wir diese Plätze wegen der SPÖ oder haben wir diese
Plätze trotz der SPÖ? Und natürlich wird es Sie nicht wundern zu hören, dass in
vielen Bereichen diese Plätze erreicht wurden, trotz allem, was Sie getan oder
nicht getan haben, trotz allem, was Sie verabsäumt haben in den letzten Jahren.
Wollen wir uns einmal
hinter diesen Zahlen ein bisschen genauer anschauen, was sagt zum Beispiel die
Einkommensstatistik, die Einnahmen-, Ausgabenstatistik über die Wiener
Haushalte aus? Sie wissen und ich weiß, seit über einem Jahr ist es so, dass
40 Prozent der Wiener Haushalte statistisch gesehen mit dem Geld, das sie
haben, nicht auskommen. Statistisch gesehen, stehen Ausgaben von monatlich
1 700 EUR Einnahmen von monatlich 1 500 EUR gegenüber, also
200 EUR Differenz im Schnitt für 40 Prozent der Wiener Haushalte.
Das ist eine Zahl, die in
der Tat besorgniserregend ist, weil sie nämlich schon da ist zu einem
Zeitpunkt, wo wir wissen, dass die Arbeitslosigkeit steigt und im nächsten
Winter weiterhin ansteigen wird, und sie kommt zu einer Zeit, wo Kurzarbeit da
ist.
Und weil Sie so gerne
Studien zitieren, ich zitiere irrsinnig gerne die heutigen Zeitungsausgaben,
die ich ja in der Straßenbahn lesen konnte, unterwegs hierher; ich gehe davon
aus, alle werden sie gelesen haben. Dort war beispielsweise zu lesen, dass ein
dramatischer Anstieg der Teilzeitarbeit zu verzeichnen ist und dass dieser
Anstieg von tausenden, zigtausenden Teilzeitarbeitsplätzen fast zur Gänze zu
Lasten der Vollzeitarbeitsplätze gegangen ist. Wenn wir das kombinieren mit
dem, was wir jetzt schon wissen, nämlich dass, 40 Prozent der Wiener
Haushalte nicht auskommen mit dem, was sie monatlich haben, so kann ich daraus
ein paar Schlüsse ziehen, die ich sehr, sehr interessant finde. Das heißt, die
finanzielle Situation von tausenden Wiener Haushalten wird mit jedem Tag und
mit jedem Monat schlechter.
Noch
eine Zahl, die interessant ist, stand ebenfalls heute in den Zeitungsberichten.
Jene Vollzeitarbeitsplätze, die abgebaut worden sind, betreffen fast zur Gänze
Männer, und die Teilzeitarbeitsplätze, die jetzt neu geschaffen worden sind,
betreffen fast zur Gänze Frauen. Auch eine interessante Feststellung, die,
glaube ich, niemanden hier weiters überraschen dürfte. Das liegt auch auf der
Hand, denn wir wissen, jene zwei Branchen, die derzeit massivst betroffen sind
von der Wirtschaftskrise, sind einerseits die Baubranche und andererseits die
Gastronomie. Und gerade in der Baubranche sind traditionell nun mal eben weit
mehr Männer
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