Gemeinderat,
42. Sitzung vom 19.12.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 81 von 115
Ich möchte eingangs zu
meinem Vorredner etwas sagen: Herr GR Wagner! Wenn ich Sie jetzt richtig
verstanden habe, dann haben wir ja an und für sich keine Probleme! Zu uns kommen
jedoch ständig Leute und berichten uns von der Situation. Gerade heute war ein
Geschäftsmann bei uns, der sich beschwert hat, wie es bei ihm im Geschäft
zugeht. Ich werde diese Leute das nächste Mal zu Ihnen schicken beziehungsweise
ihnen sagen, dass wir Ihrer Meinung nach keine Probleme auf dem Karlsplatz
haben. (GR Kurt Wagner: Ich habe gesagt, dass wir etwas dagegen tun und dass
es besser geworden ist! Und das müssen Sie zur Kenntnis nehmen!)
Wir
werden das zur Kenntnis nehmen! Ich werde das so weitergeben, dass wir keine
Probleme haben beziehungsweise in Zukunft keine Probleme haben werden! Lassen
Sie mich jetzt aber etwas über den Karlsplatz sagen!
Meine Damen und Herren! Wir
haben ja in Wahrheit nicht einen Karlsplatz, sondern wir haben sozusagen
bereits viele Karlsplätze in Wien! So möchte ich das einmal
ausdrücken. Es gibt zwar den Karlsplatz, den jeder in Wien kennt, wo es die
Drogenszene gibt. Schauen Sie sich aber bitte Wien einmal an, meine Damen und
Herren! Es gibt jetzt sozusagen bereits in jeder U-Bahn-Station einen
Karlsplatz! Und das ist verheerend! Das ist jedoch Ihre Sozialpolitik in Wien!
Sie leugnen jedoch ... Entschuldigung! Das darf man ja nicht sagen! Sie unterstellen
jedoch, dass wir keine Probleme in Wien haben! Das ist in Wahrheit Ihr Problem!
Sie haben keine taugliche Sozialpolitik, und Sie haben keine taugliche
Sicherheitspolitik. Wofür machen Sie eigentlich überhaupt Politik? Nur für Ihre
Leute? Sie tun jedenfalls gar nichts in Wien! (Beifall bei der FPÖ.)
Lassen Sie mich jetzt einmal sachlich werden: Ich
werde Ihnen jetzt ganz genau erklären, woran Ihre Politik in Wien scheitert!
Ich möchte zunächst einmal erwähnen, worin eigentlich die Verfehlungen in Ihrer
Drogenpolitik und in Ihrer Sicherheitspolitik liegen.
Zunächst möchte ich fragen: Wenn jetzt der Karlsplatz
mehr oder weniger beseitigt beziehungsweise umgebaut wird, was wird dann mit
den Drogenabhängigen, den Obdachlosen und den Alkoholkranken geschehen? Sie
wissen seit Jahren, dass wir viel zu wenige Therapieplätze haben. Wo sind diese
Therapieplätze?
Ich werde Ihnen das jetzt beweisen! Ich sage Ihnen
heute, wie man in Wien zu einem Drogentherapieplatz kommt: Man muss zuerst
einmal „offiziell süchtig“ werden! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) So ist es
heute in Wien, meine Damen und Herren! Man muss „offiziell süchtig“ werden,
bevor man überhaupt einen Therapieplatz bekommt! Erkundigen Sie sich einmal!
Ich kann Ihnen da einige Adressen geben, damit Sie wissen, wovon ich spreche. (Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Es erhebt sich tatsächlich die Frage: Wie kommt man
in Wien zu einem Therapieplatz? Wenn man zu irgendeinem Verein in Wien geht und
sagt, dass man süchtig und beispielsweise von Heroin oder Kokain abhängig ist,
dann bekommt man zu hören: Na geh! Und man wird belehrt, dass erst einmal
überprüft werden muss, ob man wirklich süchtig ist und wie stark man süchtig
ist. Man wird zu einem Amtsarzt geschickt, und dieser stellt dann fest, ob
jemand „wirklich süchtig" ist. Dann wird Substitol oder irgendeine andere
Ersatzdroge verschrieben, anstatt dass man sich gleich um einen Therapieplatz
kümmert. – Man muss also bei Ihnen in Wien erst einmal „offiziell süchtig“
werden, sonst funktioniert das nicht!
Was geschieht dann? Man bekommt jedenfalls einmal
keinen Therapieplatz, weil es viel zu wenige gibt. Und was wird, wenn man
endlich einen hat, angeboten? – Nichts wird angeboten! Das Einzige, was
angeboten wird, ist eine Entgiftung. Dann werden die Leute wieder auf die
Straße geschickt. Wenn jemand Glück hat, überlebt er drei Wochen clean, und
dann steht er wieder auf dem Karlsplatz. – Das ist Ihre Drogenpolitik! Und
daran werden Sie immer wieder scheitern! Sie haben kein Konzept! (GR Kurt Wagner: Ich glaube, es wäre
gescheiter, du würdest einen Arzt fragen!)
Das hat mir ein Arzt erklärt. Das hat mir ein Arzt im
AKH erklärt. Und ich werde nachher auch noch den Namen desjenigen nennen, der
das gesagt hat! Das sind eure Ärzte! (Beifall
bei der FPÖ.)
Eure Ärzte sagen, dass ihr kein Drogenkonzept habt!
Ihr schickt die Leute zu den Ärzten beispielsweise ins AKH, nach 14 Tage gehen
sie dann entgiftet wieder nach Hause, und in drei Wochen sieht man sie auf dem
Karlsplatz wieder! Dass es sich so verhält, können Sie doch nicht verleugnen!
Das ist ja unglaublich. Das wird verleugnet, anstatt dass man endlich einmal
zur Kenntnis nimmt, dass man gescheitert ist!
Ich werde jetzt ein Konzept vorschlagen. Wir predigen
dieses schon jahrelang: Man muss beim Drogenabhängigen zunächst eine Entgiftung
vornehmen. Nach dieser Entgiftung braucht er psychologische Betreuung, und wenn
auch diese Phase vorbei ist, dann braucht er betreutes Wohnen. Und wenn er das
auch geschafft hat, dann muss man ihm einen geschützten Arbeitsplatz
geben. – All das scheint aber in keinem eurer Programme auf! Ihr habt
nichts! (Zwischenruf von GR Kurt Wagner.) Ich weiß: Jetzt wirst du
gleich mit Ybbs kommen, wo es 20 Plätze gibt! Wir haben aber über 8 000
Süchtige in Wien, und da ist das nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein!
Das ist gar nichts! (Beifall bei der
FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Dann wundert man sich, wenn
man in Wien nicht einen Karlsplatz, sondern schon 20 oder 30 Karlsplätze hat!
Schauen Sie sich den Julius-Tandler-Platz an! Schauen Sie sich den Praterstern
an! Sie aber kommen und sagen: Wir haben es geschafft! – Dazu sage ich:
Spritzentausch, na super! Etwa 3 500 Spritzen werden täglich
getauscht. Damit rühmt man sich noch, wie super man ist! (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Was schlagen Sie vor?)
Ich habe das ja gerade gesagt: Die
Drogenabhängigen müssen endlich auf Entzug kommen, Frau Stadträtin! Ich
wiederhole es Ihnen aber gerne noch einmal: Diese Menschen müssen einen
Therapieplatz und ein
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular