Gemeinderat,
40. Sitzung vom 26.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 46
Die Frage richtet sich nach den ein bisschen widersprüchlichen Meldungen über die Entwicklung des Tourismus, die wir in den vergangenen Tagen in den Medien verfolgen konnten. Die Frage ist sozusagen: Wie lautet die Prognose?
Vorweg, bevor ich auf die Details eingehe, muss ich
in aller Offenheit sagen, dass hier eine Prognose sehr schwierig ist und dass
unter den momentanen Rahmenbedingungen - zumal gerade der Tourismus eine
Branche ist, die auf Entwicklungen von anderen Branchen und auf Entwicklungen
der Gesamtwirtschaft oft im Nachhinein reagiert - gerade hier die Prognosen
äußerst schwierig sind und ich unseriös wäre, wenn ich hier irgendwelche
abgeben würde.
Aber ich kann gerne einige Detailinformationen geben,
denn die Szenarien, die vorliegen, sind sehr widersprüchlich, aber natürlich
gibt es im Moment einige Einzelinterpretationen, und das ist bekannt, und wir
waren sehr froh darüber, denn auch wenn es darum geht, wirtschaftliche Krisen
zu bewältigen, ist die Frage immer die: Von welchem Level geht man aus? Hat man
schon vorher Schwierigkeiten gehabt, oder geht man von einem guten Level aus?
Nun, wir gehen von einem sehr guten Level im
Tourismus aus. Wiens Nächtigungen liegen von Jänner bis Oktober um
6,5 Prozent über, also bis zum Oktober, über dem Verkehrswert und dem
Vergleichswert des Vorjahres. Es ist davon auszugehen, dass 2008 das sechste
Rekordjahr des Wien Tourismus in Folge sein wird. Und auch das Stimmungsbild,
wenn man sich so in der Wiener Hotellerie umhört, ist verhalten positiv. Das
deckt sich auch mit den Umfragen des Wien Tourismus bei den wichtigsten
Partnern der europäischen Hauptmärkte, die wir in Auftrag gegeben haben.
Deutschland, Schweiz, Italien, Frankreich, Großbritannien und, natürlich nicht
zu vergessen, das Inland haben keine Rückgänge von Wien-Buchungen in der
Adventzeit registriert, sondern eigentlich sehr gute Geschäfte. Das hat man ja
zum Teil auch schon den Medien entnehmen können. Auch sagen alle beteiligten
Partner und Partnerinnen, dass Silvester als recht zufriedenstellend zu
bezeichnen ist. Das einzige Land, von dem wir keine einheitlichen Aussagen
bekommen haben, war Spanien.
Es wird allerdings betont, dass generell der Eindruck
ist, dass die Kunden sehr abwartend reagieren und dass sie signifikant
kurzfristiger buchen, was ja auch subjektiv verständlich ist. Und deswegen -
ich komme auf den Beginn meiner Ausführungen zurück - ist die Einschätzung für
2009 sehr, sehr schwer abzugeben.
Bei den Überseemärkten - ich sprach jetzt über die
europäischen Hauptmärkte - wird das Aufkommen aus Japan für nächstes Jahr
schwächer eingeschätzt. Auch hier ist das Ausmaß leider schwer vorhersehbar. In
den USA, von deren Seite in Wien derzeit die stärksten Nächtigungseinbußen zu
verzeichnen sind, glaubt man, dass sich die Negativtrends im Frühjahr wieder
abschwächen werden; eine richtige Markterholung wird aber erst in den Jahren
2010, 2011 für wahrscheinlich gehalten. Kanada ist im Oktober ebenfalls noch
positiv, meldet aber leider eine recht schwache Buchungslage für 2009. In
Australien sieht man sich von der internationalen Krise noch gar nicht
betroffen, es werden aber grundsätzlich Europareisen durch die Schwächung des
australischen Dollars als sehr teuer empfunden und derzeit generell weniger
gebucht.
Dass nicht nur wir uns mit Prognosen sehr schwertun,
zeigen seriöse Quellen wie das „Welt Tourismus Barometer" der United
Nations World Tourism Organization. Ich darf Ihnen da zwei Zitate bringen, die
ganz aktuell sind – so wie der Wien Tourismus mit allen Unterlagen, die er zur
Verfügung stellt, immer perfekt und aktuell ist. Ich darf also aus diesem „Welt
Tourismus Barometer" zitieren – Zitatbeginn -:
„Der wirtschaftliche Abschwung, kombiniert mit den aktuellen
Unsicherheiten, extremen Marktschwankungen und einem abnehmenden Konsum- und
Wirtschaftsvertrauen werden ihren Tribut von der touristischen Nachfrage
fordern, sowohl kurz- als auch mittelfristig. Im Unterschied zu Krisen wie 9/11
oder SARS hat der aktuelle wirtschaftliche Abschwung keinerlei Auswirkungen auf
den Wunsch zu verreisen. Entscheidend ist einzig, ob man es sich leisten kann
zu reisen und ob man bereit ist, in dem wirtschaftlichen Umfeld Geld für Reisen
auszugeben."
Das heißt, die UNWTO, also diese
Welttourismusorganisation, erwartet einen Trend zu näheren Zielen und zu
Destinationen mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis und mit Währungsvorteilen.
Sie weist auch darauf hin, dass bisher der Tourismus den Abschwung besser
verkraftet hat als andere Wirtschaftsbereiche, und meint - was ja auch logisch
ist -, dass der Geschäftstourismus stärker betroffen sein wird als der
Freizeittourismus.
Ich darf in diesem Zusammenhang betonen, dass Wien
als Kongressstadt 2009 ausgezeichnet gebucht ist, besser als 2008 - wo
natürlich, wie wir alle gewusst haben und auch im Vorhinein darüber diskutiert
haben, die Fußball-Europameisterschaft den Individualtourismus, aber nicht den
Kongresstourismus unterstützt hat, ganz im Gegenteil. Für September 2009 sind die
Kongress-Locations der Stadt ausgebucht. Da haben wir sogar schon
Kapazitätsprobleme. Es ist aber auch hier sehr deutlich zu unterscheiden
zwischen Firmen-Events, die wahrscheinlich 2009 weniger abgehalten werden, und
internationalen Kongressen, wo man das bisher als eine negative Tendenz nicht
feststellen konnte. Und diese sind der Löwenanteil – 75 Prozent - der
Wiener Tagungswirtschaft.
Wir haben seitens des Kongresstourismus, wie Sie ja
wissen - ich habe das bei meinem Konjunkturpaket gleich mit berichtet -, mit
einem ersten Maßnahmenpaket reagiert, wo eben auch der Tourismus berücksichtigt
wird. Konkrete Details werden erarbeitet und Anfang Dezember dann auch
präsentiert werden.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke.
- Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn GR Schreuder gestellt. - Bitte.
GR Marco Schreuder (Grüner
Klub im Rathaus): Guten Morgen, Frau Vizebürgermeisterin! Vielen Dank für
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