Gemeinderat,
39. Sitzung vom 25.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 106
aufgezeigt. Woche für Woche hören Sie das, Woche für Woche das gleiche System, Woche für Woche wissen wir, dass es zu wenig Personal gibt, zu wenige Ärzte gibt - und Sie wollen es noch immer nicht richtig wahrhaben. Aber es wird ja noch bis März weitergehen, nehme ich an. Das Einzige, was Sie in diesem Bereich jetzt angesichts der Untersuchungskommission gemacht haben - weil Sie das mussten, weil Sie ja selbst jetzt schon gesehen haben, dass hier zu wenig Personal vorhanden ist -, ist, dass Sie 18 Ärztedienstposten neu besetzt haben.
Sehr gut! - Aber wenn man sich jetzt genau ansieht,
was bei diesen 18 Dienstposten da ist, muss man sich schon fragen, denn: Das
sind großteils ja nur Turnusärzte (GRin
Mag Sonja Ramskogler: Das ist aber nicht schlecht!), also nicht einmal
noch voll ausgebildete Ärzte, meine Damen und Herren! Und beim anderen Personal
haben Sie nichts anderes gemacht, als Leiharbeiter zu engagieren, und das wird
Ihnen auch einmal auf den Kopf fallen.
So wird man mit Sicherheit all diese Probleme nicht
lösen. Und ich sage Ihnen: Sie werden sich in Zukunft damit auch weitere
Probleme neu schaffen. Das ist Ihr Problem!
Wir haben jetzt wenigstens gehandelt. Wir sehen ja,
was aus dieser Untersuchungskommission jetzt schon herausgekommen ist. Wir
haben hier Anträge eingebracht, wonach zum Beispiel der Fachärzteschlüssel, der
Schlüssel für die Fachärzteausbildung, in Zukunft geändert werden soll. Bis
jetzt heißt es, eins zu eins ist die Ausbildung bei den Fachärzten. Das soll
bei verschiedenen Fachgruppen geändert werden auf drei zu eins, damit wir in
Zukunft mehr Fachärzte haben, meine Damen und Herren.
Die Wiener Gebietskrankenkasse ist auch ein
Stiefkind. Bis heute, Frau Stadträtin, habe ich von Ihnen und auch vom Herrn
Bürgermeister nichts gehört: Wie wollen Sie das Defizit der Wiener
Gebietskrankenkasse stoppen? Welche Konzepte gibt es? - Es gibt keine. Ich habe
zumindest noch nichts davon gehört. - Was werden Sie mit dem
Hanusch-Krankenhaus machen? (GR Kurt
Wagner: Euch ist aber schon bewusst, dass eine Gebietskrankenkasse ein
Selbstverwaltungskörper ist? Dafür sind wir nicht zuständig!) Die Hälfte
des Defizits der Wiener Gebietskrankenkasse entfällt allein auf das
Hanusch-Krankenhaus, und das frisst das ganze Budget der Wiener
Gebietskrankenkasse auf: Über 120 Millionen EUR hat die Wiener
Gebietskrankenkasse an Defizit; 60 Millionen davon sind dem
Hanusch-Krankenhaus zuzurechnen. Dazu gibt es auch keine Konzepte, gar nichts!
Ich habe in den letzten Monaten nicht einmal vernommen, dass diesbezüglich
Gespräche geführt wurden.
Auch das Drogenkonzept, das Sie in Wien haben, ist
ein Stiefkind. Ich weiß nicht, ob man dazu überhaupt noch „Drogenkonzept"
sagen kann, denn in diesem Bereich sind Sie ja komplett konzeptlos. Sie
schicken die Menschen da von einer Ecke zur anderen, von einem Kreis zum
anderen, aber passieren tut nichts. Ich habe Ihnen schon des Öfteren gesagt,
und ich werde es immer wieder sagen: Wir brauchen in Wien Therapieplätze, wir
brauchen in Wien mehr Polizei, und wir brauchen mehr Psychologen für diese
Menschen! - Ich weiß, Sie wollen es nicht hören, aber Sie werden es noch
tausendmal hören, so lange, bis Sie es ändern.
Schauen Sie sich in Wien um! Gehen Sie auf den
Karlsplatz, gehen Sie auf den Schottenring! (GR
Kurt Wagner: War ich!) Und was haben Sie gesehen, Herr Kollege? (GR Kurt Wagner: Na, was ist da?) Na? –
„Gar nichts". (Weiterer Zwischenruf
des GR Kurt Wagner.) Sie sehen, Sie wollen es nicht wahrhaben! Ganz
einfach: Sie wollen es nicht wahrhaben! Und das ist natürlich auf Ihre gesamte
Politik zurückzuführen: Sie erkennen kein Problem! Nicht einmal, wenn Sie dort
stehen, erkennen Sie ein Problem. Das
ist Ihr Problem! (Beifall bei der FPÖ.)
Schauen Sie sich Ihre Prävention an, allein in den
Schulen: Es gibt keine! Mehr ist dazu eigentlich gar nicht mehr zu sagen. (GR Kurt Wagner: Wir haben ja „kein"
Institut für Suchtprävention! ... „gibt es ja nicht"!)
Allein wenn man sich Ihren Rechnungsabschluss
anschaut, meine Damen und Herren - das zum Abschluss -, so zeigt sich darin
lediglich die soziale Kälte für die Menschen in Wien. Sonst ist nichts anderes
da! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Der nächste Debattenbeitrag kommt von Frau GRin Cammerlander. Ich bitte sie zum
Rednerpult.
GRin Heidemarie Cammerlander (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau
Stadträtin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Vor ein paar Jahren hat der Freund meiner Enkelin
gesagt, er versteht überhaupt nicht, dass es noch junge Männer gibt, die zum
Bundesheer gehen, denn alle, die er kennt, machen Sozialdienst - und er kennt
viele. Ich habe ihn dann gefragt, ob er sich einmal überlegt hat, in welchem
sozialen und gesellschaftlichen Umfeld er sich bewegt und wie viel Prozent das
dann sind.
Als ich gestern die Budgetrede der Frau
Vizebürgermeisterin gehört habe und immer wieder die Betonung der Aussage: Wien
und die Sozialdemokratie lassen niemanden im Stich!, ist mir dieses
Geschichterl eingefallen, und ich habe mich gefragt: In welchem Umfeld, in
welchem sozialen und gesellschaftlichen Umfeld bewegt sich denn unsere Vizebürgermeisterin?
- Ich denke, es ist die Gesellschaft von „Reich und Schön". Und ich bin
überzeugt, dass die Gesellschaft von „Reich und Schön" sich in Wien nicht
im Stich gelassen fühlt. (GRin
Mag Sonja Ramskogler: Geh, sei mir nicht bös!)
Ich lade die Frau Vizebürgermeisterin gerne ein, mit
mir einmal Sozialämter, Jugendämter, das AMS, Menschen vor dem AMS zu besuchen
und mit den Leuten zu reden. (GRin
Mag Sonja Ramskogler: Gehen wir miteinander!) Sie würde sich wundern,
wie viele Menschen sich in Wien im Stich gelassen fühlen! (Demonstrativer Beifall von GR Mag Wolfgang Jung.)
Es sind aber nicht nur die
Menschen, die aus diesen Sozialämtern herauskommen, es sind auch die
SozialarbeiterInnen selbst, die sich im Stich gelassen fühlen: zu wenig
Personal, keine Zeit mehr, qualitative Betreuung
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