«  1  »

 

Gemeinderat, 38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 106

 

aus dem Kurs rausgehen, geht das Ganze so weiter. Und da fragen sich die Menschen schon, und die wissen ja mittlerweile, dass wir diese Kurse auch finanzieren, „Bitte, welchen Sinn soll das haben, vorher reden sie in ihrer eigenen Sprache, dann gehen sie halt in den Kurs, und nachher sprechen sie wieder in ihrer Sprache.“ Und wenn man in einer Straßenbahn fährt, dann ist es ganz egal, zu welcher Tageszeit man fährt, in vielen Straßenbahnlinien glaubt man, irgendwo anders zu sein. Und das ist ein Punkt, den wir kritisieren, und hier fordern wir auch Maßnahmen ein, und die werden in keiner Weise, nicht einmal ansatzweise, erfüllt.

 

Man muss den Menschen vermitteln, das ist hier die Alltagssprache, wir wollen nicht nur einen Deutschunterricht für Neuzuwanderer, damit sie sich dann irgendwo leichter tun bei einem Amt oder damit sie ihr eigenes Fortkommen sichern, nein, es ist hier die Alltagssprache und ich sage Ihnen, viele Menschen ärgern sich, fühlen sich belästigt und fühlen sich nicht mehr wohl und sehen es auch als einen Einschnitt in ihrer Lebensqualität, dass sie permanent von Menschen umgeben sind, die nicht ihre Sprache sprechen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Das zieht sich von der Schule bis hin zu den Parkanlagen und in die Wohnhäuser. Und auch das, auch das sagen uns Menschen, die hier zugewandert sind, wie mir jetzt ein serbischer Familienvater gesagt hat: „Ich wohne in einem Haus, da sind schwerpunktmäßig türkische Familien. Ja, glauben Sie, dass einer mit seinen Kindern Deutsch spricht? Wir haben von Anfang an Wert darauf gelegt, dass unsere Kinder Deutsch lernen.“ Der Mann ist Arbeiter, er schickt seine Kinder aus seinem freien Willen, aber unter hohen finanziellen Aufbietungen, in eine Privatschule, denn er will, dass seine Kinder Deutsch lernen. Die Kassiererin bei meinem Billa, wo ich immer einkaufen gehe, der vor meiner Haustüre ist, hat das auch auf sich genommen. Ihr Kind, sie wohnt im 16. Bezirk, geht im 18. Bezirk in eine katholische Privatschule, weil sie will, dass ihr Mädchen gut Deutsch lernt, weil sie in ihrem Umfeld keine Schule hat, die das gewährleistet.

 

Und ich finde aber wirklich, das sind die Dinge, die die Leute bewegen, und Sie haben das einfach ignoriert. Und ich kann mir nicht vorstellen, vor allem sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, dass Ihnen die Leute das nicht erzählt haben. Das glaube ich einfach nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Sie haben das uns erst dann erzählt, nachdem sie bei Ihnen gegen die Wand gelaufen sind und gemerkt haben, dass Sie ganz einfach für diese Anliegen überhaupt keine Anteilnahme haben, weil sie ein ganz anderes Bild von Zuwanderung und Integration jetzt über die Jahre auch bewiesen und umgesetzt haben. Sie sprechen einerseits davon - der Herr Bürgermeister hat das gesagt -, dass Österreich ein Einwanderungsland ist und ich habe da auch vorhin auch den Vergleich mit Kanada gehört. Haben sie sich schon einmal überlegt, dass Einwanderungsländer sich ihre Einwanderer aussuchen? Da kann nicht jeder kommen und sagen, hurra, ich bleib jetzt da, ich bin jetzt da. Und von Begleitmaßnahmen wird nur dann gesprochen, wenn es erwünschte Zuwanderer sind. Wir haben in Österreich, wir haben in Wien unsere Zuwanderer nicht ausgesucht, sondern Sie haben sie hereingelassen und Sie haben befürwortet, dass jeder hier hereingelassen wird, ganz gleich, ob er eine Ausbildung hat oder nicht. Das war Ihnen vollkommen egal, denn sie hatten ja ein Motto, und das muss man, das kann man ja auch nachlesen schwarz auf weiß, etwa in der Studie, die seinerzeit noch Stadtrat Svoboda in Auftrag gegeben hat.

 

Wissen Sie, was da drinnen steht, im Jahr 1990? „Mag sein, dass das Flüchtlingsboot in Wien voll ist, das Zuwanderschiff aber ist leer.“ Das steht schwarz auf weiß geschrieben. Nach dem Grundsatz haben Sie gehandelt und haben geschaut, dass Sie dieses Schiff Wien nur möglichst voll bekommen, und da haben Sie nur auf Quantität geschaut und nicht auf Qualität, und daher hinkt auch der Vergleich mit Einwanderungsländern. Und es ist auch in klassischen Einwanderungsländern für die Einwanderer wesentlich schwerer, Fuß zu fassen, als es hier bei uns in Wien ist.

 

Also, Sie sollten sich überlegen, hier eine schlüssige Behauptung aufzustellen. Und wenn wir auch von den Spracherwerbsmaßnahmen, von den integrationsbegleitenden Maßnahmen reden: Sie stützen diese Kurse und meinen damit, da werden sie besonders angenommen und zwar soweit, dass nur mehr 1 EUR pro Kurseinheit überbleibt, wenn man das runterrechnet.

 

Bitte, welches Bildungsangebot bekommen Sie für 1 EUR in der Stunde? Das ist doch überhaupt nichts wert, oder welches Bildungsangebot um 1 EUR in der Stunde hat ein Österreicher, ein Wiener, zur Verfügung? Welche alleinerziehende Mutter kann um 1 EUR einen Zusatzkurs in der Volkshochschule besuchen, inklusive Kinderbetreuung, mit Kaffee und Kuchen? Das gibt es nämlich nicht, und das ist ein Ungleichgewicht, das Sie hergestellt haben. Und auch das ärgert die Leute, und auch das trifft die Leute. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und auch damit haben Sie einen großen Fehler in Ihrer Integrationspolitik gemacht. Und wenn man wo zuwandert, dann hat man einen größeren Einsatz. Viele unserer Verwandten und Vorfahren, ich denke, das haben Sie alle hier im Raum, sind einmal auch nach Österreich ausgewandert, und die haben es nicht leicht gehabt. Aber gerade die es am wenigstens leicht gehabt haben, sind die tüchtigsten Menschen geworden und solche, wie wir sie heute als gut integrierte Zuwanderer erleben. Die sind nicht rauf und runter betreut worden, die sind hergekommen, haben sich auf die eigenen Beine gestellt, haben etwas gelernt, haben etwas geleistet und heute ärgern sie sich über Ihre Integrationspolitik und wählen die Freiheitliche Partei. So ist es.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen natürlich auch das Thema ansprechen, das immer wieder aufgestellt wird oder Ihre These der Integration. Die muss von beiden Seiten gleichermaßen geführt werden. Es gibt schon zwei Verantwortliche, die sich bemühen müssen. Das sind die, die kommen wollen, und das sind Sie, die Sie dafür die Verantwortung in dieser

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular