Gemeinderat,
37. Sitzung vom 01.10.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 72
GR Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub
im Rathaus): Kurz zur tatsächlichen Berichtigung der Rede des Kollegen
Jung. Ich finde es immer interessant, welche Legendenbildung über die
politische Gewalt da immer wieder vorkommt. Ich habe vor Kurzem, und zwar am
Tag der „Elefantenrunde" vorm Parlament zum ersten Mal wirklich politische
Gewalt der Rechten gegenüber anderen gesehen. Ganz kurz möchte ich das
berichten, weil Sie sagen, das haben sie noch nie gemacht.
Drei Herren aus Ihrer Runde, die den Kollegen Strache
zum Fernsehen hinbegleitet haben, kenntlich durch blaue Kappen und hellblauen
Regenschutz, haben sich aus der Gruppe gelöst und sind in die grüne Gruppe
hinüber und haben dort versucht, Luftballons von einem Fahrrad zu lösen, und
zwar mit den Zähnen. Daraufhin wurden sie vom Besitzer des Fahrrades (Zwischenrufe
bei der FPÖ.) – Moment! – darauf aufmerksam gemacht, dass das nicht geht.
Daraufhin hat der junge Mann, und zwar jemand mit sehr vielen Schnitten im
Gesicht, kenntlich als FPÖ-Anhänger oder -Mitglied, den jungen Mann an der
Gurgel gepackt und ihm dann mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Die Polizei
hat nicht eingegriffen. Wir haben dann die drei Herren gebeten, relativ rasch
davonzumarschieren. Es hat zu keinen weiteren Tätlichkeiten geführt.
Das erste Mal wurde von einem FPÖler ein grüner
Student gewürgt und ins Gesicht geschlagen. Das ist politische Gewalt, Kollege
Jung. – Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN. – GR Mag Wolfgang
Jung: Aber nur dann, wenn die Polizei ...!)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet hat sich Frau GRin Dipl-Ing Gretner. Ich erteile es ihr.
GRin Dipl-Ing Sabine Gretner (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir sprechen wieder einmal
über das Debakel am Riesenradplatz. Anlass ist heute der vorliegende Antrag,
7,9 Millionen EUR zusätzlich zum bisher bereitgestellten Budget zu
beschließen. Wie auch schon im Stadtsenat gehe ich davon aus, dass dieser
Beschluss einstimmig erfolgen wird, weil es darum geht, den Ausgleich
abzusichern, um den ohnedies schon geschädigten Unternehmen zumindest diese
40 Prozent-Quote zu sichern.
Ich möchte jetzt ganz am Anfang noch kurz auf die
Rede des Herrn Jung eingehen und sie korrigieren, nicht nur, was die politische
Gewalt betrifft, sondern vor allem auch in folgendem Punkt: Sie haben
behauptet, die Opposition hätte am Anfang immer zugestimmt, um das Projekt noch
vor der Fußball-EM fertig zu bekommen. Ich möchte Sie insofern berichtigen,
dass wir GRÜNE als einzige Fraktion hier im Haus diesem Gesamtprojekt von
Anfang an niemals zugestimmt haben. Wir haben rechtzeitig erkannt, dass das eigentlich
nur in einem Debakel enden kann, wenn man so vorgeht, wenn man ohne
Ausschreibungsverfahren, wie schon erwähnt und schon oftmals besprochen, ein
offensichtlich nicht befähigtes Unternehmen beauftragt. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wir haben ja im Juni schon eine ausführliche Debatte
zu diesem Thema gehabt. Ich möchte daher die Dinge, die damals schon gesagt
worden sind, nicht wiederholen. Seit Juni ist aber auch schon einiges passiert,
es hat das Ausgleichsverfahren stattgefunden. Ich möchte jetzt anschließend an
Ende Juni Ihnen die Geschichte weiter zur Kenntnis bringen. Ich nehme einmal
an, dass nicht alle hier im Saal so gut informiert sind, wie ich das bin.
Ich möchte am Anfang vor allem aus dem
Ausgleichsbericht zitieren. Da sind doch einige Dinge zu Tage getreten und vor
allem belegt worden, die wir bisher nur vermuten konnten. Von Anfang an, zur
Beauftragung der Unternehmer: Es wird also logischerweise die Firma
Explore 5D in diesem Bericht durchleuchtet. Im Jahr 2005 hatte dieses
Unternehmen keinen Umsatz. 2006 hatte das Unternehmen einen Umsatzerlös von
380 000 EUR, 2007, nach dem Beginn dieses Riesenradplatz-Auftrages
plötzlich einen Umsatzerlös von rund 13 Millionen EUR. Insgesamt hatte das
Unternehmen rund sechs Angestellte, viele davon in Teilzeit, und zunächst keine
fixen Vollzeitangestellten.
Ich sage Ihnen das nur deshalb, weil Sie, wie ich
glaube, wissen, dass jedes Unternehmen, das sogar einen relativ kleinen Auftrag
der öffentlichen Hand bekommt, im Auftragskataster vermerkt sein muss und genau
Bilanzen, Umsätze, Schadlosigkeit, Leumundszeugnis, et cetera nachweisen muss.
Das wurde in diesem Fall offensichtlich weder verlangt noch geprüft. Das noch
einmal zur Erinnerung.
Der zweite Punkt, der interessant in dem
Ausgleichsbericht ist, ist, dass zahlreiche Entscheidungen, die seitens der
Stadt Wien, also seitens der Frau Vizebürgermeisterin und ihrer unterstellten
Tochtergesellschaft, der Riesenradplatz Errichtungsgesellschaft, die ja zu
diesem Zweck gegründet wurde, hätten getroffen werden müssen, nicht rechtzeitig
getroffen wurden. Beispielsweise – und das ist wirklich unglaublich für
jemanden, der sich im Baugeschehen auskennt – war bis Dezember 2007 unklar, ob
man eine kleine Variante oder eine große Variante des Riesenradplatzes realisiert.
Und immerhin geht es da um einen Unterschied an Kosten von rund
3,5 Millionen EUR, was ja nicht so wenig ist, und um
4 000 m² Nutzfläche, wo man sich bis Dezember 2007 unklar war, wie
das überhaupt ausschauen soll. Dementsprechend schwierig war es natürlich für
die Planer in Wahrheit, Ausschreibungen oder auch Kostenschätzungen ordentlich
zu machen. Es hat auch die Vertragsunterzeichnung zwischen der Explore 5D
und der Immoconsult über diese Generalplanerleistung erst nach Fertigstellung
des Rohbaues stattgefunden. Das ist auch höchst ungewöhnlich. Wann übergibt man
jemandem schon den Auftrag, der Rohbau ist schon gebaut und danach macht man
erst den Vertrag fertig? Das war im Oktober 2007.
Der brisanteste Punkt oder die Krönung in diesem
Ausgleichsbericht ist aber dann, dass bereits im Jänner 2008, also Anfang
dieses Jahres diese immense Kostenüberschreitung bekannt war, man wusste schon
von rund 4 Millionen EUR. Ich möchte Ihnen jetzt zwei Zitate aus
diesem Ausgleichsbericht aus einem Besprechungsprotokoll vom Februar 2008
vorlesen, die in diesem Zusammenhang stehen.
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