Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 118
Sozialdemokratie in dieser Debatte, die Arbeitszeit auf 65 Stunden pro Woche erweitern. Das Opting out, also die Ausnahmen, die es sicher nur für Großbritannien gegeben hat, und die eigentlich auslaufen hätten sollen, werden jetzt sogar noch erweitert. Jedes Land kann jetzt hinausoptieren, das heißt, jedes Land kann sagen, nein, auch dieser Standard ist mir noch zu hoch, wir wollen eigentlich noch längere Arbeitszeiten für unsere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Und, was auch große Auswirkungen für Österreich und Wien haben wird, die so genannte individuelle Bereitschaft, vor allem beim Krankenhauspersonal, Feuerwehr, Rettungsdienste, wird nicht mehr als Arbeitszeit gezählt, obwohl der Europäische Gerichtshof mehrere entsprechende gegenteilige Urteile gefällt hat.
Mit dieser Arbeitszeitrichtlinie werden also nicht
nur sämtliche Forderungen des Europäischen Parlaments ignoriert, sondern sie
geht auch komplett auf Kosten von ArbeitnehmerInnen, geht an den Bedürfnissen
und Lebenslagen von ArbeitnehmerInnen vorbei, verschafft der Wirtschaft noch
mehr Zugriff auf die ohnehin schon knappe Ressource Zeit, geht zu Lasten von
Lebensqualität, von Gesundheit, von Beziehungen, von Erholung und von
Einkommen, denn auch die Realeinkommen werden bei Umsetzung dieser Richtlinie
sinken, meine Damen und Herren.
Das heißt, ich würde Sie dringend ersuchen, heute
unserem Antrag auf ein Signal für ein soziales Europa, das insbesondere nach
dem vorläufigen Scheitern des Vertrags von Lissabon notwendig geworden ist,
zuzustimmen, um den ArbeitnehmerInnen noch längere unbezahlte Arbeitszeiten zu
ersparen. Danke schön. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Frau Mag Feldmann. Ich erteile
es ihr.
GRin Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte
Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!
Laut Rechnungsabschluss 2007 hat Wien für die
Frauenförderung 7,8 Millionen EUR ausgegeben. Man bedenke, dass im selben Zeitraum
für Werbung und im PID die Stadt Wien 40,1 Millionen EUR ausgegeben
hat, das sind fast fünfmal so viel. Angesichts der Tatsache, dass wir rund 100
Millionen EUR an Mehreinnahmen aus eigenen Landesabgaben budgetieren,
hätte die Frauenförderung mit Abstand deutlicher ausfallen müssen.
Es ist unverständlich, wenn man bedenkt, wie groß der
Handlungsbedarf nach wie vor in diesem Bereich ist, und es ist uns allen
bewusst und ich glaube, auch Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, dass
die Gleichstellung nach wie vor in weiter Ferne liegt. (Beifall bei der
ÖVP.)
Ein Kurswechsel hat entgegen aller Ankündigungen von
Ihnen in diesem Bereich absolut nicht stattgefunden. Frau Vizebürgermeisterin -
sie ist leider nicht hier -, präsentiert den Rechnungsabschluss voller Stolz.
Sie erklärt, dass mit beinahe 4 Milliarden an nachfragewirksamen Ausgaben
die Stadt Wien den Wirtschaftsstandort nachhaltig sichere und Arbeitsplätze
garantiere.
Aber wie schaut es denn wirklich aus. Wie sieht es
aus bei der Frauenbeschäftigung in Wien? Wien hat mit 8,5 Prozent 2007 die
höchste Arbeitslosenquote in ganz Österreich. Das ist bitte kein Erfolg,
sondern das ist ein Versagen der SPÖ Wien. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn ich die Arbeitslosigkeit kurz insgesamt
vergleiche, dann hat Wien eine um 5 Prozent höhere Arbeitslosenquote als
beispielsweise Oberösterreich. Oberösterreich hat 3,6 Prozent, und bei der
Frauenarbeitslosenquote liegt Wien ... (GR
Kurt Wagner: Das ist schon lange her!) nein, das ist 2007, nein, das ist
eine einzige Statistik, wo komplett Niederösterreich 6,3 Prozent
Arbeitslosenquote hat. Ich lese es ihnen gerne vor: Wien 8,5, (GR Kurt Wagner: Da kann man halt nichts
machen!) Burgenland 7,6, ich werde Ihnen diese Statistik nachher
übermitteln. (GR Kurt Wagner: Brauchen
wir nicht, das ist ohnedies da!)
Bei der Frauenarbeitslosenquote liegt Wien am
3. Platz, am drittschlechtesten Platz, und zwar mit nur 0,2 Prozent
hinter Burgenland und Kärnten mit einer 7-prozentigen Arbeitslosenquote. Und da
ist es sehr fragwürdig, wie Sie da von einer wirksamen Wirtschaftspolitik und
von einer hervorragenden Frauenpolitik sprechen können, (Beifall bei der ÖVP.) weil das stetige Ignorieren von Fakten, das
Schönreden und das Durcheinandermischen von Tabellen, wo uns völlig unklar ist,
wie Sie zu den verschiedenen Zahlen kommen, wird auf Dauer nicht wirken, (GR Kurt Wagner: Fragen Sie Ihre
Handelskammerpräsidentin, dann werden Sie sehen!) weil die Menschen sind
nicht dumm, und das sehen sie bereits an den Umfragewerten. (Beifall bei der
ÖVP.)
In Wien waren 2007 28 885 Frauen arbeitslos
gemeldet. Das ist ein Drittel aller Arbeitssuchenden Frauen in ganz Österreich.
(Beifall bei der ÖVP.)
In den letzten sieben Jahren - Sie können diese
Zahlen gerne mitschreiben, sie sind alle belegbar - ist die
Frauenarbeitslosigkeit in Wien um 18,5 Prozent angestiegen. Dazu kommt,
dass die Frauen in Wien mit einer durchschnittlichen Verweildauer von
147 Tagen am längsten arbeitslos sind. Der österreichische Durchschnitt
beträgt 107 Tage. Wien ist die einzige Großstadt, wo die Arbeitslosigkeit
höher ist als in den ländlichen Gebieten, das ist einmalig. (StRin Mag
Katharina Cortolezis-Schlager: Ein Wahnsinn!)
Und wissen Sie, was passieren würde, wenn Wien die
Arbeitslosigkeit auf den Bundesdurchschnitt senken würde? Es hätten rund
30 000 Personen mehr einen Job, cirka 15 000 Frauen, wenn man 50/50
annähme. Ich bringe hiermit einen Antrag ein gegen Frauenarbeitslosigkeit,
gemeinsam mit meinen Kolleginnen Sirvan Ekici und Ines Anger-Koch:
„Die amtsführende Stadträtin für Integration,
Frauenfragen und Konsumentenschutz sowie die amtsführende Stadträtin für
Finanzen und Wirtschaftspolitik mögen dafür Sorge tragen, dass ein
Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung der Frauenarbeitslosigkeit binnen eines Jahres
erstellt wird, und dem Gemeinderat einmal im Jahr ein Bericht vorgelegt wird.
In formeller Hinsicht wird die
sofortige Abstimmung
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