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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 118

 

Beispiel, indem man einen neuen Ansatz für Gewaltprävention schafft und dadurch mehr freiwerdende Mittel für die MA 57 gewinnt. Die wären seit Jahren dringend notwendig, um die großen Würfe in der Frauenpolitik, die wir vermissen, endlich anpacken zu können. Sie haben sehr viele Versprechungen gemacht, Frau Stadträtin, sehr viele Ankündigungen, und Sie halten zum Teil in Wien nicht einmal das ein, was Sie im Bund selber fordern.

 

Zum Beispiel die Einführung eines Papa-Monats - wir haben entsprechende Anträge für den öffentlichen Dienst gestellt - in Wien wollen Sie davon nichts wissen - und zum Beispiel den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen für Unter-Drei-Jährige.

 

Es gibt zwar jetzt Verbesserungen im Zuge der 15a-Vereinbarung, aber immer noch große Defizite, denn jedes vierte Kind unter drei Jahren ist in Wien nicht betreut, oder zum Beispiel, was die Förderung von Frauen in Spitzenfunktionen betrifft, oder zum Beispiel - auch eine Ankündigung der nunmehr ehemaligen Frauenministerin Bures - die Koppelung der Wirtschaftsförderung an Frauenförderpläne. Eine sehr gute Idee, und wir Grüne haben auch entsprechende Modelle vorgelegt, wie man in Betrieben zum Beispiel Gleichbehandlungsbilanzen entwickeln und auch hier zum Abbau der steigenden Einkommensunterschiede beitragen kann. Allein in Wien wollen Sie davon nichts wissen.

 

Selbst eine ihrer großen Ankündigungen, Frau Stadträtin, nämlich Einkommensdaten für Wien, endlich frauenspezifische Einkommensdaten für Wien vorzulegen, um endlich die Frage beantworten zu können, wie viel verdienen Frauen in Wien eigentlich, wurde nicht erfüllt. Das glaubt man nämlich gar nicht, aber diese Daten liegen überhaupt nicht vor, es gibt keine regionalspezifischen Einkommensdaten, es fehlt nämlich der Statistik Austria der politische Auftrag hiezu. Seit Jahren kämpfen wir für diesen politischen Auftrag, um endlich die Frage beantworten zu können, wie groß die Einkommensunterschiede in Wien eigentlich sind, was Frauen denn eigentlich wirklich verdienen, vor allem arbeitszeitbereinigt. Sie wissen, die Teilzeitquote von Frauen steigt, und es ist gar nicht so einfach zu beantworten für Wien, wie viele so genannte Working Poor Frauen es mittlerweile gibt. Es liegen zwar enorm viele Daten vor, und deren eindeutige Entwicklung zeigt eine dramatische Entwicklung am Arbeitsmarkt für Frauen: Ein Sinken der Vollerwerbstätigkeit, ein Steigen von prekären, so genannten atypischen Arbeitsverhältnissen, auch ein Steigen der Einkommensunterschiede, große Einkommensunterschiede schon bei jungen Menschen, aber wirklich arbeitszeitkorrelierte Daten für Wien haben wir nicht.

 

Frau Stadträtin, Sie kündigen seit Langem eine Einkommensstudie für Wien an. Wir warten seit Langem auf diese Studie. Ich habe mir die Homepage der MA 57 angeschaut, da steht etwas über diese Studie. Da steht Situationsbericht zum Thema Einkommensunterschiede in Wien von L&R Sozialforschung, allein, wir haben diese Studie noch nicht erhalten. Ich würde Sie ersuchen, diese Studie zu veröffentlichen, um über dieses Thema auch angemessen diskutieren zu können.

 

Das Fazit der Frauenpolitik: Sehr gutes Marketing, wenig Substanz, viele Lippenbekenntnisse, vor allem in der Arbeitsmarktpolitik, wenige reale Daten, um tatsächlich Gleichstellung herbeizuführen und viel Lärm um eigentlich immer das Gleiche.

 

Wien ist von der frauenfreundlichsten Stadt - zu Beginn der Legislaturperiode hat es geheißen, Wien soll frauenfreundlichste Stadt werden - weit entfernt, und das ist einer der Gründe, weshalb wir diesen Rechnungsabschluss ablehnen.

 

Es braucht unserer Meinung nach eine aktive und offensive Frauenpolitik, es braucht auch frauenpolitische Visionen und ich glaube, es ist schon einige Male im Zuge dieser Rechnungsabschlussdebatte gefallen, nämlich die berühmten 1 000 Visionen der Stadt Wien.

 

Ich habe mir das natürlich auch im frauenpolitischen Teil angesehen. Im Kapitel Stadt der Frauen war das Erste was mir aufgefallen ist, dass insgesamt in den 1 000 Visionen von 24 Zitaten 22 von Männern und nur 2 von Frauen sind, eines von Frau Johanna Dohnal und eines von der verstorbenen Rosa Jochmann.

 

Viel auffälliger an der Stadt der Frauen waren aber Ihre Visionen, die Sie darin formuliert haben, und ich sage es Ihnen ehrlich, ich habe beim Lesen gedacht, das ist ein schlechter Witz, das kann ja nicht Ihr Ernst sein.

 

Sie haben als Vision formuliert, in 22 Jahren, also 2030, ein Drittel Frauen in der Wirtschaft. Super, wahnsinnig ambitioniert. In 22 Jahren ein Drittel Frauen in der Wirtschaft. In 42 Jahren, also 2050, wünschen Sie sich, Frauen selbstverständlich am Arbeitsmarkt, und jetzt kommt es, keine drastischen Einkommensunterschiede mehr. Ein wahnsinniges ambitioniertes Ziel für fast ein halbes Jahrhundert.

 

Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Frau Stadträtin. Ich denke, da sind Sie persönlich und auch die SPÖ eigentlich weiter. Diese Visionen sollten Sie eigentlich verstecken, weil dann brauchen Sie gar nicht zu arbeiten beginnen. Es wird mir dann natürlich auch klar, warum alles so langsam und schleppend geht, aber diese Visionen sind sicher nicht nur peinlich, sondern auch ein frauenpolitisches Armutszeugnis. Wir Grüne wollen natürlich eine offensivere, schnellere feministische und aktive Frauenpolitik heute und jetzt, und nicht am Sankt-Nimmerleins-Tag.

 

Und auch deshalb bringen wir heute Anträge ein, und haben dies auch schon gestern durch meinen Kollegen Margulies getan.

 

Einer dieser Anträge bezieht sich auf ein arbeitsmarktpolitisches Aktionsprogramm. Die Arbeitslosigkeit von Frauen - es wurde schon erwähnt - sinkt zwar statistisch, das ist ein konjunkturelles Phänomen, wie nachhaltig es ist, wird sich zeigen. Die offizielle Statistik bildet Frauenarbeitslosigkeit aber keinesfalls korrekt ab, es gibt eine hohe dunkle Ziffer von arbeitssuchenden Frauen, die beim Arbeitsmarktservice gar nicht gemeldet sind. Es gibt auch viele Frauen, wie auch Männer übrigens natürlich, in Kursmaßnahmen, die auch die offizielle Arbeitslosenstatistik drücken.

 

Die Frauenarbeitslosigkeit ist also viel höher als

 

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