Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 118
(Wiederaufnahme um 9 Uhr.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich
wünsche einen wunderschönen guten Morgen!
Wir nehmen die gestern unterbrochene Sitzung wieder
auf.
Entschuldigt für heute während des gesamten Tages ist
GR Stark.
Wir kommen nun zur Beratung der Geschäftsgruppe
Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung.
Ich schlage vor, die Debatte zur Geschäftsgruppe
Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung mit der Postnummer 3, das ist der
Jahresabschluss der Unternehmung Stadt Wien – Wiener Wohnen für das
Jahr 2007 gemeinsam durchzuführen, die Abstimmung über den
Rechnungsabschluss der Bundeshauptstadt Wien und den Jahresabschluss der
Unternehmung Stadt Wien – Wiener Wohnen jedoch getrennt vorzunehmen.
Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der
Fall. Ich darf daher die Damen und Herren des Gemeinderats ersuchen, so
vorzugehen.
In der Präsidialkonferenz wurde als Redezeit folgende
Regelung vereinbart: Die Erstrednerin beziehungsweise der Erstredner jeder
Partei erhält für die Spezialdebatte eine Redezeit von maximal 25 Minuten, alle
übrigen Rednerinnen und Redner 15 Minuten. Zum Wort gemeldet ist Frau GRin
Frank. Ich erteile es ihr.
GRin Henriette Frank (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Wenn die Frau StRin Brauner in ihrer Einleitung
gestern davon sprach, dass die Opposition die Berufskassandra sei, dann muss
ich sagen, ich freue mich darüber, denn die Kassandra hatte Vorsehungen, die
man ihr nicht glaubte. Und so hat sie ja nicht nur den Trojanischen Krieg
vorhergesehen, sondern auch den Untergang der Griechen. Wenn wir jetzt die
Berufskassandra sind, dann muss ich sagen, Tirol und Niederösterreich haben ja
gezeigt, dass wir recht haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich glaube überhaupt, dass es nicht angebracht ist,
hier ständig davon zu reden, dass die Opposition die Stadt Wien schlechtredet,
nur weil Sie nicht kritikfähig sind, meine Damen und Herren der SPÖ. Jeder Ihrer
Redner hier zeigt auf, wie stolz er über das ist, was er geleistet hat. Die
Superlative sind Standard in den Reden, wie die schönste, die beste, die
sicherste und lebenswerteste Stadt und so weiter. Aber genau parallel dazu sagt
die Frau StRin Brauner: Wir müssen noch besser werden.
Jetzt erklären Sie mir, wenn ich schon die sicherste
Stadt habe, was ist sicherer als am sichersten? Also irgendwie glaube ich
manchmal, Sie wissen jetzt schon selber gar nicht mehr, wie Sie sich in Ihrem
Lob und in Ihrem Stolz noch überbieten können. Also sagen wir, wir haben eine
sichere und eine lebenswerte Stadt, denn das lässt tatsächlich Verbesserungen
zu, die Superlative nicht mehr.
Wenn letztes Jahr die Frau
StRin Brauner dem Wohnbau noch zirka eineinhalb Minuten gewidmet hat - ich habe
das damals schon kritisiert, weil es im Verhältnis zu den anderen
Geschäftsgruppen beinahe stiefmütterlich war -, so fiel ihr heuer überhaupt
dazu nur ein Satz ein, und zwar dass die Erhöhung der Wohnbauförderung um
sagenhafte 33 Millionen in Wien einen Topwert erreicht hätte. Also nicht böse
sein, aber das zeugt von Inkompetenz, denn im Jahr 2000 betrug die
Wohnbauförderung noch 734 Millionen und das zu einem Zeitpunkt, wo die
Baupreise einen Tiefststand hatten. Das heißt, um diese 734 Millionen hat man
ja wesentlich mehr machen können als das heute mit den knappen 545, 578
Millionen der Fall ist. Dazu wissen wir ja, dass für Infrastruktur immer noch
zirka ein Drittel draufgeht, das heißt, das kann man ja nicht einmal dafür
verwenden, um jetzt Wohnungen zu bauen.
Da möchte ich jetzt ein paar
Zitate bringen, wo Sie, Herr Stadtrat, sagten, das Bauinnungsjournal hat Sie
damals bei Amtsantritt zitiert: „Und daneben habe ich mit der Erhöhung der Neubauleistung
einen wichtigen Schritt gesetzt, damit der Bedarf an erschwinglichem Wohnraum
auch in den nächsten Jahren gedeckt ist. Oder aber wichtig ist dabei, dass wir
rechtzeitig die nötigen Maßnahmen setzen, um die Nachfrage auch in den nächsten
Jahren decken zu können." Und Sie sprechen dann davon, dass Sie bis zum
Jahresende 2009 20 000 Wohnungen bauen wollen.
Schon damals kam es mir
insofern sehr wenig vor, als 5 000 Wohnungen ja sowieso der Standard
gewesen wären, und das mal drei wären schon 15 000 Wohnungen, also Sie
hätten um zirka 1 500 aufgestockt. Wie aber überhaupt nicht ausreichend
das gewesen ist und mit diesen läppischen 33 Millionen EUR auch
niemals hätte erreicht werden können, beweist der Wissenschaftsbericht. Denn
dort steht, dass dann der jährliche Neubaubedarf laut der nun aktualisierten
Prognose für die Periode von 2008 bis 2011 zwischen 8 900 und 10 700
Wohnungen liegt. Allein um 6 500 Wohnungen bauen zu können, hätten Sie
schon ein Mehr um 105 Millionen EUR in der Wohnbauförderung
gebraucht, und Sie sagen, mit 33 Millionen ist ein Topwert in Wien erreicht
worden! Der entsprechende jährliche Förderbedarf liegt jedoch für die Periode
2008 bis 2009 zwischen 7 400 und 9 200. Wir erreichen das ja gar
nicht. Das sind ja alles nur Plattitüden. Hier wird viel gesprochen, viel
angezeigt und viel medial verarbeitet, was aber keineswegs den Tatsachen
entspricht.
Es ist überhaupt zu
befürchten, dass auch das Niveau beim Bauen nicht mehr in der Form gehalten
werden kann. Denn so Projekte wie Passivhäuser, die Alternativenergien oder
eben die Bike-City, familienfreundliches Wohnen, Wohnen für Behinderte,
Senioren und so weiter, das wird auch immer von internationalen Architekten
geplant und das wird dadurch nicht billiger.
Der
Begriff der Qualität ist einer der am meisten missbrauchten in der heutigen
Konsumgesellschaft und das Neue, ohne damit Erfahrung gesammelt zu haben, wird
oftmals einfach zum Besseren erklärt. Das bedeutet einerseits, die
Grundstückspreise gehen in die Höhe, das heißt, Bauen wird generell teurer,
andererseits werden
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