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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 23.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 126

 

vorhandenen Überschuldungen zu sanieren.

 

Diese Kulturpolitik ist in der Tat ideenlos und konzeptlos und für die Steuerzahler auch widersprüchlich. So enthält etwa der Wissenschaftsbericht, der uns hier wenige Minuten vor der Debatte präsentiert wurde, ein Manifest gegen einseitige Ökonomisierung und für Solidarität.

 

Das Manifest stammt vom 19. Oktober 2007 und beschäftigt sich mit der Bewahrung des öffentlichen Raums. Ich werde Ihnen das zu Gehör bringen, denn es ist vor dem Hintergrund der Halbschalen-Diskussion und der Monopolisierung des öffentlichen Raums durch die Gewista ganz interessant.

 

Zitat: „Der öffentliche Raum ist nicht nur eine wesentliche Form der demokratischen Existenz, er ist auch einer ihrer wesentlichen Inhalte. Gerade in Zeiten, wo dieser durch verschiedene Arten der Privatisierung, seien es mediale oder ökonomische, bedroht wird, wird dieser öffentliche Raum ebenso sehr zum Ort wie auch zum Einsatz des demokratischen Prozesses." – Isolde Charim, Philosophin und politische Publizistin.

 

Möglicherweise machen Sie es mit Absicht, dass Sie die Papiere so spät hergeben, damit man wenig Zeit hat, die Widersprüche zwischen der geübten Politik und jener, die Sie uns erklären, machen zu wollen oder zu machen, aufzudecken. (Beifall bei der ÖVP.) Zum Abschluss bringe ich noch einen kurzen Beschlussantrag ein:

 

„Der Herr amtsführende Stadtrat für Kultur und Wissenschaft möge in Absprache mit der Frau amtsführenden Stadträtin für Gesundheit und Soziales veranlassen, die Tarife in den Museen der Stadt Wien so zu gestalten, dass Begleitern behinderter Menschen kostenloser Eintritt gewährt wird.

 

In formeller Hinsicht verlangen wir die sofortige Abstimmung dieses Antrages." (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es wäre eine Möglichkeit, in einem bewusst gewählten und sehr schmalen Bereich eine sozial verträgliche Politik zu machen. Es wäre eine Chance, die die SPÖ in diesem Fall hätte. Wir geben Ihnen die Chance mit diesem Antrag. Stimmen Sie zu!

 

Den Rechnungsabschluss im Bereich Kultur selbst werden wir ablehnen. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Zankl. Ich erteile es ihr. (Die an das Rednerpult tretende GRin Inge Zankl platziert einen Schal mit der Aufschrift „Wiener Festwochen" vorne auf dem Rednerpult.)

 

GRin Inge Zankl (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Jedem seinen Fan-Schal! - Mein Fan-Schal hat den Vorteil, dass ich ihn nächstes Jahr wieder verwenden kann, denn die Festwochen finden jedes Jahr statt.

 

Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu meinen sehr geschätzten Vorrednern und der Vorrednerin: Kollege Stefan, Ihre Rede ist eine Zusammenfassung von Vermutungen und Unterstellungen. In einem haben Sie allerdings recht, das kann ich Ihnen als Vorsitzende des Verkehrsflächen-Unterausschusses bestätigen: Wir legen großen Wert darauf, den Lebenslauf von Menschen, denen wir eine Straße oder eine Verkehrsfläche widmen, zu prüfen, denn eine Verkehrsfläche soll eine Würdigung einer Person sein, und wir fragen alle uns zur Verfügung stehenden Institutionen dazu ab.

 

Sie haben sich voriges Jahr in Ihrer Rede auch schon dagegen ausgesprochen, dass man Straßen nach Widerstandskämpfern benennen soll. Sie sind prinzipiell gegen jede Straßenbenennung - nicht Sie persönlich, aber Ihre Fraktion -, die wir nach einem Widerstandskämpfer, nach einer Widerstandskämpferin vornehmen. Sie waren in der letzten Ausschusssitzung konkret gegen die Benennung nach Sophie Scholl, einer Widerstandskämpferin. Das ist Ihr Prinzip. Werfen Sie also mir nicht vor, dass ich auch gewisse Richtlinien verfolge. Das ist für mich ganz wichtig.

 

Kollegin Ringler weiß genau, dass nach der Theaterreform die freien Gruppen mehr Geld zur Verfügung gestellt bekommen haben. Man kann also nicht sagen, dass die freien Gruppen untergehen und nur die „großen Tanker" Geld bekommen.

 

Bei Kollegen Wolf stelle ich fest, dass er ein Hellseher ist. Er hat gesagt, in üblich provinzieller Art werde der Rechnungsabschluss verteidigt. - Okay, wenn Sie so wollen: Den Rechnungsabschluss lobe ich gerne. Und wie Sie mich einschätzen, das ist mir eigentlich egal.

 

Zuerst einmal zu den nackten Zahlen. Man kann nicht sagen, dass diese geschönt sind. Das Kulturbudget der Stadt Wien ist seit Jahren im Steigen begriffen, und es betrug im Jahr 2007 230 Millionen EUR. Das entspricht einer Steigerung von 11,3 Millionen EUR im Vergleich zum Rechnungsabschluss 2006 - rund 5 Prozent mehr. Der Anteil von Kultur und Wissenschaft am Gesamtbudget der Stadt Wien beträgt somit 2,19 Prozent.

 

Besonders begrüße ich, dass in der Wiener Budgetpolitik nach dem Prinzip des Gender Budgeting vorgegangen wird. Zum Beispiel der Call „FemPower Vienna" des ZIT: Da wurde die Fördersumme aufgestockt, weil so viele Einreichungen von exzellenten Frauen vorgelegen sind! Es ist uns gelungen, die Frauenquote in Forschung und Technologie weiter zu erhöhen. Und unter den Stipendien und Förderpreisen für hoch begabte junge Wissenschafterinnen und Wissenschafter wurden zuletzt 95 Prozent der Fördersumme an Frauen vergeben.

 

Wichtige Projekte im Jahr 2007 waren - zum Beispiel; es waren ja viele, aber einige möchte ich gerne nennen -: Die Betreuung von Wissenschaft und Gesellschaft im Rahmen von „Wien denkt Zukunft - Wissen schafft Innovation" durch die Wissenschaftsabteilung, 20 Jahre Wiener Vorlesungen, 3 Millionen EUR für den Jubiläumsfonds der Stadt Wien, die Bestellung von Andreas Beck als neuen Leiter des Schauspielhauses, das neue Koproduktionshaus „brut", die erste Saison des Theaters an der Wien als ganzjährig bespieltes Stagione-Opernhaus nach dem Mozartjahr, die Wiedereröffnung der generalsanierten Josefstadt, die Eröffnung des MUSA, die Neuorganisation des Fonds „Kunst im öffentlichen Raum".

 

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