Gemeinderat,
35. Sitzung vom 23.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 126
planen beziehungsweise auch mittel- und langfristig seine Finanzen in Ordnung zu halten. Es wäre daher sehr notwendig, dass wir in Zukunft dem Budget einen mittelfristigen Budget- und Finanzplan beilegen, auch sagen, wo unsere Schwerpunkte sind, und es nicht nur bei Rhetorik belassen, sondern auch mit Fakten unterlegen. Ich glaube, das ist für eine Stadt wie Wien von extremer Bedeutung, dass wir wissen, wie es weitergeht, wo die Schwerpunkte sind, wo vor allem in wirtschaftlichen Sektoren die Schwerpunkte sind und wovon wir ausgehen können. Daher darf ich, wieder mit meinem Kollegen Matthias Tschirf, folgenden Beschlussantrag einbringen:
„Dem Wiener Gemeinderat wird jährlich anlässlich der
Budgetdebatte ein über mehrere Jahre ausgerichteter Finanz- und
Investitionsplan vorgelegt, der, basierend auf den Intentionen und dem
Informationsgehalt des letzten diesbezüglichen Planes, auch zusätzliche, oben
genannte Wirtschafts-, Investitions- und arbeitsmarktpolitische Aspekte
enthält, insbesondere einen entsprechenden mittel- und langfristigen
Maßnahmenkatalog."
Meine Damen und Herren! Ich glaube, das wäre sehr,
sehr wichtig, auch zumindest, wenn es den so genannten Wien-Konzern gibt, wo
man weiß, was diese Wien-Konzern-Betriebe ganz einfach mitmachen.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung verlangt. -
Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Danke schön. - Zum Wort gemeldet ist Herr GR Ekkamp. -
Bitte.
GR Franz Ekkamp
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Frau Stadträtin! Herr Vorsitzender!
Geschätzte Damen und Herren!
Die heutige Rechnungsabschlussdebatte wäre - bei
allem Verständnis für die Kritik der Opposition - sicher in manchen Bereichen
gedeihlicher, wenn man bei dieser Diskussion mit konkreten oder
nachvollziehbaren Zahlen argumentieren würde. Insbesondere bei den Gebühren,
bei dieser Debatte um die Gebühren, ist mir das sehr stark aufgefallen.
Ich möchte jetzt niemandem hier in diesem Haus
unterstellen, dass man in seinem Redebeitrag bewusst eine falsche Darstellung
wählt. Aber eines gilt, und das haben wir hier schon des Öfteren in dieser
Angelegenheit diskutiert: Man sollte bei der Darstellung von Zahlen die
Kameralistik und eine Kostenrechnung auseinanderhalten. Wenn jemand dies nicht
beachtet, dann passieren eben gewisse Darstellungsfehler, meine sehr verehrten
Damen und Herren!
Es ist heute schon gesagt worden, und ich wiederhole
es hiermit - vielleicht stärkt das irgendwo das Bewusstsein für die
nachfolgenden Redebeiträge -: Es gibt laut Gebührenspiegel 32 Abgaben in dieser
Stadt; 5 sind kostendeckend, und 27 liegen darunter. Auf Basis des Jahres 2008
sind alle 32 Gebühren in dieser wunderschönen Stadt um
500 Millionen EUR unterdeckt! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) -
Nur so viel zu diesen Zahlen und Fakten.
Wenn von einer Partei hier in diesem Haus wieder das Herz
für kleine Menschen entdeckt wird (StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager:
Wenn Ihnen die Kindergärten ...!) - wir reden zwar heute über den
Rechnungsabschluss und nicht über die Bundespolitik, aber soll so sein, Sie
entdecken das Herz für die Kleinen -, dann sollten Sie wahrscheinlich auch
nachdenken. Ich kann mich an eine Zeit bis knapp vor 2007 erinnern, da sind
gerade jene Mandatarinnen und Mandatare, die dieser Partei angehören,
300 m weiter drüben in einer Regierung gesessen. Ich kann mich auch noch
gut daran erinnern, was damals den Menschen abverlangt worden ist: Im
Durchschnitt war das zirka ein Monatsverdienst! Ich will Ihnen die ganze
Auflistung de facto wieder ersparen, ersparen insofern, als die Liste sehr groß
wäre.
Es ist heute wieder angeführt worden - anscheinend
irgendwie eine Konstruktion, die schwer nachvollziehbar ist, wenn man nicht die
geeigneten Unterlagen zur Hand hat -, da wurde auch darüber gesprochen, was die
jetzige Regierung mit den Rezeptgebühren verbrochen hat. Ja, sie sind angepasst
worden - diese Automatik ist aber in einer Regierung von Schwarz und Blau
beschlossen worden. Nicht erwähnt worden, bewusst nicht erwähnt worden, ist
dabei die soziale Handschrift, dass die Rezeptgebühren mit 2 Prozent des
monatlichen Nettoeinkommens begrenzt worden sind! - So viel zur Darstellung;
ich glaube, es wäre sicher besser, wenn man hier konkretere Zahlen hergibt. (Beifall
bei der SPÖ.)
Ich will auch die Energiekosten nicht unerwähnt
lassen. Darüber gibt es auch immer wieder Debatten. Es wurde schon verlangt,
dass man die Gewinne von Wien Energie an die Wienerinnen und Wiener ausschütten
möge. Dann müsste man natürlich auch an niederösterreichische Kunden
ausschütten. Das wären 5, 6 oder 7 EUR im Jahr, eine wunderbare Summe!
Wien Energie macht das ganz anders. Diese Gewinne
werden in neue Anlagen investiert, und zwar erstens in Anbetracht des
Umweltschutzgedankens und zweitens wegen der Abhängigkeit von den
Primärenergien. – Die Mitglieder des Unterausschusses werden sich noch gut
erinnern können, und auch Kollege Parzer war, glaube ich, mit: Wenn wir das
Repowering in Block 1 und 2 in Simmering in Kürze, nämlich Ende dieses
Jahres beziehungsweise zu Beginn des nächsten Jahres, in Betrieb nehmen werden,
dann werden wir praktisch 75 Prozent des Eigenbedarfes der Stadt Wien
abdecken können.
Zu den Preisen: Wir leben in einer freien
Marktwirtschaft. Die Preise auf dem Energiemarkt sind nicht geregelt. Manche
würden sich das heute wieder wünschen, aber der Energiemarkt ist eben
freigegeben. Da waren wir nicht dabei, aber die FPÖ war seinerzeit dabei. Man
ist in vorauseilendem Gehorsam schneller vorgegangen, als das die EU zum
Beispiel vorgeschrieben hat, und die Betriebe der Wien Energie befinden sich
heute auf dem freien Markt.
Sie können natürlich nicht
verlangen, was sie wollen, denn dann werden sie wahrscheinlich bald keine
Kunden mehr haben. Das wäre genauso, wie wenn ein Betrieb von den Autofahrern
um 30 oder 40 Prozent mehr für den Diesel verlangte: Dann würden die
Autofahrerinnen und Autofahrer wahrscheinlich anderswo ihre Energie
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