Gemeinderat,
35. Sitzung vom 23.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 126
Die Schulden der Bezirke sind wiederum um 1,1 Millionen EUR gestiegen, und die Verschuldung der 13 Bezirke ist in den letzten 3 Jahren um insgesamt 86 Prozent angewachsen. Ich weiß nicht, warum die sozialistische Stadtverwaltung diesen Dingen tatenlos zusieht. Ich nehme an, Sie wollen irgendwann einmal ein massives Rettungspaket für die Bezirke schnüren und sich dann wahrscheinlich ganz besonders dafür loben.
Wenn man sich die Entwicklung der Bezirksschulden
ansieht, sind Favoriten, Hietzing, Meidling, Simmering und Rudolfsheim-Fünfhaus
an der Spitze. Diese konnten auch, sozusagen im Negativen, ihre ersten Plätze
halten. Verbessert haben sich Penzing und Alsergrund um jeweils einen Punkt,
verschlechtert allerdings die Innere Stadt, Wieden und Margareten; verbessert
die Leopoldstadt, verschlechtert Ottakring und verbessert die Brigittenau.
Aber alles in allem ist in den Bezirken ein
gewaltiges Schuldenloch entstanden. Es wächst sozusagen stündlich und täglich,
und es besteht von Seiten der Stadtverwaltung ganz offensichtlich kein
Interesse, in irgendeiner Form einen Abbau dieses Schuldenszenariums in Angriff
zu nehmen.
Unsere Schlussfolgerungen auf Grund des vorliegenden
Rechnungsabschlusses 2007 sind daher folgende: Das Budget ist ein Budget der
Hochkonjunktur, allerdings schlechter gestellt und schlechter gesetzt als in
der letzten Hochkonjunktur im Jahre 2000. Es gibt erhöhte Einnahmen, einerseits
aus den Steuermitteln des Finanzausgleiches, aber eben auch und vor allem aus
der Gebührenlawine der SPÖ der vielen Jahre, die zurückliegen.
Die Schwächen des Budgets sind aber geblieben:
einerseits der Schulbereich, der sich zur Mega-Katastrophe auswächst; die
Bezirksmittel, die Senkung und das Absinken der Bezirksmittel, was heißt, dass
die Bezirke sich auf Sicht nur mehr in eine Schuldenfalle begeben werden; und das
Gesundheitsbudget, das ja in irgendeiner Form als finanzieller Sargnagel für
diese Stadt zu bezeichnen ist.
Aus diesen Gründen werden wir natürlich und
selbstverständlich den Rechnungsabschluss 2007 ablehnen. (Beifall bei der
FPÖ.)
Ein paar Worte noch zu der Situation Wien, Österreich
und die EU: Für Wien ist ja der allfällig zustande kommende Reformvertrag von
großer Bedeutung, was die Kompetenzen, die Zuständigkeiten in Stadt und Land
betrifft. Wir haben nun ein Irland-Votum, das diesen Reformvertrag abgelehnt
hat. Es wird viel gesprochen von der Anerkennung der Abstimmung, auch der
Folgen, allerdings wird wenig gesagt - außer von uns und unseren Freunden -,
dass der Vertrag von Lissabon gestorben ist. Man hört viel vom Respekt vor der
Abstimmung, aber wenig über eine echte Anerkennung der Folgen, nämlich die
Rückkehr zum Status quo und die Feststellung, dass damit der Vertrag von Nizza
weiterhin Platz greift und eine Neuordnung und Neuformulierung von allfälligen
Verträgen auf neuer Grundlage herzustellen sind.
Für uns Freiheitliche ist der Vertrag von Lissabon
sowieso ein Irrweg. Aber nicht nur für uns, sondern ich glaube, teilweise bis
zu 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung haben diesen Vertrag aus
verschiedenen Gründen abgelehnt. Die Gründe sind vielfältig und sind gar nicht
so sehr im Wissen über den Vertrag als solchen begründet, obwohl man schon
weiß, dass das ein Weg zum Zentralstaat ist, wenn dies auch immer geleugnet
wird. Aber die Völker und Staaten Europas haben etwas gegen die Entwicklung an
sich. Nicht allein der Vertrag steht im Mittelpunkt der Ablehnung - der ist ja
für einen normalen Menschen fast nicht lesbar gewesen -, sondern der
eingeschlagene Weg der Europäischen Union an sich.
Da gibt es eine ganz interessante Feststellung
seitens eines EU-Kommissars. Der irische Kommissar McCreevy hat erklärt, dass
er den Vertrag selbst nicht gelesen hat. Er beklagt sich darüber, dass das
nicht leicht zu verkaufen ist - obwohl es nicht ums Verkaufen geht, sondern um
die grundsätzlichen Linien, die diese EU, ganz unabhängig vom jetzigen Vertrag,
seit Langem fährt -, und sagt weiters, dass er glaubt, dass in ganz Irland
keine 250 Menschen den Vertrag gelesen und davon nur 10 Prozent, nämlich
25, ihn verstanden hätten. Das hat er erfreulicherweise auch vor der Abstimmung
in Irland gesagt. Ich nehme an und hoffe, dass solche Bemerkungen auch ihre
Wirkung auf die irische Bevölkerung nicht ganz eingebüßt haben.
Das heißt, der eingeschlagene Weg ist sicher ein
falscher. Wir glauben, dass es eben eine Fülle von EU-Richtlinien gibt, die
eine Linie vorgeben, bei der die jeweiligen Gebietskörperschaften - die
Staaten, die Länder, die Gemeinden - nur mehr einen Nachvollzug haben. Von der
viel beschworenen Subsidiarität ist hier weit und breit überhaupt nichts
festzustellen. Daher ist ganz klar, dass die Bevölkerung ein tiefes Misstrauen
gegen diese Entwicklungen zum Zentralstaat hat.
Obwohl die Inhalte dieser Richtlinien über weite
Strecken der Bevölkerung nicht bekannt sind, ist die Missstimmung eine große.
Wenn man aber weiß, welche Auswirkungen die Dienstleistungsrichtlinie zum
Beispiel auf die Zahl der Scheinselbstständigen hat, wenn man die
Antidiskriminierungsrichtlinie hernimmt - mit dem unglaublichen Institut der
Beweislastumkehr, das sicher noch viele gar nicht kennen, wobei aber bald jeder
Vermieter, der einen Mieter nehmen will, oder jeder Gewerbetreibende, der
jemanden anstellen will, wissen muss und vielleicht auch erfahren wird, dass er
bei Nichtannahme zum Beispiel eines Nigerianers anstelle eines Burgenländers
dann unter Umständen wird beweisen müssen, dass die Nichtannahme dieser Person
nicht aus Diskriminierungsgründen erfolgt ist -, dann werden wir noch viel
Unmut in der österreichischen Bevölkerung erleben, und dann werden sich diese Dinge
massiv verstärken.
Die Gleichbehandlungsrichtlinie,
die wir hier schon oft besprochen haben und die eben nach fünf Jahren
Aufenthalt Zugang zur Sozialversicherung und zum geförderten Wohnbau eröffnet,
auch Gemeindebauten sind da
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