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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 23.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 126

 

Und was ist mit Ihnen, Frau Stadträtin? Kommen Sie mir nicht mit irgendeiner neuen Linie, Begründung oder sonst irgendwas! Ich frage Sie: Warum haben Sie geschwiegen? Warum haben Sie, während in Niederösterreich Wahlkampf war, Erwin Pröll genau dieses Thema überlassen? Warum haben Sie nicht von Wien aus die Vorreiterrolle übernommen, um zu sagen: Nein, das ist keine Maßnahme, die die Menschen entlastet, das ist keine gute Idee, von kleinen Familien zu verlangen, dass sie ihr gesamtes Vermögen veräußern, nur damit sie am Ende 120 EUR bekommen und sich dann erst recht die Pflegerin oder den Pfleger nicht leisten können? Wo waren hier Ihre starken Worte? Das ist genau das, was ich vermisse.

 

Und genau in diesem Bereich vermisse ich auch Daten in Wien und das bezieht sich nicht nur auf die Pflegelösung, sondern genauso sieht es auch im Bereich der Grundsicherung oder Mindestsicherung aus, wie es derzeit heißt, wo sich ein ähnlicher Problembereich anbahnt. Genauso vermisse ich (Aufregung bei Mag Thomas Reindl.) Ihren Einsatz beim Mindestlohn auf Stundenbasis. Genauso vermisse ich Ihren Einsatz bei der Abschaffung der Zwei-Klassen-Medizin.

 

Es kommt auch nicht von ungefähr, dass wir dieser Tage in diesem Haus eine Untersuchungskommission im Bereich der Psychiatrie haben, denn gerade im Bereich der Psychiatrie kann man sehr schön nachvollziehen, eigentlich auf eine sehr traurige Weise nachvollziehen, was Zwei-Klassen-Medizin in dieser Stadt heißt und wen sie trifft. Denn einmal mehr sei hier gesagt: Wer es sich leisten kann, der geht natürlich in eine private Klinik und lässt sich gerade bei psychischen Erkrankungen die bestmögliche Betreuung angedeihen. Wer es sich nicht leisten kann, ist mit Mangelversorgung konfrontiert, ist damit konfrontiert, dass in manchen Bezirken die Betreuung alles andere als bestmöglich ist, ist damit konfrontiert, dass er oder sie im Otto-Wagner-Spital ist, wo inzwischen feststeht, dass der Personalmangel Auswirkungen auf die Art und Weise hat, wie betreut wird. Wer es sich nicht leisten kann, ist als Jugendlicher darauf angewiesen, in einem staatlichen Spital betreut zu werden, um dann damit konfrontiert zu werden, mit den Erwachsenen gemeinsam liegen zu müssen. Und das sage nicht ich, das sagen Ihre Zeugen, und Ihre Sachverständigen bestätigen das auch, dass es so ist!

 

Also es tut mir leid, aber nehmen Sie zur Kenntnis, es ist eben nicht alles Gold in Wien und es glänzt schon lange nicht mehr. Es gibt Problembereiche und da müssen wir handeln.

 

Letzter Bereich für mich, den ich aufgreifen möchte, ist gerade eben der Bereich Schule, Kindergarten, Kinderbetreuung, vor allem auch in einer Stadt wie Wien, in der inzwischen die Hälfte aller Kinder zum Zeitpunkt der Einschulung, also die Hälfte aller Taferlklassler eine andere Muttersprache haben als Deutsch. Klar ist, dass, wenn wir mit solchen Zahlen in der Stadt leben, es dann auf der Hand liegt, dass wir in diesem Bereich sehr, sehr viel nachdenken müssen, welche die richtige Schulpolitik für diese Stadt ist. Für mich ist ebenfalls klar, dass nicht alle Kinder, die eine andere Muttersprache als Deutsch haben, zum Zeitpunkt der Einschulung Deutschschwierigkeiten haben, aber nichtsdestotrotz eine beträchtliche Gruppe. Und einmal mehr sei gesagt, wenn ich es schaffen möchte, dass diese Kinder eine Zukunft haben, wenn ich ihnen Perspektiven geben möchte, wenn ich erreichen möchte, dass sie eine erfolgreiche Schullaufbahn hinter sich bringen und dann einen Beruf ergreifen können oder studieren, dann muss ich dafür sorgen, dass diese Kinder wenn möglich noch vor der Einschulung erreicht werden und wenn möglich noch vor Schulbeginn ausgezeichnet Deutsch sprechen. Der Ort, wo ich das machen könnte, wo ich das erreichen könnte, ist logischerweise der Kindergarten. Und einmal mehr: Ich finde jedes Jahr, in dem wir in dieser Stadt verpflichtenden Gratis-Kindergarten für alle Kinder nicht haben, ist ein Jahr zu viel. Denn wenn ich erreichen möchte, dass alle Kinder tatsächlich zum Zeitpunkt der Einschulung die diversen Schwierigkeiten, die sie haben, bewältigen können, dann muss ich dafür sorgen, dass diese Kinder, wie gesagt, in den Kindergarten kommen. Das kann ich nur, wenn ich ihn verpflichtend mache. Und nebenbei wäre ein kostenloser Kindergarten eine wesentliche Entlastungsmaßnahme für junge Familien aus der Mittelschicht gerade in Zeiten, wo wir darüber reden, dass die Teuerung steigt und sie davon massiv betroffen sind.

 

Gerade in Zeiten, wo die Diskussion auf Bundesebene geführt wird, ob und wie man mit einer Steuerreform genau hier diese Gruppe von Menschen entlasten kann, frage ich Sie, meine Damen und Herren: Was wäre eine bessere, treffsicherere soziale Maßnahmen, mit der ich junge Familien entlasten kann, als dass ich den Kindergarten gratis mache, was in Wien eine Ersparnis von in etwa 5 000 EUR im Jahr bei einem Kind bedeuten würde, bei zwei Kindern bis zu 10 000 EUR im Jahr? Ich glaube, dass das eine gute, eine kluge Maßnahme wäre, mit der man, wie gesagt, Soziales erreichen könnte, aber auch durchaus das Sprachenproblem, das es zum Teil in den Schulen gibt, im Vorfeld abfangen und lösen könnte. Und nebenbei, Frau Stadträtin, ich würde es sehr begrüßen, wenn zumindest im nächsten Jahr in den Wiener Schulen in viel mehr Lehrerinnen und Lehrer investiert werden würde, denn klar ist, dass ein derart vielfältiges Schulvolk, wenn Sie so möchten, Betreuung braucht, viel Unterstützung braucht, Fördermaßnahmen braucht, viel mehr Fördermaßnahmen auch in der Muttersprache und nicht nur im Deutschen braucht. Das alles ist auf Grund der Einsparungen, die es im Lehrerinnen- und Lehrerbereich in den Jahren 2000 und bis vor Kurzem teilweise gegeben hat, ja massiv zurückgefahren worden. Das heißt, hier muss einmal mehr massiv investiert werden, um genau die weggekürzten LehrerInnen von anno dazumal wieder aufnehmen zu können.

 

Ich schließe mit dem Bereich Prater ab. Es kann ja sein, dass jemand auf die Idee kommt zu sagen, all das, was ich verlange, kostet irrsinnig viel Geld und wie soll man sich das alles leisten und das alles sei illusorisch. Ich kann nur sagen, offensichtlich hat diese Stadt wahnsinnig viel Geld. Sie hat so viel Geld, dass es sogar

 

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