Gemeinderat,
33. Sitzung vom 08.05.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 89
GRÜNEN.
Damit kommen wir zur Postnummer 9 der Tagesordnung.
Es geht um einen Kollektivvertrag für die Forstarbeiter.
Ich bitte den Berichterstatter Herrn GR Ekkamp, die
Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatter GR Franz Ekkamp: Herr Vorsitzender! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung.
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm:
Zum Wort gemeldet ist Herr GR Schreuder, bitte schön!
GR Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus):
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich nehme jetzt diese Postnummer zum Anlass, um über ein
Geschehnis, das vor Kurzem auch in den Medien sehr präsent war, zu erzählen. Es
passt insofern auch zu den Forstarbeitern, weil es ja um die Bediensteten der
Stadt Wien geht und vor allem auch die Bediensteten der ausgegliederten
Unternehmungen.
Die Stadt Wien hat ein ausgezeichnetes
Antidiskriminierungsgesetz. Das haben wir auch immer unterstützt und wir freuen
uns auch, dass das Antidiskriminierungsgesetz beispielsweise Dienstleistungen
der Stadt Wien in ausgegliederten Unternehmungen gewährleistet beziehungsweise
dass dieser Diskriminierungsschutz auch dort gegeben ist. Wir freuen uns, dass
die Stadt Wien diese antidiskriminierende Grundhaltung der Stadt auch immer
sehr gut kommuniziert. Jetzt fragte ich natürlich: Wie wird diese Grundhaltung
auch gelebt? Und da war es schon erstaunlich, als vor wenigen Tagen ein doch
sehr spektakuläres Urteil vom Arbeitsgericht bezüglich eines homosexuellen
Straßenbahnfahrers bekannt wurde, der gekündigt wurde, nachdem er jahrelang
Mobbing ausgesetzt war. Der Mann ist zu seinem Betriebsrat gegangen und hat
schlicht und ergreifend nichts anderes getan, als in einem Vier-Augen-Gespräch
darum gebeten, sein Partner möge doch auch so eine Ermäßigungskarte bekommen
wie sie bei heterosexuellen Paaren auch üblich ist. Mehr hat er nicht getan.
Und das reichte dann auch für ein jahrelanges Martyrium.
Kaum hatte er nach diesem
Vier-Augen-Gespräch seinen Dienst wieder angetreten, wurden auf den
Toiletteanlagen Sprüche mit dem Namen dieses Mannes laut gemacht, er habe AIDS,
er sei schwul. Er wurde gemobbt. Sein Auto wurde zerkratzt. Seine Reifen wurden
aufgeschlitzt. Das ging so weit, dass der Mann am so genannten depressiven
Belastungssyndrom erkrankte.
Was haben die Wiener Linien
gemacht, nachdem das passiert ist? Nicht, dass sie eingeschritten wären und
ihm, diesem Mobbingopfer, geholfen hätten, eine Mediation eingeführt hätten,
erklärt hätten, warum es nicht zu Diskriminierungen und zu solchem Mobbing in
einer Unternehmung der Stadt Wien kommen darf! Was haben die Wiener Linien
gemacht? Sie haben den Mann gekündigt!
Da ist die Frage, ob das die
Antidiskriminierung ist, wie wir es uns in unserer Stadt vorstellen oder ob
nicht das, was man so oft hört, Diversity Management und Antidiskriminierung,
oft nur eine Fassade ist und dahinter nicht mehr weitergearbeitet wird. Es
stimmt, ein Antidiskriminierungsgesetz ist wichtig, Diversity Management ist
wichtig, aber beides kann nur dann funktionieren, wenn das auch sickert, wenn
man Schulungsmaßnahmen, Sensibilisierungsmaßnahmen, eben
Diversity-Management-Programme macht. Dann können solche Fälle verhindert
werden.
Es gibt das rot-grüne Projekt - Dank auch an meine
Kolleginnen StRin Vana und StRin Frauenberger -, diese Mobbingstelle für
Gemeindebedienstete, wo diese sich hinwenden können. Allerdings gilt diese
Mobbingstelle nicht für Bedienstete in ausgegliederten Unternehmungen
Das ist aus unserer Sicht ein Manko. Daher bringen
meine Kollegin Ingrid Puller und ich einen Antrag ein, der nicht nur auf diesen
einen Fall, den ich soeben geschildert habe und der medial bekannt geworden
ist, zurückzuführen ist. Es haben sich nach diesem bekannt gewordenen Fall
einige Menschen bei uns und vor allem bei meiner Kollegin Puller gemeldet, die
unglaubliche Mobbinggeschichten erzählt haben, sei es wegen der Herkunft, sei
es einfach nur auf Grund des Geschlechts. Solche Mobbingfälle gibt es zuhauf
bei den Wiener Linien. Es ist wirklich dringend an der Zeit, dass dieses
Aidsprinzip auch in den Unternehmungen der Stadt Wien durchgesetzt wird. Unser Antrag
lautet daher:
„Die zuständigen StadträtInnen werden ersucht, mit
den Unternehmensführungen der ausgegliederten Unternehmen der Stadt Wien,
insbesondere den Wiener Stadtwerken und dem Fonds Soziales Wien, Gespräche mit
dem Ziel der Errichtung einer Mobbingberatungsstelle für deren Beschäftige zu
führen.
In formeller Hinsicht beantragen wir die Zuweisung
dieses Antrags an den Gemeinderatsausschuss für Integration, Frauenfragen und
Personal.“
An Frau StRin Brauner würde ich gerne noch einen
Appell richten. Es war damals ihre Idee, in Wien Diversity Management auch als
Magistratsprinzip einzuführen. Wir haben das begrüßt. Diversität bedeutet
Respekt und Umgang mit Vielfalt. Jetzt ist sie zuständig für die Wiener Linien
und ich hoffe doch sehr, dass sie dieses Prinzip, das sie sich für eine Stadt
ausgedacht hat, auch als Chefin - unter Anführungszeichen - der ausgegliederten
Unternehmungen der Stadt Wien findet. - Vielen Dank. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Zum Wort
ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr
Berichterstatter hat auf das Schlusswort verzichtet.
Wir kommen daher gleich zur Abstimmung.
Wer der Postnummer 9 die Zustimmung geben kann, den
bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle die Einstimmigkeit fest.
Es liegt mir der Beschluss- und Resolutionsantrag der
GRÜNEN vor. Formell ist die Zuweisung beantragt.
Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilen kann, den
bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle auch hier die
Einstimmigkeit fest.
Wir kommen zur Postnummer 72
der Tagesordnung.
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