Gemeinderat,
33. Sitzung vom 08.05.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 89
als moralisch empfinden?
Und auch zu der Wortwahl:
Wir haben das schon einmal diskutiert, wie wir es hier schon oft diskutiert
haben: Gewaltprävention, Jugendgewalt. Die Worte, die Sie verwenden, ja,
Autorität, Strafen erhöhen, mehr Grenzen setzen, et cetera, in Verbindung mit
einer Fraktion ... (GR Mag Harald Stefan: Aber das ist schon gut:
Grenzen setzen!) Herr Stefan, ich bitte Sie, also sozusagen ... (GR
Mag Harald Stefan: Haben Sie Kinder?) Ja, natürlich, ich habe nicht Kinder, ich habe ein Kind. (GR Mag Harald Stefan: Dann wissen Sie auch:
Natürlich muss man Grenzen setzen!) Natürlich
setze ich ihm auch Grenzen. Er setzt auch mir Grenzen, denn das, was wir wollen
und wofür wir auch als Sozialdemokratische Fraktion stehen - und das ist der
ganz große Unterschied zu Ihnen -, ist für die Partnerschaftlichkeit, ist für
Partizipation Kinder und Jugendlicher in dieser Gesellschaft, ist für
Empowerment, ist für Selbstwertstärkung. Wir halten nichts davon, sie zu
unterdrücken. Wir halten nichts von Jugend, die kuschen muss. Wir halten nichts
davon, dass Lehrer Autoritäten kraft ihres Amtes sind, sondern Kraft ihrer
natürlichen Autorität. Und über Gewalt zu reden, über gegenseitiges Verletzen
gerade in einer Fraktion - entschuldigen Sie bitte -, die das teilweise zum,
wie nennt man das dann, zur Tradition erhoben hat - ich will nicht weiter
darüber sprechen (GR Mag Johann
Gudenus, MAIS: Das ist eh gescheiter!) - ich finde, das richtet sich von selbst!
Mein Appell an die
Verantwortlichen ist: Erwachsene müssen Vorbilder sein. Wir müssen Vorbilder
sein. Das bedeutet auch: Keine gewalttätige Sprache. Das bedeutet auch: Keine
Vorverurteilungen. Das bedeutet auch: Keine Pauschalisierungen, sondern
natürliche Autorität, Emanzipation, Partnerschaftlichkeit, Partizipation,
Empowerment, Stärkung des Selbstwertgefühls. Das sind nicht Schlagworte,
sondern das sind integrierte Bestandteile pädagogischer Konzepte in unseren
Schulen, in unserer Jugendarbeit und in unserem Umgang mit Kindern und jungen
Menschen. Und das, bitte, wäre so schön, Sie würden es sich einmal merken. Wir
werden jedenfalls so weiterarbeiten. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum
Wort gemeldet ist Herr GR Mag Stefan, bitte.
GR Mag Harald Stefan (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr
Vorsitzender!
Sie haben jetzt mit einer gefährlichen Drohung diese
Rede beendet: „Wir werden so weitermachen.“ Wir stehen ja hier und diskutieren
heute, weil wir feststellen, dass die Situation nicht erfreulich ist. Und ich
gebe schon dem Kollegen Baxant recht: Die Jugend ist heute nicht schlechter als
sie früher war. Das ist eine wirklich unsinnige Feststellung, die immer wieder
von der älteren Generation getroffen wird, zu der ich jetzt wahrscheinlich auch
schon gehöre. Aber Tatsache ist trotzdem, dass die Gewalt zunimmt. Und wenn man
dann darüber diskutiert, warum, dann gibt es mehrere Facetten. Sicherlich sind
die wesentlichen dabei die Perspektivlosigkeit dieser Personen, die hier zur
Gewalt greifen. Es ist ihnen oft schlicht und einfach fad. Sie haben keine
Ansprüche an ihr Leben. Sie haben eine mangelnde Wertevermittlung mitbekommen.
Sie haben offenbar mangelnde soziale Einbindung, denn jeder weiß, dass der, der
sozial eingebunden ist, beschäftigt ist, sich vielleicht in einem Sportverein
oder sonstwo engagiert, zu solchen Dingen gar nicht kommt. Und was ich sehr
wesentlich finde, das ist eine offensichtlich mangelnde und unzureichende
familiäre Einbindung, die bei derartigen Fällen regelmäßig festzustellen ist.
Das heißt jetzt nicht, dass die Jugend schlechter ist, und das heißt auch
nicht, dass das nur eine bestimmte Gruppe von Menschen ist, aber es ist ganz
klar auch festzuhalten, dass diese jugendlichen Gewalttäter im überwiegenden
Maße sehr wohl aus Migrantenkreisen kommen. Und das können Sie auch nicht
wegdiskutieren, dass die nur eingesperrt werden, weil die Fluchtgefahr größer
ist, wenn man keinen österreichischen Pass hat. Sie haben ja gehört, auch im
Gefängnis Gerasdorf haben sehr viele einen österreichischen Pass. Trotzdem
haben 70 Prozent einen Migrationshintergrund. Und das hat jetzt nichts
mehr damit zu tun, dass man hier anders differenzieren müsste und die anders
behandeln muss, außer Sie behaupten, dass das Justizsystem rassistisch ist. Ich
glaube, so weit ist hier noch keiner gegangen, sondern es stellt sich eben
heraus, dass hier in einem viel stärkeren Ausmaß Gewalt angewendet wird und
dass es kulturelle Unterschiede gibt und dass in Kulturen unterschiedlich mit
Gewalt umgegangen wird. Das wegzureden, bringt ja auch nichts. Man muss es doch
anerkennen.
Man muss doch die Realitäten
erkennen und dann versuchen, damit umzugehen. Dass das bei uns eine andere
Tradition hat als in Anatolien und so weiter, das liegt auf der Hand. Das ist
keine Pauschalierung, sondern das ist eine Feststellung dessen, wie kulturell
diese Dinge vertreten und weitergegeben werden. Und dass das jetzt hier zu
einer Zunahme führt, dass das zu einer Situation führt, mit der wir nicht
umgehen können, weil wir sie nicht kennen und weil sie sich bei uns so nicht
entwickelt hat, damit muss man sich auseinandersetzen und das kann man nicht
wegreden und sagen, nach der Art der Milieutheorie, es sind eh alle gut und nur
die Gesellschaft ist schlecht. Ja, und die Medien, das ist für mich überhaupt
neu, sind jetzt also die, die hier Eltern unterstützen. Sie haben vollkommen
recht. Natürlich machen die Medien Geschichten. Wir sind ja die Letzten, die
das bezweifeln. Wir wissen ganz genau, wie das alles abläuft und wie Fotos
dargestellt werden, wie Jugendliche provoziert werden, irgendetwas zu machen.
Also uns brauchen Sie das nicht zu erzählen, wirklich! Wir sind die Letzten,
die sich darauf stützen, was in irgendeinem bunten Medium, wo nichts wahr ist,
präsentiert wird. (GRin Mag (FH) Tanja Wehsely: Immer die Medien! Dass es
immer die Medien sind, die das machen! Immer die Medien!) Na, dass sogar
die Medien es berichten - also dass die Medien das machen, das behaupte ich
nicht, sondern ich sage, und Sie haben dann irgendeine Geschichte zitiert, die
ich nicht kenne, aber
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