Gemeinderat,
33. Sitzung vom 08.05.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 89
GR Dr Herbert Madejski (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und
Herren!
Was stimmt jetzt eigentlich? Die Frau
Vizebürgermeister und Finanzstadträtin hat uns des Öfteren erklärt, dass die
Einstellung der Linie 21 auf Grund eines rein finanziellen Problems
erfolge. Jetzt gerade höre ich von Kollegen Hora, dass andere Gründe, nämlich
die Parallelführung und die Verlängerung der U-Bahn, ausschlaggebend für die
Schließung dieser traditionsreichen Linie sind.
Was stimmt jetzt tatsächlich? – Ich meine, das
Finanzielle darf im öffentlichen Verkehr nicht die Prämisse darstellen, denn
öffentlichen Verkehr muss es vor allem dort geben, wo es um kurze Wege geht, ob
damit ein Defizit gemacht wird oder nicht. Es gibt in Wien dermaßen viele
Subventionen, die unnötig sind, da könnten wir uns die Linie 21 ruhig
leisten, auch wenn sie finanziell vielleicht nicht so gut da steht, aber für
die Leute, die sie benützen, notwendig ist, Kollege Hora! Du hast mich da
überhaupt nicht überzeugt. Ich nehme aber gerne dein Angebot an, dass du mich
einmal durch den 2. Bezirk führst, allerdings ohne Entgelt, dafür führe
ich dich dann ohne Entgelt durch Meidling, dass du dich dort auch einmal
auskennst! (Beifall bei der FPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist klar,
dass bei S-Bahnen, Eisenbahnen und U-Bahnen Parallelführungen wirtschaftlich
nicht sehr sinnvoll sind, weil diese ähnliche Geschwindigkeiten und ähnliche
Stationsabstände haben. Ich sehe durchaus ein, dass diesfalls Parallelführungen
in Frage gestellt werden. Nicht so jedoch bei Straßenbahnen.
Wien war bekannt dafür, dass
es ein ausgezeichnetes Straßenbahnnetz gehabt hat. Wir werden dieses aber bald
nicht mehr haben, denn die SPÖ-Regierung hat schon in den 60er und 70er Jahren
damit begonnen, ganze Schienenstränge beziehungsweise Straßenbahnlinien zu
vernichten. Solche Vernichtungsaktionen hat es ja schon gegeben, etwa
betreffend den L-Wagen, der von Meidling bis in den Prater gefahren ist, und
viele andere Linien. Heute wären wir froh, wenn man diese Straßenbahn zumindest
teilweise erhalten hätte, und das werden Sie und das werden wir alle in den
nächsten zehn oder zwanzig Jahren über den 21er auch sagen!
Meine Damen und Herren! Kollege Hora und die SPÖ
gehen gerne mit bunten Plänen hinaus. Mit diesen kann man ja alles erklären!
Man kann Theorien aufstellen, dass man 44 000 Leute in der Stunde mit der
U-Bahn transportieren kann. – All das klingt sehr gut, interessiert aber
die etwa 2 000 Leute, die mit dem 21er fahren müssen, sei es in die
Schule, zum Einkaufen oder zum Arzt, überhaupt nicht! Es freut mich, dass die
U-Bahn in der Lage ist, 44 000 Leute in der Stunde zu transportieren, das
interessiert aber die Leute, die den 21er als Nahverkehrsmittel brauchen,
wirklich sehr wenig! – Ich bitte daher, sich das noch einmal zu überlegen
und unserem Antrag bei Punkt 72 zuzustimmen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird wieder
vermehrt aufs Auto umgestiegen werden. Vorige Woche hat es eine große
Veranstaltung gegeben, bei der eine Evaluierung vorgenommen wurde. Bei dieser
waren hunderte Menschen anwesend, lauter Fachleute, meiner Erinnerung nach aber
übrigens überhaupt kein SPÖ-Gemeinderat. Kollegin Puller und ich waren die
Einzigen, die den Gemeinderat und die Fraktionen vertreten haben. Dabei wurde, wie
gesagt, eine Evaluierung des Masterplans vorgestellt, und dabei hat man
beklagt, dass die nahen Wege in Wirklichkeit noch immer nicht zu Fuß, mit dem
Rad oder mit einem öffentlichen Verkehrsmittel, sondern noch immer mit dem Auto
zurückgelegt werden.
Und genau das provozieren Sie auch mit der Schließung
der Linie 21. Die Leute werden zunehmend die Wege, die einen bis drei Kilometer
lang sind, wieder mit dem Auto fahren, was wir eigentlich nicht wollen. Sie
werden wieder mit dem Auto ins Taborviertel oder ins Stuwerviertel einkaufen,
in die Apotheke oder zum Arzt fahren. Genau das wollten Sie eigentlich
verhindern, aber genau das provozieren Sie, meine Damen und Herren! Sie
provozieren die Leute, die vielleicht jetzt mit dem 21er beziehungsweise mit
Öffis gefahren sind, wegen einer solch geringen Kilometerzahl wieder aufs Auto
zurückzugreifen!
Meine Damen und Herren! Das ist wirklich ein
Meisterstück, wie man den öffentlichen Verkehr in Wirklichkeit nicht fördert,
sondern behindert! Eigentlich ist das einer SPÖ nicht würdig, die sich immer
sozial gibt. Sie sind aber wahrscheinlich nicht mehr sozial! Sie schwelgen in
Zahlen, Sie schwelgen in Kilometern, Sie schwelgen in Plänen, haben sich aber
von den Menschen verabschiedet. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächste am Wort ist Frau GRin Puller. Ich erteile es ihr.
GRin Ingrid Puller (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte
Sozialdemokraten! (GR Dr Kurt
Stürzenbecher: SozialdemokratInnen!)
Sie haben es offenbar noch immer nicht
verstanden! – Ich komme zu Ihrer angeblich modernen Verkehrspolitik, Herr
Hora, Herr Schicker, Frau Finanzstadträtin!
30 Tage haben wir noch bis zur EM. In zwei Tagen
wird der 21er eingestellt, Kollegen und Kolleginnen, meine VorrednerInnen haben
all das ohnedies schon thematisiert. Ich versuche es jetzt im Fußballjargon: Es
steht 19 : 5. 19 Stationen werden für 5 U-Bahn-Stationen
aufgelassen! (GR Karlheinz Hora: Und wie viele Autobusstationen kommen dazu,
Frau Kollegin? Haben Sie das ausgerechnet?)
Die Bevölkerung rund um das Viertel wird
zwangsbeglückt. Es gibt große Verschlechterungen für SchülerInnen, für Mütter
mit Kinderwägen und für ältere Menschen in diesem Viertel, Herr Hora! (Beifall bei den Grünen.)
Ich nenne Ihnen ein einfaches
Beispiel. – Das Alter lässt niemanden ungeschoren. Auch wir werden älter.
Viele hier in diesem Saal sind Anwärter und Anwärterinnen auf Beschwerden mit
ihren Hüft- oder Kniegelenken. Der große Unterschied ist nur, dass Sie hier in
diesem
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