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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 27.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 75

 

einmal davon aus, nicht nur die ÖVP- und die grünen Bezirksvorsteher haben sich hier zu Wort gemeldet – wir melden uns nach außen zu Wort, wir dürfen das, wir tun das –, sondern auch in Ihren Reihen rumort es. Und das, was jetzt herausgekommen ist, ist eine Evaluierungsstudie. Ich bin sehr bemüht, der Sache offen gegenüberzustehen und einmal zu schauen, was herauskommt. Nur, ich sage es ganz ehrlich, ich betrachte das Ganze mit einer gewissen Skepsis, mit einer gewissen Skepsis einfach als zwar nicht geborene, aber gelernte Wienerin, mit all meinen Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren mit der Verwaltung dieser Stadt gehabt habe.

 

Was mich auch skeptisch macht, das ist der Satz – ich habe es hier an dieser Stelle schon einmal erwähnt –, der explizit in der Studie steht: Nicht Ziel der Studie ist die Aufhebung der Dezentralisierung. Ich frage mich, welcher Geist steckt dahinter, das explizit hineinschreiben zu müssen. Welche Meinung habe ich von meinen Verwaltungsbeamten, von meinen politischen Kollegen, wenn ich diesen Satz hineinschreiben muss? Denn was birgt das eigentlich in sich? Das ist ja so, als würde ich bei einer Bundesstaatsreform hineinschreiben: Nicht Ziel ist die Aufhebung der Demokratie in diesem Land. Genauso kommt mir das vor. Also dieser Satz, der da enthalten ist, stimmt mich wirklich sehr skeptisch. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Was immer als Resultat herauskommt bei dieser Studie, wesentlich wird dann sein: Wie setze ich es wirklich um in der Stadt. Wird das, was hier herauskommt, auch wirklich ernst genommen, oder ist es wieder nur Makulatur, die dann in irgendeinem Schreibtischladl landet? Da habe ich meine großen Bedenken, und da glaube ich, das ist etwas, was uns als ÖVP auch ideologisch einfach ganz massiv von Ihnen unterscheidet, weil wir jemand sind, der für starke Bezirke steht, der dafür steht, dass wir eine Stadt sind, die bürgernah agieren möchte. Wir stehen für das Prinzip der Subsidiarität. Die Subsidiarität ist einer unserer Grundpfeiler und eines unserer Grundprinzipien. Daher stehen wir für einen eigenverantwortlichen Bürger, und das kann nur bedeuten: Starke Bezirke! Und da trennen uns, glaube ich, Welten von Ihrem Ansatz. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sie wollen offensichtlich keine starken Bezirke, sonst hätten wir sie schon längst in dieser Stadt, sonst wären die Bezirke schon entsprechend mit Budgetmitteln ausgerüstet. Sie wollen den Bezirken keine Bezirksbudgets zusätzlich geben, Sie verteilen immer anlassbezogen Almosen. Das ist Ihre Strategie. Was der Gusenbauer-Hunderter auf Bundesebene ist, das ist das Schulmogelpaket von heute dann auf Wien-Seite. Genau das ist die Strategie, die hier betrieben wird. (Beifall bei der ÖVP.) Es spitzt sich alles darauf zu: Sie wollen eine zentrale Stelle haben, die den Bezirken sagt, was sie zu tun haben, und keine dezentrale. Und das ist genau das, was uns unterscheidet.

 

Was uns darüber hinaus noch unterscheidet, sind auch die mangelnden Visionen. Genauso wenig wie es in dieser Stadt für arbeitsmarktpolitische Ansätze Visionen für Wirtschaftspolitik, für Stadtplanung gibt, genauso wenig gibt es Visionen, was eigentlich alles in den Bezirken geschehen könnte und wesentlich günstiger, wesentlich effizienter und wesentlich besser funktionieren könnte.

 

Ich kann nur zusammenfassen: Die vier Forderungen von uns sind nach wie vor dieselben und sie werden es auch nach Ende des Ergebnisses der Evaluierungsstudie sein, die dann offensichtlich im Juni auf dem Tisch ist. Diese sind: Die Kompetenzen gehören neu verhandelt, die Bezirksbudgets gehören neu verhandelt. Wir brauchen eine permanente Valorisierung, und wir wollen einen vierjährigen Finanzausgleich als Kontrollinstrument, damit das ganze System ein System bleibt, das auch erhaltbar ist.

 

Wir stehen zur Dezentralisierung, weil wir glauben, das ist die beste Möglichkeit, wirklich bürgernah und effizient in dieser Stadt zu arbeiten. Wir sagen Ja zu starken Bezirken, denn wir wissen, es ist das Wichtigste, dass wir Menschen, dass wir Politiker und Politikerinnen haben, die draußen sind bei den Menschen auf der Straße, die ihnen nicht nach dem Mund reden, aber die ihnen zuhören und die sie ernst nehmen und die nicht das, was die Menschen meinen und wollen, als Gesudere abtun, sondern ein offenes Ohr haben. Und ein offenes Ohr kann man nur haben, wenn man dazu steht, starke Bezirke zu haben. Und das ist unsere Intention. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Klubobmann Christian Oxonitsch. Ich erteile es ihm.

 

GR Christian Oxonitsch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich glaube, die heutige Debatte zeigt, wie notwendig es ist, wieder einmal – und ich betone gleich eingangs: wieder einmal – im Lauf der 20-jährigen Geschichte der Dezentralisierung diese zu evaluieren und auf wissenschaftlicher Ebene zu durchleuchten. Es ist das nicht das erste Mal, Kollegin Reichard. Zugegebenermaßen waren Sie zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich noch nicht Vorsteherin, als es im Jahr 2000 eine Evaluierung gegeben hat oder als es die Weiterentwicklung des Jahres 1998 gegeben hat. Nicht zuletzt basiert ja die derzeitige Form der Dezentralisierung auf einer gemeinsamen Beschlussfassung mit der ÖVP. An das will man sich wahrscheinlich nicht erinnern, wenn es hie und da unangenehm ist.

 

Aber nichtsdestotrotz, 20 Jahre sind ein guter Zeitpunkt zu sagen: Okay, schauen wir uns an, wo es Verschiebungen im Bereich von Aufgaben der Bezirke gegeben hat. Da wird immer wieder sehr salopp gesagt, es werden immer mehr Aufgaben, die die Bezirke bekommen haben. Ich habe nicht konkret gehört, in welchen Bereichen, außer in Bereichen, wo durchaus Bezirke oft sehr erfinderisch waren, sich gewisser Aufgaben anzunehmen, obwohl sie eigentlich nicht unmittelbar in der Dezentralisierungsverordnung drinnen sind. Aber schauen wir uns an, ob es im Laufe dieser 20 Jahre tatsächlich schleichende Aufgabenveränderungen gegeben hat, an die man im Jahr 1988, das ja quasi das Fundament der

 

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