Gemeinderat,
31. Sitzung vom 29.02.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 95
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke. – Als Nächste am
Wort ist Frau GRin Jerusalem.
GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus):
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FPÖ wurde in ihre Schranken gewiesen,
und das ist gut so.
Ich denke aber, dass die Frau Stadträtin das in erster
Linie deswegen getan hat, weil Sie allen Grund dazu hat, sich zu schämen dafür
(Heiterkeit bei der FPÖ.), dass die Forderungen der Freiheitlichen in Sachen
Schulpolitik jetzt in Wien auch tatsächlich umgesetzt werden. (Demonstrativer
Beifall und Rufe bei der FPÖ: Danke!) – Ja!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, meiner Meinung
nach ist das Hauptproblem der Wiener Schulpolitik, dass Planung nicht mehr
stattfindet. Die Schule ist im Umbruch, die Schule befindet sich im Wandel. Es
gibt sehr viele Probleme, die gelöst werden müssen, aber es gibt hier niemanden
mehr, der plant. Und das ist ein riesengroßes Problem, denn das führt dazu,
dass die Probleme so lange liegen bleiben, unbehandelt bleiben, ignoriert
werden, bis tatsächlich Notlösungen notwendig werden, Ad-hoc-Lösungen,
Last-minute-Notlösungen, die in der Regel – und man sieht es auch jetzt am
Beispiel dieser Vorschulklassen – qualitativ absolut minderwertig sind.
Meine Damen und Herren von der SPÖ, Sie werden diese
Notlösung, die Sie Vorschulklasse nennen und die ich wohlbegründet als
Ghettoklasse bezeichne, auch intern noch oft verteidigen müssen, denn so oft
wie diesmal sind noch nie sozialdemokratische Funktionäre und Funktionärinnen
zu mir gekommen, um mir zu sagen: Ich bin der Meinung, Sie haben in diesem
Punkt tatsächlich recht. – Sie haben einen Erklärungsnotstand in diesem Punkt,
einen internen Erklärungsnotstand! Und da werden Sie die FPÖ noch oft
beschimpfen müssen, um rechtfertigen zu können, dass Sie der FPÖ in der
Schulpolitik tatsächlich folgen.
Ich möchte nun zu einigen inhaltlichen Punkten
konkret Stellung nehmen: Das sind die mobilen Klassen, das ist das Problem der
sozioökonomisch schwachen Familien, die Sprachförderung, und dann schaue ich
auf die Uhr, und wenn noch etwas geht, dann wird es mich freuen. Wenn nicht, so
denke ich mir, reicht auch das, um zu zeigen, dass Sie nicht planen, sondern
dass Schule in Wien einfach passiert. Immer, wenn es wo brennt, eilt die
Stadträtin hin und versucht, einsame Löschversuche durchzuführen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, über die
mobilen Klassen – viele von Ihnen werden sich nicht daran erinnern, weil Sie
damals noch nicht im Haus waren – haben wir ja bereits vor 10, vor 12 und vor
13 Jahren auf Biegen und Brechen gestritten. Sie haben in Wien Container
aufgestellt – Sie nennen das mobile Klassen, also Sie haben mobile Klassen
aufgestellt, ich sage Container. Übrigens, das Abendjournal hat einen viel
besseren Ausdruck geprägt; den werde ich mir aneignen. Das Abendjournal hat von
„behelfsmäßigen Baracken" gesprochen, die da in Wien aufgestellt sind. Ich
finde den Ausdruck ganz gut, weil es so genau auf den Punkt bringt ... (GR
Mag Thomas Reindl: Ich finde ihn abschätzig, falsch und Blödsinn!) – Ja,
das ist abschätzig, weil es abschätzig dort ist, wo das auch tatsächlich
hingehört.
Ich bin gestern extra noch einmal vorbeigegangen bei
den Baracken, die Sie da bei der Johnstraße aufgestellt haben. (GR
Mag Thomas Reindl: Mit Baracken wird ganz etwas anderes verstanden! Das
werden wir am 10. März hören!) Dort sieht man am besten, wie bei Ihnen
Schulpolitik passiert. Dort stehen seit Jahr und Tag diese Container herum, wo
man wirklich keinem Kind wünschen kann, dort einziehen zu müssen. Dort stehen
die Container herum, nehmen den Kindern den Platz im ohnehin kleinen Hof weg,
und anstatt dass man dann wenigstens den Durchgang zum Park öffnet, vereitelt
das eine andere magistratische Abteilung, indem sie dort die Hundeauslaufzone
hinmacht. Also, blöder kann ja Planung schon überhaupt nicht mehr über die
Bühne gehen! Da noch einmal: Das passiert Ihnen, da ist niemand, der denkt und
plant.
Vor zehn Jahren war das Argument dafür, dass
Container aufgestellt werden, immer: Es handelt sich um einen vorübergehend
hohen Bedarf. Wann bitte ist der vorübergegangen? Und wodurch bitte soll der
vorübergegangen sein? Wir haben mittlerweile eine Novellierung, die eine
ganztägige Schule ermöglicht. Das heißt, der Bedarf ist nicht gesunken, sondern
der Bedarf ist gestiegen. Von „vorübergegangen" überhaupt keine Rede! Der
Bedarf ist da und er ist höher als je. Trotzdem werden jetzt im 21. Bezirk
erneut Baracken oder Container oder mobile Klassen aufgestellt. Und ich habe
das Geschäftsstück sehr genau gelesen! Von einem vorübergehenden Bedarf ist ja
nicht einmal in Ihrem eigenen Geschäftsstück mehr die Rede, sondern es ist ganz
klar, dass der Bedarf besteht. Also ist dort in Festbauweise zu bauen.
Wir werden heute dem Geschäftsstück dennoch
zustimmen, aber gleichzeitig einen Antrag einbringen, dass diese Schulen alle
in Festbauweise zu erweitern sind. Das heißt, diese Container dürfen dort
tatsächlich nur vorübergehend stehen, weil eine Notlösung jetzt sein muss und
auch wir GRÜNEN nicht wollen, dass die Leute im 21. Bezirk mit der Kirche
ums Kreuz fahren, nur weil Sie nicht dazu in der Lage sind, die Schulräume zu
planen, so wie sie geplant gehören. Ich bringe in diesem Zusammenhang jetzt den
angekündigten Antrag ein, der da lautet – und ich hoffe sehr, dass dem
zugestimmt wird:
„Der Gemeinderat beschließt, dass der Ausbau der
beiden Floridsdorfer Volksschulen an den Standorten Lavantgasse 35 und
Herzmanovsky-Orlando-Gasse 11/Herchenhahngasse 6 in Festbauweise
erfolgen soll.
In formeller Hinsicht wollen wir eine sofortige
Abstimmung dieses Antrages.“
Meine sehr geehrten Damen und
Herren, keine Rede zum Thema Schule und Schulpolitik wird meinerseits ohne
Hinweis auf die großen Probleme der Kinder aus sozioökonomisch schwachen
Familien über die Bühne gehen können. Man muss immer wieder darauf hinweisen,
ich muss immer wieder das Problem benennen und
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