Gemeinderat,
30. Sitzung vom 24.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 95
(Beginn um 9 Uhr.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Einen
schönen guten Morgen!
Die 30. Sitzung des Wiener Gemeinderates ist
eröffnet.
Entschuldigt für diese Sitzung sind GRin Cammerlander,
GR Mag Gerstl, GRin Mag Korun, GR Mag Maresch, GR Dr Troch, Frau VBgmin Mag
Brauner, StRin Dr Vana und StR Walter. Offensichtlich hat die Grippewelle
zugeschlagen.
Wir kommen zur Fragestunde.
Die 1. Anfrage (FSP - 00141-2008/0001 -
KVP/GM) wurde von Herrn GR Dr Franz Ferdinand Wolf gestellt und ist
an den Herrn Bürgermeister gerichtet. (Die Sanierung des Jüdischen Friedhofs in Währing
harrt seit Jahren einer Lösung; es herrscht dringender Handlungsbedarf. Die
Sanierung und Pflege des Jüdischen Friedhofs liegt im höchsten Interesse der
Stadt; gemeinsame Anstrengungen von Stadt Wien und Bund sind erforderlich. Bis
wann wird Wien einen substanziellen Beitrag zur vollständigen Sanierung des
Jüdischen Friedhofs in Währing erbringen?)
Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr GR Dr Wolf!
Es tut mir sehr leid, dass
ich Sie vermutlich mit Informationen belästige, die Sie längst kennen und
mindestens so gut wissen wie ich, aber bei Ihrer Fragestellung werden Sie das
in Kauf nehmen müssen. Ich verweise daher nochmals – ich will es auch möglichst
kursorisch machen – auf den Eizenstat-Vertrag oder Washington-Vertrag, wo ganz
klar Verpflichtungen ausgesprochen sind. So, unter anderem, hat sich die Stadt
Wien verpflichtet, den Hakoah-Platz wiederherzustellen, wie es relativ lapidar
in diesem Vertrag heißt, und dies auch weit über das Ausmaß des
Vertragsinhaltes hinaus mit dem Hakoah-Zentrum erfüllt, das ja in wenigen
Wochen eröffnet wird. Die Republik Österreich hat sich zur Wiederherstellung
der jüdischen Friedhöfe verpflichtet, und seit dem Abschluss dieses Vertrages,
wenn ich es richtig in Erinnerung habe, in der zweiten Hälfte 2001, ist
die Diskussion darüber im Gange, auf welche Art und Weise das erfolgen soll.
Ich sehe mich angesichts auch der Übererfüllung des Wiener Beitrages zu diesem
Washington-Vertrag nicht in der Lage, in anderen Punkten, wie sie etwa die
Republik Österreich betreffen, in der Tat zu substituieren. Es hat die Republik
Österreich diese Verpflichtung übernommen und sie hat sie auch zu erfüllen. Ich
habe daher dem früheren Bundeskanzler, aber auch dem derzeit amtierenden
Bundeskanzler das Angebot unterbreitet, die Republik Österreich erfüllt ihren
Teil aus diesem Vertrag, nämlich die Wiederherstellung der Friedhöfe, und die
Stadt Wien übernimmt vollständig die Pflege dieser Friedhöfe. Für
Religionsgemeinschaften nichts Ungewöhnliches.
Ich halte aber gleichzeitig auch fest, dass heute die
Stadt Wien doch freiwillig Leistungen, ohne durch irgendeine Rechtssituation
oder durch einen Vertrag gebunden zu sein, übernommen hat. So haben wir erst
jüngst etwa im Währinger Friedhof im Gegenwert von 120 000 EUR
gärtnerische Arbeiten durchgeführt und jährlich bekommt - neben vielen anderen
Subventionen - die Kultusgemeinde eine Subvention von 320 000 EUR zur
Erhaltung der Friedhöfe.
Also, ich denke, dass wir hier unseren Beitrag
leisten und ich erwarte mir von der Republik, dass sie mein Angebot annimmt.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die
1. Zusatzfrage wird von GR Dr Wolf gestellt. Bitte schön.
GR Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Danke, Herr Bürgermeister, für die Antwort.
Ich glaube, wir sind einer Meinung, dass dieser
Friedhof ein nicht nur kulturhistorisch wertvolles Ding ist, und dass die
Erhaltung nicht nur eine vertragliche Verpflichtung ist, sondern auch eine
Verpflichtung, die aus Verantwortung gegenüber Geschichte und gegenüber der
jüdischen Glaubensgemeinschaft besteht.
Ihr Vorschlag, der Bund möge die Renovierung oder
Restaurierung machen und Sie die Pflege, halte ich für einen durchaus gangbaren
Weg. Bis wann erhoffen Sie vom zuständigen Bundeskanzler entsprechende
Vereinbarungen?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Dr Wolf!
Das ist nicht mein Vorschlag im Hinblick auf die
Wiederherstellung und Restaurierung der jüdischen Friedhöfe, das ist
Vertragsbestandteil der Republik Österreich mit den Vereinigten Staaten. Und
daher poche ich hier lediglich auf Vertragseinhaltung. Pacta sunt servanda gilt
auch international, nicht nur im Hinblick etwa auf den Finanzausgleich oder das
Finanzausgleichsgesetz. Und daher ist mein Angebot ohnehin auch ein Angebot zur
Güte, wiewohl wir selbstverständlich auch mit der Kultusgemeinde zu diskutieren
haben. Wenn wir als Stadt vollständig die Pflege nach der Wiederherstellung und
Restaurierung übernommen haben, dann wird man natürlich auch über die
entsprechende Subvention für die Erhaltung von Friedhöfen sprechen müssen, denn
selbstverständlich sind das dann auch kommunizierende Gefäße, wenn wir hier die
Gesamtkosten innehaben.
Wie Sie vermutlich genauso wissen wie ich, hat der
Herr Bundeskanzler sich mit dem Herrn Vizekanzler und Finanzminister darauf geeinigt,
dass sie eine Studie in Auftrag geben, um das Ausmaß der Kosten festzulegen.
Ich verhehle nicht, dass ich über diese Einigung keine besondere Freude habe,
denn ich denke, es ist eigentlich belanglos, auf den Cent genau zu wissen, was
die Wiederherstellung und Restaurierung der Friedhöfe kostet. Es hat sich die
Republik Österreich verpflichtet, diese wiederherzustellen und zu restaurieren,
ohne dass drinnen steht, dass man zuerst die Kosten feststellt. Und daher denke
ich, dass man die Zeit eigentlich einsparen könnte und einen Vertrag, der der
Übererfüllung eigentlich harrt, nunmehr auch entsprechend umsetzt.
Um Ihre Frage zu beantworten: Ich
habe eigentlich vorgestern gehofft, dass mir mitgeteilt wird, dass der
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