Gemeinderat,
29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 117
(Beginn um 9 Uhr.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich
wünsche einen wunderschönen guten Morgen!
Wir haben uns heute einiges vorgenommen. Um die
hundert Wortmeldungen sind mir bis jetzt gemeldet worden.
Ich darf die Gemeinderatssitzung eröffnen.
Entschuldigt für heute, während des gesamten Tages,
sind GRin Schubert, StR Herzog und StRin Dr Vana.
Wir kommen zur Fragestunde.
Die 1. Anfrage (FSP - 05839-2007/0001 - KGR/GM) wurde von Frau
GRin Susanne Jerusalem gestellt und ist an den Herrn Bürgermeister gerichtet. (Im
Rahmen der PISA-Studie hat sich herausgestellt, dass die SchülerInnen mit
Migrationshintergrund, die schon in der zweiten Generation in Österreich leben,
schlechter lesen als jene der ersten Generation. Welche Integrationsmaßnahmen
plant Wien, um diese Kinder und Jugendlichen in Zukunft besser zu fördern?)
Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrte Frau
Gemeinderätin!
Die vorliegenden Ergebnisse der aktuellen PISA-Studie
sowie der darauf aufbauende nationale Bericht belegen eindeutig, dass das
österreichische Bildungssystem einer dringend notwendigen und sehr
grundlegenden Reform bedarf. Es ist für mich jedenfalls aktuell müßig, in der
Vergangenheit Schuldige zu suchen. Man würde wahrscheinlich recht lange
Geschichtsforschung machen müssen. Aber die aktuelle Situation ist aus meiner
Sicht heraus gesehen mit dem Begriff Reformstau wohl auch nur ungenügend
beschrieben. Immerhin handelt es sich hier nicht um die Frage der Durchsetzung
von Parteiideologien, sondern wir reden über die Zukunft unserer Kinder und
ihre Chancen, die sie in einem künftigen Wettbewerb, der nicht nur auf Europa
beschränkt ist, in der Tat bestehen müssen.
Das derzeitige selektive Schulsystem, insbesondere
jenes der 10- bis 14-jährigen Schülerinnen und Schüler, berücksichtigt nur in
unzureichendem Ausmaß Kinder aus sozioökonomisch schwachen Familien mit oder
ohne Migrationshintergrund. Die Einigung in der Bundesregierung, Modellversuche
zur Neuen Mittelschule durchzuführen, kann ich daher als einen ersten Schritt
in die richtige Richtung, mit Sicherheit aber nicht als das Ende dieser Reform
betrachten.
Wir haben im Rahmen unserer rechtlichen Möglichkeiten
im Vorfeld dieser Einigung in Wien reagiert und mehr als in jedem anderen
Bundesland in Österreich zur Erhöhung der Sprachkompetenz von Kindern
verschiedene Sprachförderungsmaßnahmen im Bereich der Kindergärten und der
öffentlichen Pflichtschulen durchgeführt. Im Bereich der Kindergärten wurden im
Rahmen der frühen Sprachförderung von Kindern im Vorschulalter an mehr als
300 Standorten Fördermaßnahmen durch geschulte Kindergartenpädagogen
gesetzt. Im heurigen Jahr konnten durch diese Maßnahmen mehr als
1 600 Kinder im Hinblick auf den bevorstehenden Schulbeginn
sprachlich gefördert werden.
Im Rahmen des im Schuljahr 2006/2007 gestarteten
Wiener Spracherwerbskonzepts werden auch im laufenden Schuljahr ergänzend, also
additiv zum Begleitlehrer- und Begleitlehrerinnenmodell und dem
muttersprachlichen Unterricht, an 154 Volksschulstandorten von rund
240 Lehrern und Lehrerinnen parallel zum Regelunterricht
Sprachförderungskurse abgehalten. Somit bekommen die Schülerinnen und Schüler
mit Sprachdefizit die Möglichkeit, elf Stunden in der Woche in Kleingruppen
intensiv die Grundlagen der Unterrichtssprache zu erarbeiten.
Im Bereich des Sprachförderzentrums des
Stadtschulrats für Wien wird pädagogisches Material aufbereitet und dann mit
entsprechenden Maßnahmen für die Schulen koordiniert.
Mit der Errichtung des Lesekompetenzzentrums wurde
durch den Stadtschulrat für Wien eine Offensive im Bereich der Leseförderung
gestartet. Die Leseförderung soll die Lesekompetenz erhöhen und somit die
Voraussetzung für einen besseren Lernerfolg schaffen. Bestehende
Leseinitiativen sollen enger miteinander vernetzt und positive Synergien
erzielt werden. Dieses Zentrum soll sich als Servicestelle für die Schule
verstehen und punktgenaue Leseförderungsangebote entwickeln. Es sollen auch
Maßnahmen der Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung koordiniert und
Lese-Screenings durchgeführt werden.
Darüber hinaus hat die Frau Bundesministerin für
Unterricht gestern nach einem entsprechenden Experten-Hearing von rund hundert
Leuten angekündigt, jedenfalls war das die Main-Message, dass im Besonderen im
Bereich der Integrationsmaßnahmen in der Schule Förderungen gesetzt werden
sollen. Selbstverständlich nehmen wir das mit großer Zufriedenheit zur Kenntnis
und werden bei der Umsetzung dieser Ankündigung auch eng mit dem
Unterrichtsministerium zusammenarbeiten.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke,
Herr Bürgermeister. - Wir kommen zur 1. Zusatzfrage. Sie wird von GRin
Jerusalem gestellt. Bitte.
GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im
Rathaus): Herr Bürgermeister!
Das Besondere bei diesem Ergebnis war, dass die
Schülerinnen und Schüler der zweiten Generation noch schlechter lesen können
als die der ersten Generation. Fachleute haben daher dieses Problem nicht nur
auf nicht vorhandene schulische Maßnahmen zurückgeführt, sondern überhaupt in
Frage gestellt, ob die Integration so, wie sie in Wien gemacht wird, gut
gelingt.
Daher jetzt meine zweite Frage. Sie werden sicher
auch darüber nachgedacht haben, woher das Problem kommt oder auf welche Wurzeln
es zurückzuführen ist. Wird es in Wien abseits schulischer
Integrationsmaßnahmen weitere Integrationsmaßnahmen der Stadt Wien geben?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Frau
Gemeinderätin!
Ich habe mit einer Reihe von
Fachleuten, was ich selbst nicht bin, darüber gesprochen, wie sie sich das
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