Gemeinderat,
28. Sitzung vom 10.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 23
Probleme, aber das bedeutet nicht, dass er deswegen schlecht ist. Damit setzen wir einen Schritt in die richtige Richtung. Der Vertrag ist notwendig, um Europa auch in den nächsten Jahren mehr Kraft zu geben: Wir alle zusammen müssen uns als Europa verstehen, und zwar auch innerhalb der weltweiten Handelsströme.
Ich möchte Ihnen jetzt noch gerne darlegen, wie die
Handelsströme in der Welt laufen, um zu zeigen, dass wir hier nicht allein
arbeiten können: Welche Regionen sind im Hinblick auf das gesamte
Handelsvolumen der Welt die stärksten? – Den ersten Platz nehmen die EU-25
beziehungsweise nun die EU-27 ein. Ich habe noch die Daten, in denen die EU-27
nicht erfasst sind, aber schon damals waren es 3 714 Milliarden
US-Dollar. An zweiter Stelle steht bereits Südostasien inklusive Japan mit
2 388 Milliarden US-Dollar, und an dritter Stelle finden wir
Nordamerika mit 1 324 Milliarden US-Dollar.
Wenn wir uns nun die Handelsströme zwischen den
Weltregionen anschauen, dann sehen wir, dass der größte Handelsstrom zwischen
Asien und Nordamerika mit 533 Milliarden fließt. Der Handelsstrom zwischen
Asien und den EU-25 liegt bereits an zweiter Stelle mit einem Geldfluss von 390
Milliarden US-Dollar.
Meine Damen und Herren! Könnten wir nach Ihrer
Meinung, wenn wir aus diesen EU-27 ausscheren, unsere Handelsströme in diesen
Bereichen besser oder schlechter organisieren? Würde unsere Wirtschaft dann
wachsen, oder wären die Daten rückläufig? Würde die Zahl der Arbeitsplätze
steigen oder sinken? – Ich glaube, ich brauche die Antwort nicht zu geben!
Das liegt so eindeutig auf der Hand, wie es eindeutiger gar nicht sein kann!
Wir brauchen uns nur die Rolle Deutschlands im
Verhältnis zu Österreich ansehen: Die dominierende Rolle Deutschlands im
Außenhandel gegenüber Österreich konnte von 38 Prozent auf 32 Prozent
zurückgeschraubt werden. Unser Nettodefizit beträgt rund ein Drittel des
Nettodefizits Deutschlands. Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist nunmehr nur
mehr halb so groß wie in Deutschland. Während im Jahr 1995 in Österreich
13 438 Deutsche gearbeitet haben, arbeiteten im Jahr 2005 bereits
52 692 Deutsche in Österreich.
Warum ist das Ihrer Meinung nach wohl so? – Weil
unsere Wirtschaft in der Vergangenheit vom EU-Beitritt profitiert hat und weil
wir von der Öffnung zu den Staaten östlich unserer Grenze enorm profitiert
haben. Wir konnten mehr Arbeitsplätze schaffen. Es gab noch nie so viele
Arbeitsplätze wie derzeit, und daher kommen auch Leute aus Deutschland zu uns,
um hier zu arbeiten: Es sind jetzt bereits viermal so viele Deutsche bei uns
wie zur Zeit des österreichischen Beitritts zur Europäischen Union. Die
deutschen Direktinvestitionen in Österreich haben Ende 2004
24,9 Milliarden EUR erreicht, das ist bereits das Vierfache des Jahres
1995.
Meine Damen und Herren! Das ist es, was unsere
Erfolgs-Story ausmacht! Wir profitieren von unserer EU-Mitgliedschaft immer
mehr und immer besser, bei aller Vorsicht, dass wir auch die Schattenseiten
nicht übersehen dürfen und diese konzentriert und genau kontrollieren müssen.
Meine Damen und Herren! In einem Kommentar in einer
heutigen Tageszeitung ist das sehr gut beschrieben. – Es heißt hier:
„Allen ist bewusst, dass in Zeiten des organisierten Verbrechens Schlagbäume
keinen Schutz mehr bieten. Erfolg hat nur die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit der Polizei und der Informationsaustausch, der dank Schengen
verbessert wurde. Ob die Menschen die Öffnung der Grenzen – und damit
Europa – akzeptieren, wird von ihrem Gefühl der grenzenlosen Sicherheit
abhängen." (StR Johann Herzog: Das werden wir erst sehen!)
Meine Damen und Herren! Es liegt an uns, den Menschen
dieses Sicherheitsgefühl zu geben, anstatt Ängste zu schüren. In diesem Sinne
wünsche ich nicht nur dem Gemeinderat, sondern vor allem auch dem Wiener
Landtag, dass es möglich wird, einen verstärkten diesbezüglichen Diskurs auch
auf Landesebene und in der Europakommission zu führen. Ich wünsche mir, dass
wir mehr Informationen über den Rat der europäischen Regionen erhalten, in den
der Bürgermeister vor Kurzem wiedergewählt wurde. Auch in diesem Gremium soll
ein wahrer Diskurs über europapolitische Anliegen geführt werden, damit die
Menschen auch in dieser Stadt mehr Information erhalten und damit mehr Gefühl
für Europa und für Sicherheit bekommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als
Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dr Vitouch. Ich erteile es ihr.
GRin Dr Elisabeth Vitouch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages
und Gemeinderates): Verehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Heute, am Tag der Menschenrechte, möchte ich gerne
mit einem Zitat von Johann Wolfgang von Goethe beginnen: „Amerika, du hast es
besser als unser Kontinent, der alte, hast keine verfallenen Schlösser und
keine Basalte. Dich stört nicht im Innern zu lebendiger Zeit unnützes Erinnern
und vergeblicher Streit."
Ein bisschen erinnert mich das jetzt an die
Plakate – sündteure Plakate! –, die mir in den letzten Tagen im Süden
unseres Landes aufgefallen sind. Sie haben keine Information enthalten und
waren sehr gestrig, und deren Streitgehalt bestand in ein paar Knittelversen,
bei denen sich in etwa „Patrioten“ auf „Chaoten“ gereimt hat.
Nur ganz kurz zum Thema Chaos: Ich habe es etwas
sonderbar gefunden, dass der Beschlussantrag der Blauen bis 9 Uhr gar nicht
eingelangt war! Ich glaube, wir hatten da andere demokratische Spielregeln
vereinbart.
Nun zurück zu Goethe: Der angesprochene Vorteil der modernen Vereinigten
Staaten gegenüber dem so genannten alten Kontinent stammt ja noch aus einer
Zeit, da Europa kein nationalstaatliches Ordnungsgefüge besaß, sondern von
feudalen Strukturen und dynastischen Verbindungen beherrscht war und wechselnde
politische Bündnisse eine Politik charakterisierten, in der die europäischen
Großmächte je nach ihrer Interessenslage strategische Allianzen mit kleineren
Staaten suchten. Es gab damals aber kein Gemeinschaftsinteresse. Wichtig für
die Bürger in ganz Europa war lediglich – ich
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