Gemeinderat,
26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 105 von 120
80 000 EUR eigentlich wirklich nur zeigt, dass Ihre Priorität nicht darin liegt, die Situation der Frauen in Wien zu verbessern.
Das schwarz-grüne Oberösterreich zum Beispiel ist
schuldenfrei und hat Vollbeschäftigung. Das gilt praktisch auch für die Frauen.
Die Frauenarbeitslosenquote in Oberösterreich beträgt Ende Oktober 2007
nur 3,6 Prozent, in Wien aber 6,9 Prozent. Wien hat die höchste
Arbeitslosenrate insgesamt und die zweithöchste Frauenarbeitslosenrate, die nur
vom Burgenland übertroffen wird. In Wien sind nach wie vor
30 000 Frauen arbeitslos.
Für die Frauenförderung werden also
7,6 Millionen EUR ausgegeben, für Werbung fast sechsmal so viel. Das
heißt, angesichts der Tatsache, dass fast 100 Millionen EUR
Mehreinnahmen aus eigenen Landesabgaben budgetiert werden, sollte das Plus bei
der Frauenförderung auch deutlicher ausfallen. Zum Beispiel: Das Budget der
Frauenförderung beträgt bloß 1 Prozent, die Einnahmen aus den
Landesabgaben allerdings 9,7 Prozent plus, aus den Parkometerabgaben plus
57 Prozent, aus den Ertragsanteilen der Bundesabgaben 7,9 Prozent.
Das heißt, die Budgets steigen deutlich, das Frauenbudget ist nur sehr mager
gestiegen. Nicht nur sämtliche Bundesländer in Österreich, sondern auch die
meisten angrenzenden Regionen in den Nachbarländern weisen eine niedrigere
Erwerbslosenquote für Frauen auf – also zum Beispiel Prag, Oberbayern, Niederbayern,
Stuttgart, Karlsruhe, Friaul – als Wien mit 7,9 Prozent. (Beifall bei der
ÖVP.)
Genauso deprimierend ist aber die Tatsache, dass
Frauen in Wien noch immer um 25 Prozent weniger verdienen als Männer. Ich bitte
Sie mit Nachdruck, sich endlich das Ziel zu setzen, dass Frauen in Wien in
Zukunft im Erwerbsleben gleichen Lohn für gleiche Arbeit bekommen und damit ein
gerechtes Einkommen.
Wien hatte im September, wie ich schon gesagt habe,
die mit Abstand höchste Arbeitslosenquote und weist auch das geringste
Wirtschaftswachstum aus. Wir alle wissen, Wirtschaft bedeutet Arbeit. Eine
gesunde Wirtschaft ist Voraussetzung für Wohlstand und Sicherheit. Was brauchen
wir in Wien? Wir brauchen intensive Unterstützung für Jungunternehmerinnen,
Programme für Betriebsansiedlungen, ein zeitgemäßes Bildungsangebot,
Weiterbildung und praktisch orientierte Fachkurse. (Beifall bei der ÖVP.)
Österreich hat die Globalisierungen im vergangenen
Jahr gut für die Entwicklung der heimischen Wirtschaft nutzen können und hat
auch in Zukunft große Chancen. Das heißt, die Politik hat die Aufgabe, für
ständige Weiterbildung zu sorgen. Im stetigen Wandel der Arbeitswelt müssen die
richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Nur dann ist es möglich, dass
Wien im Wirtschaftswachstum nicht nur den Schlusspunkt setzt und den
österreichweiten Trend aufholt und die Arbeitslosenquote sinkt. Es fehlen hier
speziell für Frauen entsprechende Maßnahmen, sodass Frauen endlich auf allen
Hierarchieebenen vertreten sein können.
Und noch etwas fehlt mir in dieser Stadt, und zwar
das Herz für Kinder. Das Ziel ist es, dass Frauen ökonomisch unabhängig
bleiben, das heißt, sie müssen Beruf und Familie koordinieren und vereinbaren.
(Beifall bei der ÖVP.)
Wir brauchen einfach eine Kinderbetreuung, die im
Sinne der berufstätigen Frau und im Sinne der Kinder hochqualitativ ist. Das
heißt, wir fordern ein hochqualitatives, kinderförderndes und
frauenunterstützendes Betreuungssystem. (Beifall bei der ÖVP.)
Und das ist sicher nicht gegeben, wenn nur
30 Prozent der Schulen, die in Ihren Verantwortungsbereich fallen, eine
Nachmittagbetreuung haben, von den Kosten des Kindergartens ganz zu schweigen.
Weiters fordern wir bessere Wiedereinstiegsmodelle.
In Wien schafft es nur jede zweite Frau, wieder einzusteigen – 50 Prozent!
Da müssen Sie sich fragen, warum! Und ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Es liegt
nicht an den Frauen, sondern es liegt an Ihrem System. Eine
Max-Planck-Institut-Studie belegt, dass in Schweden die Kinderlosigkeit bei
Frauen mit einem hohen Bildungsabschluss nicht höher liegt als bei Frauen mit
einem niedrigen Bildungsabschluss, in Österreich ist das umgekehrt. Die
Bildungshöhe spielt in Österreich eine entscheidende Rolle bei der
Geburtenplanung, und es kommt zu einer deutlich höheren Kinderlosigkeit bei
Frauen mit höherem Bildungsabschluss. Die Gründe dafür, das ist das eigentlich
Spannende: Das sind auf der einen Seite die unterschiedlichen Ansätze in der
Familienpolitik und vor allem aber ein umfassendes öffentliches
Kinderbetreuungsgebot. Das heißt, Sie sehen, wie wichtig es im Rahmen der
Frauenpolitik ist, dieses Betreuungsangebot zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)
– Wenn wir es hätten, würde die Situation anders aussehen! Woran soll es liegen?
Die Frauen in Österreich und in Wien sind sicher ... (GRin Nurten Yilmaz:
Paradigmenwechsel in der ÖVP! Das sind unsere Worte, Frau Kollegin! Ich
unterschreibe alles, was Sie gesagt haben! Wissen Sie um das Dilemma des
Kindergeldes?) – Entschuldigung! Wir sind ja nicht weniger gewillt zu arbeiten
oder Kinder zu bekommen als die Damen in Schweden.
In Wien ist die reale Gleichstellung der Geschlechter
nach wie vor in weiter Ferne. Es ist Ihnen ja auch nicht gelungen, Frauen als
Querschnittsmaterie zu etablieren, Gender Budgeting ist ein Schlagwort, das
quasi gar nicht existiert. (GRin Nurten Yilmaz: Das ist Querschnittsmaterie!)
Wir wissen alle, dass viele Bereich der Frauenförderung auf die
unterschiedlichsten Ressorts verteilt sind und gezielte Förderpolitik nicht
umgesetzt wird.
Um diese allgemeine Lage in Wien nachhaltig zu
verbessern, fordern wir, was wir ja schon länger fordern: Eine eigene
Stabsstelle für Frauenpolitik in Wien bei der Wiener Landesregierung, um einen
besseren Überblick über die Frauenförderung zu erreichen und frauenfördernde
Maßnahmen besser aufeinander abzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Und zwar sollten folgende
Zielsetzungen gegeben sein innerhalb dieser Stabsstelle: Die Schaffung
hochqualitativer Arbeitsplätze für Frauen, Förderung der Vereinbarkeit von
Beruf und Familie,
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