Gemeinderat,
26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 103 von 120
Lokalgründungen. Wenn man die anschaut, dann sage ich, da wünsche ich mir auch nicht unbedingt, dass eine Frau da arbeiten muss. Und dann auf der anderen Seite vielleicht eine gewisse Verlockung für viele, die aber nach kürzester Zeit dann oft im finanziellen Aus enden: Das ist dieser weite Bereich der Lebensberatung und so weiter, wo auch viele Frauen glauben, dass man einen Neuanfang machen kann und dann nach einigen Monaten draufkommen müssen, das ist nicht das Richtige, das die Zukunft sichert.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau
Stadträtin! Im Sinne vieler Wiener Frauen, vieler Wiener Mütter auch vor allem,
würde ich mir wünschen, dass hier Impulse gesetzt werden, dass in nächster Zeit
die Investitionen aber auch vor allem die Ausrichtung dahin geht, die Frauen
nicht nur auszubilden, sondern ihnen auch qualifizierte Arbeitsplätze zur
Verfügung zu stellen. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum
Wort gemeldet ist Frau StRin Dr Vana.
StRin Dr Monika Vana:
Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte
Kolleginnen und Kolleginnen!
Das war der Freud’sche
Versprecher. Es gibt auch noch Kollegen und Kolleginnen. Wir haben halt 70 Prozent Frauenquote und haben mehr Frauen.
Das sei mir einmal verziehen, einen umgekehrten Freud’schen Versprecher zu
machen, denn meistens wird ja nur die männliche Form verwendet – auch in den
Schriftstücken der Stadt Wien – und dann wird lapidar darauf hingewiesen: Mit
der männlichen Form sind automatisch auch die Frauen gemeint. Also könnte ich
es ja einmal umgekehrt machen und die weiblichen Formen verwenden und zu Ihnen
sagen: Liebe Herren Kollegen, Sie sind mit gemeint.
Die GRÜNEN widmen
traditionell den ersten Punkt dieser Geschäftsgruppe der Frauenpolitik. Ich
könnte es mir jetzt aus Sicht der Opposition sehr leicht machen, denn ich
könnte einfach auf die Protokolle und unsere Kritik vom letzten Jahr verweisen,
die sich leider substanziell während des letzten Jahres nicht sehr viel
verändert hat und in wesentlichen Grundzügen immer noch aufrecht ist. Das ist
zum einen das Gesamtbudget für Frauenpolitik, das in dieser Stadt aufgewendet
wird. Sie wissen, die MA 57 für Frauenförderung und Koordinierung von
Frauenangelegenheiten ist nicht mit mehr als 0,7 Promille des Wiener Gesamtbudgets
ausgestattet. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Für
Frauenförderung und Koordinierung von Frauenangelegenheiten wird nicht mehr als
0,7 Promille des Wiener
Gesamtbudgets aufgewendet. Es wurde auch nur um satte 1 Prozent im Vergleich zum letzten Jahr erhöht,
was vor allem deshalb sehr bitter ist, weil insgesamt das Wiener Budget um 480 Millionen EUR gestiegen ist, das sind doch fast 5 Prozent. Da hätte man doch vor allem im Zuge
eines Gender-Budgeting-Prozesses umverteilen können und hier die
Mittelausstattung für Frauenförderung erhöhen können. Man hat das nicht
gemacht.
Ein zweiter Kritikpunkt der
GRÜNEN, der leider auch alle Jahre gleich ist, ist, dass die Mittel der
MA 57 fast vorwiegend zweckgebunden für Frauenhäuser und Frauenvereine
sind, die Mehrjahresverträge haben. Das ist einerseits gut so, wir haben auch
sehr lange für diese Mehrjahresverträge für Frauenvereine gekämpft, aber es
heißt, dass die MA 57 sehr wenig freien Spielraum hat, hier neue und
innovative Maßnahmen zu setzen. Die großen Sprünge in der Frauenpolitik sind
mit dieser mageren Mittelausstattung nicht möglich. Und das ist einer der
Gründe, weshalb wir das Wiener Budget heute ablehnen.
Es gibt noch einen anderen
Grund – meine Klubobfrau Maria Vassilakou hat darauf in der Generaldebatte
bereits hingewiesen: Dieses Wiener Budget spiegelt die frauenpolitischen Herausforderungen
in keinem einzigen Ansatz wider, weder in der Bildungspolitik noch in der uns
so wichtigen Arbeitsmarktpolitik. Auch Finanzstadträtin Brauner hat eigentlich
außer Schönreden und dem Loben der Situationen der Frauenpolitik nicht sehr
viel substanziell Neues zur frauenpolitischen Debatte beigetragen. Sie loben
die hohe Frauenerwerbsquote traditionellerweise in Wien, die höher liegt als in
anderen Bundesländern, sagen aber nicht dazu, dass dieses Steigen der
Frauenerwerbsquote mit einem Rückgang an Vollzeitarbeit erkauft wird und dass
das Steigen der Frauenbeschäftigung in Wien zu zwei Dritteln auf das Steigen
von Teilzeitarbeit und auf das Steigen von so genannten atypischen und prekären
Erwerbsformen zurückzuführen ist, die für Frauen in den meisten Fällen nicht
existenzsichernd sind, keine entsprechenden Aufstiegschancen bieten, keine
entsprechenden existenzsichernden Sozialleistungen bieten, die auch zunehmend
kritisch und unbefriedigend wahrgenommen werden.
Frau Klubobfrau Vassilakou hat schon darauf
hingewiesen, dass es eine neue Studie gibt, die die Lage der Frauen in Wien vor
allem in neuen Erwerbsformen beschreibt, die im November zusammen mit dem neuen
Arbeitsklimaindex veröffentlicht wurde und die sehr deutlich macht, dass die
Frauen in Wien zunehmend unzufrieden mit ihrer Teilzeitbeschäftigung sind. Für
fast 40 Prozent aller Frauen ist Teilzeitbeschäftigung eigentlich nur eine
Notlösung. Die meisten Frauen wollen mehr oder weniger rasch in einen
Vollzeitarbeitsplatz zurückkehren. Hier wäre das Rückkehrrecht auf Vollzeit
nach Inanspruchnahme der Teilzeit eine sehr wichtige auch bundespolitische
Forderung. Die meisten Frauen in Wien können auch leider von ihrem
Teilzeiteinkommen nicht leben. Insgesamt sind ein Drittel aller neuen Erwerbsformen
in Wien als so genannte prekäre Erwerbsformen einzustufen, das heißt, sie sind
nicht existenzsichernd und auch die daraus zu beziehenden Sozialleistungen sind
dementsprechend, falls überhaupt Sozialleistungen entstehen, denn bei den so
genannten freien Dienstverträgen oder neuen Selbstständigen gibt es sehr
unzureichende Einbindungen des Arbeits- und Sozialrechts, insbesondere auch,
was den sozialversicherungsrechtlichen Schutz betrifft.
Hier wäre also ein ambitioniertes,
innovatives
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