Gemeinderat,
26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 62 von 120
heißt aber auch nicht, dass die SPÖ sich dessen bedient. (Heiterkeit bei der FPÖ. – GR DDr Eduard Schock: Hat aber so geklungen!)
Als Nächste zum Wort gemeldet ist GRin Mag Ringler.
Ich erteile es ihr.
GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Schuster hat natürlich auf
eine tatsächliche wichtige Unterscheidung aufmerksam gemacht, die die SPÖ
tatsächlich gerne manchmal auch selbst vergibt, nämlich, dass die Stadt Wien
nicht ident mit der SPÖ ist. (Rufe bei der FPÖ: Nicht ganz!) Das ist eine
Tatsache, die wichtig ist, festgehalten zu werden, auch und gerade wenn wir
über das Kulturbudget sprechen.
Die Stadt Wien ist auch nicht ein
Selbstbedienungsladen für Parteien. Mittlerweile können wir feststellen, dass
alle drei Parteien außer den GRÜNEN das Kulturbudget für ihre Zwecke gerne
nutzen – auch Sie von der FPÖ neuerdings, Herr Stefan! Tatsache ist, nicht
unwesentliche Summen des Kulturbudgets werden für parteinahe oder direkt von
Parteien veranstaltete wissenschaftliche Institutionen und auch Feste aller Art
genutzt. Wir lehnen das strikt ab, weil wir glauben, dass das Kulturbudget
definitiv nicht dazu da ist, damit die Parteien – und schon auch gar nicht die
FPÖ neuerdings auch noch – da hineingreifen und damit ihre Aktivitäten
finanzieren.
Tatsächlich gibt es eine Erhöhung des Kulturbudgets.
Das freut uns. Wir sind jetzt bei knapp über 2 Prozent des Gesamtbudgets
der Stadt Wien, was die Kultur betrifft. Das muss ich ganz anerkennend
festhalten, das freut uns. Ich habe letzthin nachgeschaut, meine Kollegin
Friedrun Huemer, die sich vor Jahren schon sehr dafür engagiert hatte, dass es
in Wien auch eine gesetzliche Regelung der Kulturförderung geben soll – Wien
ist das einzige Bundesland, wo das nicht der Fall ist –, hat damals in diesen
Entwurf hineingeschrieben: Und das Kulturbudget möge mindestens 2 Prozent
des Gesamtbudgets ausmachen. – Ich sage an dieser Stelle: Liebe Friedrun, jetzt
ist diese Forderung erfüllt! Das freut mich, das freut uns, das freut alle.
Aber, Geld allein macht ja nicht glücklich,
Geldverteilung allein auch nicht, deshalb muss man immer sehr genau hinschauen,
wo dieses Geld denn hinfließt, was damit passiert. Ich habe es schon
angesprochen, es gibt die ausgesprochen unangenehme und aus meiner Sicht
absolut verurteilenswürdige Praxis, dass die Wiener Parteien – bis auf die
GRÜNEN – sich aus dem Kulturbudget für ihre Zwecke bedienen. Aber es gibt auch
das Problem – und das ist etwas, das wir in den letzten Jahren immer wieder
beobachtet haben –, dass die großen Erhöhungen des Kulturbudgets viel zu oft in
die großen Institutionen fließen und viel zu selten in viel kleinere, die mit
viel weniger Erhöhung viel mehr zustande bringen könnten als die großen.
Denn die großen – zum Beispiel die Vereinigten Bühnen
oder auch die Symphoniker, das Theater der Jugend, das jetzt eine Erhöhung
bekommen wird, und auch das Volkstheater – bekommen gleich einmal
400 000 EUR, 500 000 EUR, 600 000 EUR Erhöhung,
so mir nichts dir nichts. Das sind oftmals die vier-, fünf- oder sechsfachen
Jahresbudgets kleinerer Institutionen. Natürlich brauchen diese großen
Kulturtanker, die ja durchaus auch gute und positive Arbeit für diese Stadt
leisten – das ist sicher gar keine Frage –, gleich einmal sehr viel mehr
Gelder, um überhaupt einen kleinen Unterschied in ihrem Budget zu merken, als
so ein kleines wendiges Kulturschifflein.
Warum ist das ein Thema, und warum ist das ein
Problem? – Es gibt in dieser Stadt ganz viele kleine und kleinste Institutionen
und Projekte, die hervorragende Arbeit machen. Es gibt ganze Sparten, die nicht
über das an Jahresbudget verfügen, das so mir nichts dir nichts so manche große
Institutionen in den letzten Jahren und wohl auch in Zukunft an Erhöhung
bekommen werden. Damit stellt sich immer mehr eine Schieflage dar, eine
Schieflage, die bedeutet, dass Kleine, die derzeit vielleicht 50 000 bis
60 000 EUR Jahresbudget haben, mit nur – in Anführungszeichen –
15 000, 20 000 EUR gleich einen großen Sprung in ihrer Arbeit
machen würden, aber ein Volkstheater natürlich gleich sehr viel mehr braucht,
um Budgetlöcher stopfen zu können. Viele dieser Institutionen haben zu viel zum
Sterben und zu wenig zum Leben. Ich hoffe sehr, dass das zusätzliche Geld in
diesem Budget tatsächlich auch in so manche dieser kleinen Institutionen
hineinfließen wird.
Tatsächlich gibt es in der Stadt ja eine ganze Menge
Baustellen und Themen und Probleme, die es zu lösen gilt. Ich nenne jetzt ein
paar Schlagworte: Das Künstlerhaus. Ich war vor Kurzem auf dem Dach des
Künstlerhauses und habe mich selbst von den zerbrochenen Glasscherben und dem
Hereinregnen informieren können. Tatsächlich ist es ja sehr schade, dass das
Künstlerhaus in dem Zustand ist, in dem es ist, dass es keine gemeinsamen
Anstrengungen von Seiten des Bundes und der Stadt gibt, hier wirklich aus
diesem Haus etwas zu machen, mehr zu machen als bisher. Ich hoffe sehr, dass diese
Baustelle bald in Angriff genommen wird, denn ich glaube, dass das ein ganz
wichtiger Bestandteil auch des viel gepriesenen Kunsthauses Karlplatz
darstellt, hier sinnvolle Lösungen zu finden.
Wir haben eine Lücke, was die Förderung von
zeitgenössischer Musik abseits großer und sehr anerkannter und sehr
hervorragender Projekte und Institutionen betrifft wie etwa das Klangforum oder
durchaus auch des Blasmusikfestivals. Es gibt hier eine ganze Reihe von jungen
Musikschaffenden, die in der Wiener Förderpolitik gar nicht vorkommen. Das
finden wir bedauerlich, das finden wir schlecht.
Es gibt das Thema Literatur. Auch hier wäre viel zu
tun. Dieses Jahr gibt es erstmals eine zaghafte kleine Erhöhung. Wir sind schon
gespannt, wofür sie ausgegeben werden wird.
Es
gibt aber auch eine ganze Reihe von Herausforderungen im nächsten Jahr, nämlich
die EM und die Frage: Was kann die Kunst eigentlich zur EM beitragen? Und kann
Kunst dort mehr sein als Aufputz und mehr sein als: Christl Stürmer singt!,
mehr sein als reine Belustigung? Kann sie auch tatsächlich kritisch
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular