Gemeinderat,
25. Sitzung vom 25.10.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 82
angeblich so gut machen -, (Beifall bei der ÖVP.) wir
lesen in der Zeitung, dass der Schulversuch Kooperative Mittelschule ein
Schmarrn ist. Das ist offenkundig wissenschaftliche Evaluierung nach dem Stil
der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP.) Und jetzt wundern Sie sich, dass wir Ihnen
nicht das gesetzliche Instrumentarium in die Hand geben, dass Sie das tun
können, was Sie ja überall ankündigen, die flächendeckende, zwangsweise
Gesamtschule. Und die wird es nicht geben, ob mit oder ohne Fritz Neugebauer,
die wird die ÖVP nicht wollen, die will das Volk nicht, und das sind die
Wählerinnen und Wähler. (Beifall bei der ÖVP.)
Mitbestimmung: Man sucht sich aus, wen man
mitbestimmen lässt. Ihre roten Funktionäre, Eltern und Schüler und
Lehrerfunktionäre, die wollen Sie mitbestimmen lassen. Sie wollen nicht die
Betroffenen vor Ort einbinden, über die wollen Sie drüberfahren. Das ist der
Inhalt des Schmied’schen Gesetzesentwurfs, und da dürfen Sie sich nicht
wundern, dass wir dazu nicht Ja sagen können.
Wozu sagen wir Ja? Zu einer Weiterentwicklung unseres
Schulsystems. Nur, weil Sie die Hauptschulen heute wieder als Restschule
titulieren und sie ganz bewusst an die Wand gefahren haben, deswegen ist die
Hauptschule keine Sackgasse, denn in vielen Bundesländern funktionieren die
Hauptschulen. Und tun wir da nicht so larmoyant herum, es gibt so viele
Akademiker aus Nichtakademiker-Haushalten. Es ist in erster Linie keine Frage
der Schulorganisation, sondern der Inhalte, die gebracht werden, und darüber
hätten wir eigentlich heute reden sollen, nicht nur um das Türschild, das Sie
wollen.
Wir wissen ja, was Sie wirklich wollen. Sie haben ja
gar kein Modell, Sie wollen jetzt erst ein Modell entwickeln, brauchen aber
jetzt das Gesetz schon. Sie fabulieren seit 30 Jahren von der
Gesamtschule. Unser Präsident des Landesschulrates und Stadtschulrates war
offenkundig nicht in einer Gesamtschule, trotzdem verkauft er uns den
Österreichischen Kaiser als Deutschen Kaiser. Und wenn Sie die Gesamtschule
einführen, dann wird man wahrscheinlich im Geschichtsunterricht mit Kaiser nur
mehr den Beckenbauer assoziieren. Und genau diese Nivellierung nach unten
wollen wir nicht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Ein Wort noch zu Fritz Neugebauer: Das passt Ihnen
nicht, dass es einen Gewerkschafter gibt, der keine Pleite zu verantworten hat
und dessen Teilgewerkschaft nicht die Leute davonrennen. (GR Mag Thomas Reindl:
Da haben wir schon auch Vizepräsidenten! - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ihre roten Gewerkschafter - Eisenbahn, Gebietskrankenkasse, wo Sie sind - sind
Pleiten, Pech und Pannen, und ein erfolgreicher Gewerkschafter wird von Ihnen
angeschwärzt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenrufe bei
der SPÖ.) Wir werden noch genug Gelegenheit haben, in diesem Rahmen über die
Pleiten Ihrer Gewerkschafter - ÖGB, BAWAG, Gebietskrankenkasse - ausführlich zu
diskutieren. (GR Kurt Wagner: In der Gebietskrankenkasse sitzt nicht von Ihrer
Fraktion ...?)
Ein Letztes, meine Damen und Herren: Wir wollen keine
Kollektivierung. Wir wollen keine Wohnsilos, wir wollen keine Altensilos, wir
wollen keine Spitalsilos, und wir wollen keine Schulsilos, meine Damen und
Herren! Dafür brauchen wir ein differenziertes Schulsystem. (Beifall bei der
ÖVP und von GR Mag Wolfgang Jung. - Zwischenruf von GR Kurt Wagner.)
Ich schließe meine Ausführungen mit einem Zitat von
Fritz Neugebauer, das ganz deutlich zum Ausdruck bringt, warum Christdemokraten
und Sozialisten inhaltlich nie auf einen Nenner kommen können: „Für uns steht
der einzelne Mensch im Mittelpunkt. Für Sie ist der Mensch ein Mittel.
Punkt." (Beifall bei der ÖVP. - GR Godwin Schuster: Ja, ja, aber welcher!)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächste am Wort ist Frau GRin Mag Straubinger. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Sybille Straubinger
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr
geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich werde jetzt nicht auf alles eingehen, was die FPÖ
und die ÖVP gesagt haben. (GRin Nurten Yilmaz: Bitte nicht!) Sicher nicht (GRin
Nurten Yilmaz: Danke!), weil es diese fünf Minuten sozusagen gar nicht wert
sind, hier überall zu widersprechen.
Ich habe vor zwei Tagen in der „Zeit im
Bild 2" - vielleicht haben es auch einige von Ihnen gesehen - einen
Bericht zum Thema Gesamtschule/Gemeinsame Schule gesehen. Da gab es einen
Bericht, der sehr weit zurückgegangen ist, nämlich bis in die 70er Jahre, und
dort O-Töne und die Diskussion zusammengefasst hat. Das ist über 37 Jahre
her, dass über diese gemeinsame Schule diskutiert wird! Da bin ich gerade
geboren worden, genau in diesem Jahr 1970, aus dem der Bericht ist;
mittlerweile ist mein Sohn in der Volksschule. Das ist skurril, also ich kann
das nur mehr skurril finden. Und wissen Sie, was vor 37 Jahren - und das
finde ich ja noch skurriler - die Argumente der ÖVP waren? Das war:
Einheitsbrei und Nivellierung nach unten. Das waren im Wesentlichen die
Schlagworte, und auch die haben sich nicht geändert.
Mittlerweile ist aber die Situation so, dass 25 von
27 EU-Staaten eine gemeinsame Schule haben, die entweder bis 12 Jahre
gemeinsam geführt wird oder bis 14 Jahre und sehr oft auch bis
16 Jahre. Wie wir leider, leider wissen, haben viele dieser Länder bessere
PISA-Ergebnisse, als Österreich sie hat oder als auch Deutschland sie hat. (GR
Mag Wolfgang Jung: Aber warum?) Das sind nämlich die einzigen zwei Länder, die
die Kinder mit zehn Jahren - oder eigentlich schon mit neuneinhalb Jahren -
trennen und finden, dass man hier sozusagen eine Selektion vornehmen muss.
Finnland, Dänemark, Spanien, Lettland, Schweden, alle diese Länder liegen
deutlich vor uns, und fast alle dieser Länder haben bis 16 Jahre ein
gemeinsames Schulsystem. (GR Mag Wolfgang Jung: Aber das schwedische
Schulsystem ...!) Da ist es skurril, von Einheitsbrei, von Nivellierung
nach unten zu reden, wenn man sich diese Fakten anschaut.
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