Gemeinderat,
22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 118
Österreich durchaus verwenden –, dass die Zuwanderung als Patentlösung nicht zu preisen ist. Deutschland könne – in Österreich werden die Verhältnisse wahrscheinlich ähnlich sein – die demographische Lücke auf dem Arbeitsmarkt durch sie allein nicht schließen. Besser wäre eine Mobilisierung des vorhandenen Arbeitskräftepotenzials, sprich, vor allem Frauen und Ältere.
Die Beschäftigung der Frauen in Wien ist, glaube ich,
eine durchaus weitgehende, aber das Problem der älteren Mitarbeiter ist etwas,
das in Österreich und in Wien sicherlich noch der Lösung harrt, weil ganz
eindeutig ein zu frühes Ausscheiden aus dem Prozess der Arbeit erfolgt und die
Firmen und Betriebe hier ganz offensichtlich alle miteinander in dieser
Richtung an einem Strang ziehen.
Ich darf noch darauf hinweisen, dass ein rot-grünes
Projekt gestartet wurde, eine muttersprachliche Berufsberatung für Einwanderer
in Wien. Dazu muss ich sagen, diese Studie, von der uns da in einem
Pressedienst mitgeteilt wurde, heißt mehr oder weniger, dass hier eine
muttersprachliche Beratung erfolgt in allen möglichen Sprachen. Das ist
wiederum der Verzicht auf Integration, wiederum der Verzicht, den Versuch zu
machen, Zuwanderer zum Erlernen der deutschen Sprache und zum Gebrauch
derselben zu bewegen.
Interessant ist, dass man damit Informationsinhalte
wie Arbeitsmarksituation in Wien, rechtliche Regeln der Beschäftigungsaufnahme
und das Recht auf Arbeitslosengeld vermitteln will. Womit auch wieder klar ist,
dass es nicht ganz falsch ist zu sagen, dass die Zuwanderung eine Zuwanderung
in unser Sozialsystem darstellt und sonst wenig mehr; oft genug zumindest.
Bassam Tibi, ein Professor, selbst arabischer
Herkunft, hat einmal in einem Nebensatz gesagt: Wenn er im Flieger sitzt nach
Amerika, sitzen irgendwelche jungen Leute drinnen aus Ankara oder sonst wo und
unterhalten sich darüber, welche Schulungen sie in Amerika bekommen werden,
wenn sie aber nach Wien oder Berlin fliegen, dann kann man sich anhören, in
welche Zukunft sie im Sinne der Ausnützung eines sozialen Systems unterwegs
sind.
Interessant ist auch, dass dieses Projekt anscheinend
an 250 Personen getestet oder vorgenommen wurde, wovon ein größerer Teil
Akademiker waren, die durchaus hoch ausgebildet sind, und dass dessen
ungeachtet 60 Prozent nach eigener Auskunft der deutschen Sprache nicht
mächtig sind und 33 Prozent keine Berufsausbildung haben. Das heißt also,
unter den Zuwanderern gibt es nach wie vor einen massiven Mangel an
ausgebildeten Arbeitskräften, was man auch daran sieht, dass die
Arbeitslosigkeit unter den Nichtösterreichern und Zuwanderern eine sehr hohe
ist.
Die Qualifikation ist wirklich ein ganz massives
Problem. Ungelernte Arbeitskräfte werden immer weniger gebraucht werden, die
sind aber in massiver Zahl ins Land hereingeströmt und haben eben diese hohe
Ausländerarbeitslosigkeit mitbegründet. Es wandern offensichtlich nicht
türkische Hofräte und nicht kemalistische Mittel- und Oberschicht aus, sondern halt
andere, und die Frage, ob die Ausbildung zum Schafhirten in Österreich ein
wirkliches Qualifikationserfordernis ist, ist wahrscheinlich eher zu verneinen.
(Beifall bei der FPÖ.)
Ich darf nun zu einem anderen Thema kommen, zu einem
mittelfristigeren: Wie wird der soziale Wohnbau in Zukunft aussehen? Welche
mittelfristigen Aufgaben sind hier notwendig? Wir haben gehört und wurden
informiert, dass bis 2030 ein Bevölkerungswachstum auf 2 Millionen
erfolgen wird. Gleichzeitig ist die altersmäßige Entwicklung der Bevölkerung in
Wien auch vorgezeichnet und erfordert nicht nur im Pflegebereich, sondern auch
im Wohnbereich mittelfristige Maßnahmen und mittelfristige Planungen, um dieser
demographischen Zeitbombe entgegenzuwirken.
Eine Neubauoffensive ist angekündigt, auch vom
Stadtrat, die ist ganz, ganz wichtig, aber neben dieser Neubauoffensive ist
wahrscheinlich, mit Sicherheit sogar, eine Änderung der bisherigen
Wohnungsgestaltung in räumlicher Sicht eine dringende Notwendigkeit.
Die Neubaunovelle, der wir
auch zugestimmt haben, regelt für die nächsten Jahre den Bedarf – man hat sich
hier sehr detailliert dazu geäußert –, aber ich glaube, schon jetzt ist ein
Umdenken und eine mittelfristige Zielsetzung eine absolute Notwendigkeit. Es
wird einen Bedarf an kleinen Wohneinheiten geben, sowohl für Jüngere als
Startwohnungen wie auch für die große Zahl der Teilfamilien.
In diesem Sinne bringen wir einen Beschlussantrag ein
– nicht ich, ich kann das nicht, die Frau Frank wird das dann machen – mit
einigen Vorschlägen, die ich hier vorbringen will.
Schaffung variabler Wohneinheiten, die eine Teilung
in kleinere Wohnungen beziehungsweise Zusammenlegung mit anderen Einheiten
ermöglichen, nicht zuletzt durch entsprechender Situierung der notwendigen
Nasseinheiten. Also das heißt, Teilbarkeit und Zusammenlegbarkeit der Wohnungen
durch entsprechende Situierung von Bädern und sonstigen entsprechenden
Nasseinheiten. Eine flexiblere Gestaltung sollte möglich sein, um eine
generationenübergreifende Verwendung, je nach Wachsen oder Schrumpfen der
jeweiligen Familien, die darin wohnen, durch die Möglichkeit zur Veränderung zu
haben.
Weiters die Schaffung kleinerer Wohneinheiten für die
jüngere Generation, aber auch für Teilfamilien wie alleinstehende Mütter und Väter.
Da wir ja heute in der Zeitung lesen mussten, dass zwei Drittel der Ehen in
Wien geschieden werden, wird sich mit Sicherheit ein massiv erhöhter Bedarf ergeben.
Ein weiterer ganz
wesentlicher Punkt von meiner Warte her gesehen ist die Schaffung von
Wohngemeinschaften für Senioren – da ist sicherlich an alte Großwohnungen
gedacht oder auch an Neubauten oder andere Räumlichkeiten; ich glaube, das ist
überall möglich –, bestehend aus einem Zentralraum als Kommunikationszentrum
und privaten Einzelzimmern mit einer Nassversorgung, also den üblichen
Nasseinheiten, sowie den einen oder anderen räumlichen Verwendungszweck noch
zusätzlich für mobile Pflege und Hilfsdienste.
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