Gemeinderat,
22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 76 von 140
Schulbauten, die sich zu einem großen Teil in einem fürchterlichen Gesamtzustand befinden, zum Platzmangel in den ganztägigen Schulen, wo die Kinder sich nicht wohlfühlen, weil sie zu wenig Platz haben, um sich bewegen zu können, und die daher keine Lebensorte sein können. Zu all dem müsste man eigentlich noch viel sagen.
Aber auch zu dem offenen Appell des Betriebsrates der
Wiener Kinder- und Jugendbetreuung müsste man viel sagen. Sie kennen die
Problematik, ich brauche sie Ihnen jetzt nicht näher zu bringen. Aber
selbstverständlich muss auch bei der Kinder- und Jugendbetreuung der Einsatz so
erfolgen, dass es für die Schulen und für die Kinder Sinn macht. Teure
Schulen sind auch wichtig. Aber insgesamt muss es für die Schulen und für die
Kinder Sinn machen. Ich hoffe, dass wir darüber ein anderes Mal noch reden
werden.
Abschließend möchte ich noch einmal ganz knapp
zusammenfassen, was die GRÜNEN wollen: Wir wollen, dass diese Stadt gegen die Benachteiligung
von Kindern kämpft, und jedes vierte Kind ist benachteiligt. Wir wollen
Chancengerechtigkeit, und daher fordern wir den Gemeinderat auf, diese
Chancengerechtigkeit herzustellen, und ganz im Speziellen fordern wir dazu die
SPÖ auf! – Danke. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster zu Wort gelangt Herr GR Dr Aigner.
GR Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Frau
Vizebürgermeisterin! Meine Damen und Herren!
Wenn man hier im Haus die absolute Mehrheit hat, dann
kann man sich nach einem Debattenbeitrag wie jenem meiner Vorrednerin beruhigt
und bequem zurücklehnen. Denn wenn sich die Opposition so lahm legt, dass sich
eine formelle Oppositionspartei zu zwei Dritteln mit der zweiten
Oppositionspartei beschäftigt, sich dann mit den parteiinternen Zuständen der
dritten Oppositionspartei befasst und den Rechnungsabschluss nur ein bisschen
en passant streift, dann ist das natürlich für die Mehrheit bequem. Das ist
halt offenkundig Ihre Auffassung von Oppositionsarbeit!
Uns liegt heute der Rechnungsabschluss vor, und es
ist schon gesagt worden, dass es sich hiebei um die in Zahlen gegossene Politik
handelt. – Man könnte es aber auch anders sagen: Es ist der in Zahlen
gegossene Stillstand! Das steht heute auf der Tagesordnung, und damit möchte
ich mich anhand der vorliegenden Geschäftsgruppe beschäftigen.
Bleiben wir gleich beim Thema Schule: Meine Damen und
Herren! Wir haben jahrelang auf den Zustand der Wiener Pflichtschulen
hingewiesen. Das sind die tatsächlichen Wiener Hausaufgaben, die zu erledigen
sind!
In der Gesamtschuldebatte drückt sich für mich einerseits
die Sehnsucht der Linken beziehungsweise der Altachtundsechziger aus, doch noch
an ihr Ziel zu gelangen, auch wenn viele internationale Studien die
Erfolglosigkeit dieses Modells bereits bewiesen haben. Auf der anderen Seite
ist das Ganze in Wien eine riesige Nebelgranate, denn man hebt das auf eine
ganz andere Ebene. Man führt eine Schulorganisationsdebatte und glaubt, damit
einer Diskussion über die Zustände im eigenen Verantwortungsbereich zu
entgehen.
Es ist jedoch unsere Aufgabe, die Verantwortung dort zu
tragen, wo wir sie laut Bundesverfassung und laut Stadtverfassung zu tragen
haben. Daraus folgt, dass wir hier im Rathaus für den Wiener
Pflichtschulbereich zuständig sind, und daher appelliere ich an Sie: Lassen wir
die Verantwortung hier, und reden wir nicht ständig von Organisationsmaßnahmen,
die der Bundesgesetzgeber zu treffen hat! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Schulkarriere beginnt nicht erst im Alter von
10 Jahren und endet nicht im Alter von 14 Jahren, sondern sie fängt
bereits in der Volksschule an. Daher müsste man einmal da ansetzen. Und wenn
man sieht, dass sehr viele Kinder – und es werden immer mehr Kinder mit
Migrationshintergrund – dem Unterricht nicht folgen können, dann muss man
hier einmal Chancengerechtigkeit herstellen, dann darf man die Augen nicht
davor verschließen, dass das Mindestmaß an Schulerfolg nur dann gewährleistet
ist, wenn die Unterrichtssprache beherrscht wird. Und das fängt bereits früher
an, nämlich schon bei der Schuleinschreibung. Wie lange hat es gedauert, bis
Wien die Schuleinschreibung vorzieht! Wie sehr haben Sie sich gesträubt, auch
die Sprachkenntnisse auszutesten! Warum verwirklichen Sie nicht endlich das
Gratiskindergartenjahr, um gerade jenen, die es brauchen, zu ermöglichen, dass
der Kindergarten als erste Bildungseinrichtung besucht wird? Das wären
eigentlich die wichtigen Punkte!
Wenn Sie sich so gegen Leistung und Differenzierung wehren,
dann muss man ansprechen, ob nicht schon die nicht differenzierende Volksschule
Probleme mit sich bringt: Erstens ist nämlich hier ein einheitliches Niveau in
keinster Weise gewährleistet, und es werden bereits hier die Chancen für die
spätere Schulkarriere geschmälert beziehungsweise minimiert. Und das wird nicht
besser, wenn man einfach das Taferl austauscht und dann einen Eintopf daraus
macht, meine Damen und Herren gerade von den GRÜNEN! Wir haben Ihre Auffassung
heute schon mitbekommen: Eigentum ist Diebstahl! Leistung ist etwas
Unanständiges! – Ein bisschen kommt das auch bei der SPÖ durch, wenn auch
nicht ganz so links wie bei Ihnen: Sie reden von Vermögenssteuer und davon,
dass etwas auf Sparbüchern liegt. Dass das vielleicht auch einmal von jemandem
erarbeitet werden muss, wird jedoch ausgeblendet, und es wird negiert, dass das
Leistungsprinzip doch ein vorherrschendes Gestaltungsinstrument im
tatsächlichen Leben ist.
Wir haben einmal gelernt: Nicht
für die Schule, für das Leben lernen wir. – Ich frage mich: Auf welches
Leben wollen Sie unsere Schüler vorbereiten? Auf eine illusionäre, utopische
Wirklichkeit, die dann nicht eintritt? Ich sage Ihnen ehrlich: Mit den
Inflationszeugnissen, diesen Lauter-Einser-Zeugnissen, die dann ausgegeben
werden – es gibt dann ja vielleicht auch keine Noten mehr –, tun Sie
den Kindern beileibe nichts Gutes, denn spätestens beim ersten Assessment
werden sie sehen,
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